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Mehr Bier

Mehr Bier

Titel: Mehr Bier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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seine Verabredung. Mitleidig musterten die gestylten Damen und Herren den kleinen Anwalt. Sie schlürften Weißwein und knabberten an gerösteten Knoblauchschnitten. Es wurde geflüstert. Anastas winkte mir zu und brüllte: »Hierher, Herr Kayankaya!« Es hätte mich nicht gewundert, wenn es die Gäste von ihren Stühlen gehauen hätte. Bei Anastas angelangt, erkannte ich die hübsche Nervensäge vom Gericht. Sie sah mich an und lachte.
    »Ach, der Privatdetektiv. Jetzt verstehe ich.«
    »So. Was denn?«
    Anastas sah verdutzt drein. »Sie kennen sich?«
    »Flüchtig. Zu Namen sind wir nicht gekommen.«
    »Carla Reedermann vom RUNDBLICK, Kemal Kayankaya.«
    Wir nickten uns zu und rutschten auf die Stühle. Carla Reedermann lächelte. »So ein Zufall.«
    »Zufall. Ja.«
    Ich zündete eine Zigarette an und verkroch mich hinter der Speisekarte. Anastas hatte seine Brille auf die Nasenspitze geschoben und ging zum dritten Mal die Gerichte durch. Der Kellner kam auf weißen Tennisschuhen angewippt, blieb wie zufällig am Tisch stehen und erkundigte sich nach den Bestellungen. Anastas nahm zwei Käsebaguettes und zwei Tomatensalate. Dann setzte er die Brille ab, faltete die Hände und lächelte mich an.
    »Da wären wir, Herr Kayankaya.«
    »So ist es.«
    Zufrieden strich er sich über die Halbglatze. Ich betrachtete den runden Kopf und überlegte, warum ich seit acht Uhr morgens auf den Beinen war. Der Kellner kam und lud die Teller ab. Anastas zog ein Grinsen bis zu den Ohren, wünschte guten Appetit und machte sich über die erste Baguette her.
    Ich rührte Milch und Zucker in den Kaffee, kippte das Glas Scotch dazu und nahm einen tiefen Schluck. Mein Eiertoast war aufgewärmt und schmeckte wie Spiegelei in Packpapier. Dem kleinen Anwalt machte Essen Spaß. Er angelte mit der Zunge nach Käsefäden, die sich in seinem Gesicht verloren hatten, und mampfte das fettige Weißbrot. Dazu schlürfte er schwarzen Kaffee. Die halbe Tomate, die ihm von der Gabel fiel, lutschte er von der Krawatte weg. Als er fragte, ob es mir schmecken würde, schob ich den Rest Toast beiseite und rauchte. Carla Reedermann knabberte an ihren Muscheln. Ich fragte mich, was sie mit dem kleinen schmatzenden Anastas zu tun hatte. Ihre braunen Augen schauten mich immer wieder herausfordernd von der Seite an. Ich bestellte noch einen Kaffee mit Scotch. Die beiden kauten still vor sich hin. Ich baute Bierdeckelhäuser. Fünf Minuten später brachte der Kellner den Kaffee. Als Anastas nach der Karte grapschte, um neue Bestellungen mit auf den Weg zu geben, knallte ich die Bierdeckel auf den Tisch. »Schluß jetzt! Ich bin nicht in aller Herrgottsfrühe aus dem Bett gestiegen, um Ihnen beim Essen zuzuschauen.«
    Der Kellner machte sich davon. Anastas legte die Karte zurück, wischte sich den Mund ab und setzte die Brille auf.
    »… entschuldigen Sie.«
    »Im übrigen will ich keine Presse.«
    Ich deutete auf die Reporterin. Einen Augenblick war Ruhe. Dann schob sie die Muscheln beiseite, legte zwanzig Mark auf den Tisch und holte ihren Mantel.
    Anastas schaute ihr hinterher.
    »Herr Kayankaya, Fräulein Reedermann ist auf meiner Seite. Sie wird bestimmt nichts schreiben, was…«
    »Jeder wie er denkt. Ich arbeite lieber allein.«
    Sie kam zurück, nahm ihre Handtasche und ging. Sie war wütend.
    »Also, worum gehts?«
    Anastas schob die Brille zurecht und murmelte: »Sie haben vom Anschlag der Ökologischen Front gelesen?«
    »Kaum.«
    »Wie Sie wissen, verteidige ich die vier und arbeite seit Monaten an der Sache. Ein Konzept, um den Prozeß mit irgendeiner Aussicht auf Erfolg zu führen, habe ich noch nicht gefunden. Meine Mandanten verweigern so ziemlich jede Aussage. Mir gegenüber sind sie freundlich, aber sie sagen mir auch nicht mehr als dem Staatsanwalt. Der Fall liegt insoweit klar, als sie zugeben, das Abflußrohr der Firma Böllig in Doddelbach in die Luft gesprengt zu haben. Die Firma besteht seit etwa vierzig Jahren und ist ein mittlerer Familienbetrieb. Friedrich Böllig hat den Betrieb vor zwanzig Jahren von seinem früh verstorbenen Vater übernommen. Bei dem Anschlag vor sechs Monaten ist er ums Leben gekommen. Seine Leiche wurde mit vier Kugeln in Brust und Kopf auf dem Fabrikgelände, nicht weit von dem gesprengten Rohr, gefunden. Meine Mandanten leugnen, ihn gesehen, geschweige denn erschossen zu haben. Ich glaube ihnen. Erstens gibt es kein stichhaltiges Motiv, und zweitens haben die vier soviel mit einem Killerkommando zu tun wie

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