Mehr als nur Traeume
Kind gezeugt hat.« Sie blickte Nicholas nicht an, als er in ein Gelächter ausbrach.
»Ein vergrabener Schatz«, sagte er, seine Eiswaffel zerkauend. »Irgendeine Kostbarkeit, die sich nach vierhundertundvierundzwanzig Jahren noch in ihrem Versteck befindet — meintet Ihr das?«
Dougless sah nun auf ihn zurück. »Es war nur so eine Idee von mir.« Sie schlug ihren Notizblock auf. »Lassen Sie mich berichten, was ich inzwischen herausgefunden habe.« Sie las ihm vor, was sie sich in der Bibliothek, seine Besitztümer betreffend, notiert hatte.
Ais sie von ihrem Block hochsah, wischte er sich stirnrunzelnd die Hände an einer Papierserviette ab. »Ein Mann baut, damit etwas von ihm weiterlebt. Es gefällt mir nicht, zu hören, daß das, was mein war, heute nicht mehr existiert.«
»Ich dachte, Ihr Name würde in Ihren Kindern weiterleben.«
»Ich habe keine Kinder hinterlassen«, erwiderte er. »Ich hatte einen Sohn; aber er starb eine Woche, nachdem mein Bruder ertrunken war, bei einem Erdrutsch.«
Dougless sah, wie der Schmerz wie ein Schatten über sein Gesicht wanderte, und wurde sich plötzlich bewußt, wie angenehm und sicher das zwanzigste Jahrhundert war. Sicher, es gab Massenmörder, Sittenstrolche und betrunkene Fahrer in Amerika; aber in der elizabethanischen Zeit wurde die Menschheit von Pest, Lepra und Pockenseuchen heimgesucht. »Hatten Sie die Pocken?«
»Weder die schwarzen noch die roten«, erwiderte er mit einigem Stolz.
» Rote?<<
Er blickte sich rasch im Eissalon um. »Die Französische Krankheit.«
»Oh«, sagte sie, sich auf ihre Geschichtskenntnisse besinnend. Die Syphilis. Aus irgendeinem Grund war sie erleichtert, das zu hören. Nicht das es sonderlich wichtig gewesen wäre; aber sie teilten sich immerhin das Badezimmer.
»Was bedeutet das - >der Öffentlichkeit zugänglich«?«
»In der Regel konnten sich die Besitzer solcher großen Landsitze den Unterhalt des Hauses nicht leisten, und deshalb übereigneten sie es einer Nationalen Stiftung, und nun bezahlt man ein Eintrittsgeld und kann das Haus unter Leitung eines Fremdenführers besichtigen. Und in diesem Haus gibt es auch noch eine Teestube und einen Souvenirladen und ...«
Nicholas setzte sich plötzlich kerzengerade auf. »Ist es Bellwood, von dem Ihr gerade sprecht?«
Sie blätterte in ihrem Notizblock. »Ja, Bellwood, knapp südlich von Bath.«
Nicholas schien etwas im Kopf zu überschlagen. »Mit schnellen Pferden könnten wir in ungefähr sieben Stunden in Bath sein.«
»Mit einem guten englischen Zug schaffen Sie es in zwei Stunden. Würden Sie Ihr Haus gern wiedersehen wollen?«
»Mein Haus, verkauft an eine Gesellschaft von teiggesichtigen Männern?«
Dougless lächelte. »Wenn Sie es so sehen ...«
»Können wir mit diesem . . .«
»Zug.«
». .. Zug nach Bellwood fahren?«
Dougless blickte auf ihre Uhr. »Klar. Wir können jetzt gehen, dort unseren Tee nehmen und Bellwood besichtigen. Aber wenn Sie diese teiggesichtigen Männer . ..«
»Schürzenmänner«, sagte er lächelnd.
».. . nicht durch die Räume gehen sehen wollen, warum dann erst dorthinfahren?«
»Es besteht eine Chance, eine geringe Chance, daß ich Euch dort den vergrabenen Schatz, den Ihr fordert, zeigen kann. Als meine Güter von Eurer . . .« er blinzelte spöttisch ». .. jungfräulichen Königin ...« er ließ Dougless spüren, was er von dieser absurden Idee hielt >... konfisziert wurden, hat man mir nicht mitgeteilt, ob meine Familie die Erlaubnis bekam, vorher noch ihre persönliche Habe aus den Räumen entfernen zu dürfen. Vielleicht besteht da eine Chance...«
Die Vorstellung, einen Nachmittag mit einer Schatzsuche zu verbringen, versetzte Dougless in freudige Erregung. »Worauf warten wir noch?«
Das Eisenbahnsystem war ebenfalls eine Sache; die Dougless an England gefiel. Fast jedes Dorf besaß eine Eisenbahnstation, und - im Gegensatz zu Amerika - waren die Züge sauber, ohne Graffiti an den Wänden und gut in Schuß. Ein Zug nach Bath stand gerade auf dem Bahnsteig, als Dougless die Fahrkarten für sie beide kaufte, diesmal kein ungewöhnlicher Zufall, da die Züge herrlich oft verkehrten.
Sobald sie in einem Waggon Platz genommen hatten, traten Nicholas die Augen fast aus den Höhlen bei der Geschwindigkeit, mit der sich der Zug bewegte. Nach ein paar nervösen Sekunden hatte er sich jedoch, wie es einem wahren Engländer zukommt, dieser Situation angepaßt und begann im Abteil herumzuwandern, studierte die Anzeigen
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