Mehr als nur Traeume
hinter der Theke scheint der Inhaber zu sein, und die Frau dort drüben ist für die Küche verantwortlich. Warten Sie, Nicholas - machen Sie keinen Wirbel. Die Engländer mögen so was nicht. Ich werde zu ihnen gehen und ...«
Aber er war bereits vom Tisch aufgesprungen. »Essen bleibt Essen, egal, in welcher Zeit. Nein, Madam, Ihr bleibt, wo Ihr seid, und ich werde für eine Mahlzeit sorgen, die diesen Namen auch verdient.«
Dougless schaute ihm zu, als er zu dem Mann hinter der Theke ging und ernsthaft mit ihm konferierte. Dann wurde die Frau hinzugerufen, und sie hörte aufmerksam zu, während Nicholas auf sie einredete. Dougless hatte das Gefühl, während sie die drei an der Theke beobachtete, daß Nicholas schon zu einem kleinen Problem werden könnte, wenn er sich mit den Gepflogenheiten des zwanzigsten Jahrhunderts besser auskannte.
Dann kam er wieder zu ihrem Tisch zurück, und Minuten später begann die Kellnerin, Schüsseln und Platten mit warmen und kalten Gerichten anzuliefern: gebratene Hühner, Gemüse, Salate, Roastbeef, Schweinerollbraten und für Nicholas ein Glas mit gefährlich aussehendem dunklem Bier.
»Und nun, Mistress Montgomery, Euer Vorschlag«, sagte Nicholas, als sich der Tisch unter den Schüsseln und Platten bog, »wie meine Rückkehr am besten bewerkstelligt werden könnte.«
Zunächst gab ihm Dougless erst einmal Unterricht im Gebrauch einer Gabel (er durchbohrte sich damit fast die Zunge), entnahm dann der einen Einkaufstüte einen Spiralblock samt Kugelschreiber und fing an, sich Notizen zu machen. »Ich muß alles über Sie wissen, ehe wir mit unseren Nachforschungen beginnen können.« Vielleicht konnte sie ihm jetzt, an Hand von Daten und Örtlichkeiten, auf die Schliche kommen.
Doch nichts, was sie ihn fragte, vermochte selbst das Tempo zu bremsen, mit dem er eine Platte nach der anderen leerte. Geboren am sechsten Juni 1537.
»Ihren vollen Namen oder in Ihrem Fall vermutlich alle Titel.«
»Nicholas Stafford, Earl of Thornwyck, Buckshire and Southeaton, Lord of Farlane.«
Dougless schluckte. »Noch etwas?«
»Ein paar Freiherrensitze; jedoch keiner von übermäßiger Bedeutung.«
»So viel zu den Freiherren«, sagte sie und stellte dann weitere Fragen. Gleichzeitig begann sie eine Liste aller ihm gehörenden Besitztümer aufzustellen: Ländereien von East Yorkshire bis hinunter nach South Wales. Noch mehr Ländereien in Frankreich und Irland.
Nach einer Weile klappte sie ihren Notizblock zu. »Ich denke, mit Hilfe dieser Liste werden wir schon etwas über Sie - ihn - herausfinden können«, sagte sie.
Nach dem »Lunch« suchten sie einen Frisör auf, wo sich Nicholas rasieren ließ. Als er dann, ohne Bart, vom Sessel herunterstieg, stockte Dougless einen Moment der Atem. Schwarzes, tiefschwarzes, Haar; blaue, tiefblaue Augen.
»Besser so, Madam?« fragte er mit einem leisen Lachen.
»Passabel«, erwiderte sie, sein Lächeln zurückgebend.
Sie trugen ihre Einkaufstüten in ihre Pension, und die Wirtin sagte ihnen, daß sie nun ein Zimmer mit eigenem Bad habe, das sie ihnen anbieten könne. Die Vernunft sagte Dougless, daß sie sich ein eigenes Zimmer geben lassen sollte; aber sie blieb stumm. Wenn Robert zu ihr zurückkam, wäre es ganz gesund für ihn, dachte sie, sie mit diesem fabelhaft aussehenden Mann zusammen zu sehen.
Danach kehrten sie wieder in die Kirche zurück, doch da war keine Nachricht von Robert eingetroffen und keine Nachfrage nach dem verlorenen Armband. Sie gingen in einen Lebensmittelladen und kaufen Käse und Obst ein; dann zu einem Fleischer, um sich dort eine Leberpastete einpacken zu lassen; anschließend zu einem Bäcker wegen Brot, Hörnchen und Kuchen und schließlich in eine Spirituosenhandlung, wo sie sich noch eine Flasche Wein besorgten.
Als es Zeit für den Tee war, wankte Dougless vor Erschöpfung.
»Mein Großsiegelträger scheint mir am Ende seiner Kräfte zu sein.«
Damit hatte er den Nagel auf den Kopf getroffen, dachte Dougless. Sie gingen zu ihrer Pension zurück.
Dort trugen sie die Tüte mit den Büchern in den Garten, und ihre Wirtin kochte ihnen eine Kanne Tee und brachte ihnen eine Decke. Sie setzten sich darauf, tranken Tee, aßen Hörnchen dazu und betrachteten die Bücher. Es herrschte ein himmlisches englisches Wetter, kühl und dennoch warm, sonnig, aber nicht gleißend. Der Rasen war saftig grün, und Rosen verströmten ihren Duft. Dougless saß aufrecht, während Nicholas vor ihr auf dem Bauch lag, in einer
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