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Mehr als nur Traeume

Titel: Mehr als nur Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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Er verblutete innerlich. Als Dougless diesen Mann auf der Erde liegen sah, hätte sie alles dafür gegeben, die Mittel und Kenntnisse einer Ärztin zu besitzen, um die inneren Blutungen zum Stillstand bringen zu können. Die Leute starben hier an einer Lungenentzündung, einer Grippe oder einer infizierten aufgescheuerten Blutblase. Dougless verteilte Aspirin-Tabletten, behandelte Wunden mit Neosporin-Tinktur und gab den Leuten ein paar Löffel Pepto-Bismol ein. Sie konnte mit den Mitteln aus ihrer Reisetasche diesen Menschen zwar vorübergehend helfen; aber sie war machtlos gegen faulende Zähne und gerissene Bänder und Sehnen, die die Menschen zu lebenslangen Krüppeln machten. Und sie konnte auch Kindern nicht helfen, die an einem Blinddarmdurchbruch zugrunde gingen.
    Auch gegen die herrschende Armut konnte sie nichts ausrichten, obwohl sie einmal versuchte, Honoria das Unrecht klarzumachen, daß die Staffords im Überfluß lebten, während ihre Dorfbewohner im Elend verkamen. Das war der Tag, wo Honoria sie mit den »Aufwandsgesetzen« bekannt machte. In Amerika tat jeder so, als wären alle Menschen gleich, und daß ein Millionär nicht besser behandelt würde als einer, der für seinen Lebensunterhalt im Schweiße seines Angesichts schuften mußte. Doch niemand glaubte das wirklich. Reiche Verbrecher kamen mit milden Strafen davon, arme Schlucker erhielten die Höchststrafe.
    Im sechzehnten Jahrhundert mußte Stafford feststellen, daß die Idee von der Gleichheit der Menschen nur ein mildes Lächeln oder Kopfschütteln hervorrief. Die Menschen waren nicht gleich, und es war ihnen auch per Gesetz verboten, sich gleich zu kleiden. Ungläubig hatte Dougless Honoria gebeten, ihr die »Aufwandsgesetze« zu erklären. Wenn ein Mann ein Einkommen von hundert Pfund oder weniger im Jahr hatte, durfte er Samt für sein Wams verwenden, aber nicht für seinen Umhang. Wenn er zwanzig Pfund im Jahr verdiente, durfte er Wams und Oberbekleidung nur aus Satin oder Damast herstellen lassen. Ein Mann mit einem Einkommen von zehn Pfund im Jahr oder weniger durfte nur Kleider aus einem Stoff tragen, dessen Preis pro Yard höchstens einen Shilling betrug. Grafen war es erlaubt, Zobelpelze zu tragen, Barone jedoch nur Polarfuchsfelle. Diener durften kein Gewand tragen, das bis unter ihre Waden reichte. Lehrlinge waren stets blau gekleidet (was erklärte, daß die Vertreter der Oberklasse nur selten diese Farbe trugen).
    Und so ging es weiter mit diesen Gesetzen: Sie regelten, je nach Einkommen, das Tragen von Pelzwerk, Stoffen, Farben und Zuschnitt. Dougless durfte sich wie eine Gräfin kleiden, weil sie zu den Kammerfrauen von Lady Margaret gehörte. Honoria lachte dann und sagte, daß eben jeder das trug, was er sich leisten konnte, und wenn man eine Person überführte, daß sie sich besser kleidete, als sie durfte, bezahlte sie eine Strafe an den Stadtsäckel und fuhr fort zu tragen, was ihr gefiel.
    Im zwanzigsten Jahrhundert hatte sie sich nie viel Gedanken darüber gemacht, wie sie sich kleidete. Sie schätzte zwar eine bequeme und langlebige Kleidung, aber ansonsten war es ihr ziemlich egal, was sie anzog. Doch diese wunderschönen elizabethanischen Gewänder waren eine ganz andere Sache. In der kurzen Zeit, die sie nun im sechzehnten Jahrhundert lebte, hatte sie entdeckt, daß die Leidenschaft für Kleider an Besessenheit grenzte. Die Kammerfrauen von Lady Margaret verbrachten viele Stunden damit, sich neue Kleider auszudenken.
    Eines Tages traf ein Kaufmann aus Italien mit zwei Fuhrwerken voller Stoffe ein und wurde im Audienzsaal empfangen, als hätte er ein Mittel gegen Flohbisse erfunden. Dougless hatte sich von der allgemeinen Begeisterung anstecken lassen und immer wieder neue Stoffbahnen an ihren und die Körper der anderen Damen gehalten.
    Selbst Kit und Nicholas hatten es sich nicht nehmen lassen, bei dieser Gelegenheit im Audienzsaal zu erscheinen. Wie den meisten Männern gefiel es ihnen, von lachenden, aufgeregten und schönen Frauen umgeben zu sein. Dougless hatte betroffen zur Kenntnis nehmen müssen, daß Kit Stoffe für zwei Kleider aussuchte, die sie sich nähen sollte. Er meinte, es wäre höchste Zeit, daß sie ihre eigene Garderobe habe.
    In der Nacht hatte Dougless dann wach im Bett gelegen und daran gedacht, wie ähnlich doch trotz verschiedenartiger Lebensumstände die Elizabethaner den Menschen ihrer Zeit waren. Dougless hatte aus Romanen, die in der Zeit von Königin Elizabeth spielten, den Eindruck

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