Mehr als nur Traeume
wenn ich sie wiederbekomme, werde ich . . .«
»Ich werde nicht mit einer Vettel reisen«, sagte er steif.
Dougless war sich nicht sicher, was er unter diesem Wort verstand; aber sie glaubte, es erraten zu können. Sie blickte auf ihr Spiegelbild im Schaufensterglas. Wenn Sie gestern gedacht hatte, daß sie schlimm aussähe, so traf heute eher das Wort wüst auf sie zu. Sie händigte ihm die Tüte mit den Büchern aus. »Warten Sie dort drüben auf mich«, sagte sie, auf eine hölzerne Bank unter einem Baum deutend.
Dougless nahm die Tüte mit den Kosmetikartikeln mit in den Laden.
Es dauerte eine Stunde; aber als Dougless zu ihm zurückkam, schien sie eine ganz andere Person zu sein. Ihr kastanienbraunes Haar, das seit Tagen keine Pflege mehr erfahren hatte, war nun straff aus dem Gesicht gekämmt und fiel in sanften Wellen auf ein seidenes Tuch herab, mit dem sie ihre Haarflut im Nacken zusammengebunden hatte. Behutsam aufgetragenes Make-up brachte die Schönheit ihres Gesichts zur Geltung. Dougless gehörte nicht zu diesem zerbrechlichen, überzüchteten Schönheitstyp, sondern sah so gesund und frisch aus, als wäre sie auf einer Pferdefarm in Kentucky oder auf einem Segelboot in Maine aufgewachsen. Letzteres traf zu.
Sie hatte sich Kleider ausgesucht, die schlicht, aber ausgezeichnet verarbeitet waren: ein kricketentenblaues österreichisches Jackett; einen Paisley-Rock in der gleichen Farbe mit pflaumenblauen und navy-blauen Mustern, eine pflaumenblaue Seidenbluse und weiche navy-blaue Lederstiefel. Einem Impuls folgend, hatte sie sich auch ein Paar navy-blaue Nappalederhandschuhe und eine navy-blaue Handtasche dazu gekauft.
Ihre Einkaufstüte auf dem Arm, überquerte sie die Straße und ging auf Nicholas zu. Sie freute sich über seinen Gesichtsausdruck, als er sie erblickte. »Nun?« fragte sie.
»Schönheit ist zeitlos«, sagte er leise, stand auf und küßte ihr die Hand.
Elizabethanische Männer haben ihre Vorzüge, dachte sie bei sich.
»Ist es schon Zeit für den Tee?« fragte er.
Dougless stöhnte. Männer waren ebenfalls zeitlos, dachte sie. Erst >Du-siehst-gut-aus<, dann das >Was-gibt-es-zu-essen?<
»Wir werden nun einen der schlimmsten Aspekte Englands kennenlernen, und das ist der Lunch. Das Frühstück ist großartig, der Tee ist großartig. Das Dinner ist großartig, wenn man Butter und Sahne mag. Aber der Lunch ist... unbeschreiblich.«
Er hörte ihr so aufmerksam zu wie einer, der eine neue Sprache lernt. »Was ist das - Lunch?«
»Sie werden es erleben«, sagte Dougless und führte ihn zu einem kleinen hübschen Pub. Pubs gehörten zu den Dingen, die Dougless besonders gut an England gefielen. Sie stellten ihre Tüten in eine Nische, Dougless orderte zwei Käse-Sandwiches mit Salat und zwei Gläser Bier für sie beide, und dann ging sie daran, Nicholas den Unterschied zwischen einer Bar in Amerika und einem Pub in England zu erklären.
»Gibt es noch mehr Frauen ohne Begleitung?« fragte er.
»Außer mir, meinen Sie? Ich denke, die meisten Frauen sind heutzutage unabhängig«, antwortete Dougless. »Die meisten haben ihr Konto und ihre Kreditkarten; aber sie haben auch keine Männer, die sich um sie kümmern.«
»Aber wie steht es mit den Vettern und den Onkeln? Und mit den Söhnen?«
»Das ist heute nicht mehr so. Es ist. . .« Sie hielt inne, als die Bedienung die Sandwiches vor ihnen auf den Tisch stellte. Es waren keine Sandwiches, wie die Amerikaner sie kannten. Ein Käse-Sandwich war eine Scheibe Käse zwischen zwei mit Butter bestrichenen Weißbrotschnitten. Und wenn man Salat dazu bestellte, lag ein Blättchen Kopfsalat auf der Käsescheibe.
Nicholas sah zu, wie sie die diagonal geschnittenen Weißbrotscheiben in die Hand nahm und zu essen begann. Dann folgte er ihrem Beispiel.
»Schmeckt es Ihnen?«
»Es hat keine Würze«, sagte er. »Und das Bier auch nicht.«
Dougless sah sich im Pub um und fragte, ob es eine Ähnlichkeit mit den Gasthäusern im sechzehnten Jahrhundert habe.
»Nay«, gab er zur Antwort. »Hier ist es schummrig und still. Hier gibt es keine Gefahr.«
»Aber das ist doch gut!«
Nicholas zuckte mit den Achseln. »Ich liebe die Würze -sowohl in meinem Essen wie in meinen Gasthäusern.«
Sie lächelte. »Sind Sie soweit, daß wir gehen können? Wir haben noch eine Menge zu erledigen.«
»Gehen? Aber wo bleibt das Essen?«
»Das haben Sie soeben verzehrt.«
Er blickte sie mit einer hochgezogenen Braue an. »Wo ist der Wirt?«
»Der Mann
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