Mehr Sex weniger Abwasch
Straße?«
» Mir wäre eine Gegend lieber, in der man die Straßen erst gar nicht sichern müsste«, konterte Ariel.
Aus anfänglich leichten Differenzen waren festgefahrene Meinungen geworden.
» Wir stritten jeden Abend«, erzählte uns Ariel. » Es war furchtbar. Schon allein, wenn ich ihn ansah, hätte ich vor Ärger platzen können. Ja, er ist ein sturer Bock, aber das hier war lächerlich. Da waren ihm drei Schlafzimmer wichtiger als die Sicherheit unseres Sohnes – also wirklich!«
Es dürfte Sie wohl kaum überraschen, wenn wir Ihnen sagen, dass Ryan das natürlich völlig anders sah.
Ariels Ansprüche in Sachen Sicherheit seien übertrieben, meinte er. Die Mordrate läge nur ein klitzekleines bisschen höher als in dem Viertel, in dem sie jetzt wohnten. (Ja, das hat er recherchiert!) Und ihr eigentliches Problem sei, dass sie vor einer Nachbarschaft, in der Menschen lebten, die nicht so waren wie sie, Angst habe. » Sie ist ganz schön versnobt«, sagte er.
Und es dürfte Sie wohl kaum überraschen, dass Ariel das wiederum völlig anders sah.
Ariel und Ryan lebten in einem Zustand, den Spieltheoretiker als » strategische Polarisierung« bezeichnen. Jeder von beiden war absolut unbeweglich geworden – nur auf sich selbst gepolt und an den gegensätzlichen Enden des Spektrums verwurzelt. Das Interessante an einer derartigen Situation ist, dass die beiden Spieler ursprünglich gar nicht in Opposition stehen; vielmehr entwickeln sie sich mit der Zeit dorthin. Ariel und Ryan waren sich anfangs einig darüber, was sie wollten: eine hübsche Wohnung mit mehr Platz. Doch auch in dieser Phase der Polarisierung hätten beide kurze Zeit später schon ganz anders geklungen: Ryan hätte eingestanden, dass er die Annehmlichkeiten seines Viertels sehr genoss und eigentlich gerne dort wohnen bleiben würde. Und Ariel hätte zugegeben, dass sie das Beste aus dem Umzug in ein neues Viertel machen wolle (vor allem wenn sie ein eigenes Arbeitszimmer und Hank ein Spielzimmer hätte) und eine größere Wohnung das Leben viel angenehmer mache. Sie waren beide sehr wohl fähig, sich in den jeweils anderen einzufühlen, wenn sie es nur versuchten (eine Eigenschaft, die auch klugen Spieltheoretikern eigen ist) – taten es aber nicht. Stattdessen fuhren sie eine andere Strategie: Jeder verharrte auf seinem Standpunkt und wartete darauf, dass der andere nachgab.
Die Spieltheoretiker Adam und Ehud Kalai (Vater und Sohn) führen als Beispiel folgendes Experiment an: Die bevorzugte Raumtemperatur zweier Personen differiert jeweils um nur wenige Grad – 21,6 bzw. 20,5. Die Personen halten sich in zwei nebeneinanderliegenden Räumen auf und haben jeweils einen Thermostat zur Verfügung. Jede Temperatur, die eine der beiden Personen wählt, fließt in die von der anderen Person gewählte Temperatur ein und ergibt eine Durchschnittstemperatur. Bei gewählten 21 Grad bzw. 20 Grad liegt der Durchschnitt demgemäß bei 20,5 Grad. Das ist für den einen zu kalt, für den anderen zu warm. Und so drehen die beiden die Thermostate jeweils um ein Grad nach oben bzw. nach unten. Die erste Person stellt die Temperatur auf 22 Grad, die zweite auf 19 Grad. Doch das Problem ist auch jetzt nicht behoben: Die Durchschnittstemperatur beträgt immer noch 20,5 Grad. Und so weiter, und so fort.
» Was als minimale Differenz begann, artet in einer enormen Polarisierung aus«, stellt Ehud Kalai fest.
Die totale Polarisierung ist eine Form des sogenannten » Nash-Gleichgewichts« (auch: Nash-Equilibrium ), benannt nach dem Wirtschaftsnobelpreisträger John Forbes Nash. Simpel ausgedrückt beschreibt ein Nash-Gleichgewicht eine Situation, in der keiner der Beteiligten einen Anreiz hat, von seiner Strategie abzuweichen, da keiner von beiden daraus einen Vorteil hätte – unter der Voraussetzung, man weiß, welche Pläne der andere verfolgen und welche Entscheidungen er treffen wird.
Beispiel: Zwei Fluggesellschaften verkaufen Tickets für Flüge von New York nach Rom für 500 US -Dollar. Um mehr Kunden zu gewinnen, entscheidet Cheap Air, den Preis auf 400 Dollar zu senken. Die rivalisierende Fluggesellschaft Cut Rate Air muss den Preis nun ebenfalls auf 400 Dollar senken oder aber sie riskiert, Kunden an Cheap Air zu verlieren. So lange Cheap Air den Preis auf diesem Niveau hält, muss Cut Rate Air dasselbe tun. Entscheidet Cheap Air jedoch, seine Strategie zu ändern und den Ticketpreis wieder auf 500 Dollar hochzusetzen, wird Cheap Air Kunden an
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