Mehr Sex weniger Abwasch
so schnell …
Etwa ein Jahrhundert, nachdem die Feuerversicherer den Begriff » moralisches Risiko« geprägt haben, wurde der Wirtschaftswissenschaftler Kenneth Arrow beauftragt, nach Möglichkeiten zu suchen, um die US -amerikanische Gesundheitspolitik zu verbessern.
Arrow rügte das moralische Risiko. Versicherungsgesellschaften, so meinte er, tun ihr Möglichstes, um sich vor Kunden zu schützen, die verleitet sind, den Versicherungsschutz systematisch zu ihren Gunsten auszunutzen und mehr Leistungen abzurechnen als erforderlich sind. Arrows Bericht hat die Welt zwar nicht über Nacht verändert, er hat aber die Idee des moralischen Risikos wieder in das öffentliche Bewusstsein gebracht und eine Welle neuer Forschungen angestoßen, die Ursachen, Auswirkungen und mögliche Abhilfen dieser Risiken in den Blick nehmen.
Ein großer Unterschied zwischen Arrows Ausführungen und denen der Versicherer im 19. Jahrhundert besteht darin, dass Arrow das moralische Risiko nicht als ein Thema der Moral an sich formuliert – es ging nicht um die Frage, ob der Versicherungsnehmer seinem Wesen nach gut oder schlecht ist. Es ging vielmehr um den ökonomischen Anreiz. Wenn ein Kunde medizinische Leistungen in Anspruch nehmen kann, ohne sich an den entstehenden Kosten beteiligen zu müssen, dann tut er es auch – es fehlt der Anreiz, es nicht zu tun.
Ökonomen haben das moralische Risiko seither in vielerlei Kontexten beschrieben, oft als ein Argument gegen soziale Hilfsprogramme. Hier einige Beispiele:
Arbeitslosengeld
Wieso soll ich mir eine Arbeit suchen, wenn der Staat mir mein Auto finanziert?
• Berufsunfähigkeitsversicherung
Wieder arbeiten gehen, nur weil ich wieder laufen kann? Nein, danke – ich lasse mich noch mal sechs Wochen krankschreiben!
• Garantieleistungen
Mist, ich habe versehentlich ein Glas Cola über meine Tastatur geschüttet. Macht nichts, ich rufe kurz beim Hersteller an und bestelle eine neue.
• Staatliche Rettungspakete
Bank im Selbstgespräch: Sollten wir dieser Person mit keinerlei Bonität einen Kredit über 50 0 000 Euro für ein neues Haus bewilligen oder nicht? Ach, was soll’s. Machen wir – wenn’s schiefgeht, boxt uns der Staat schon irgendwie heraus.
Das Prinzip: Teil 2
Wie steht es aber mit dem moralischen Risiko, das in einer ganz anderen Art von Versicherung lauert – in der, die Sie am Tag Ihrer Eheschließung erhalten? Die Ihnen verspricht, dass allzeit für Sie gesorgt sein wird, in Krankheit und Gesundheit, in Armut und Reichtum, in guten wie in schlechten Tagen? Die Ihnen vom Staat in Form einer Eheurkunde überreicht wird und besagt, dass es nun mit dem freien Single-Leben vorbei ist. Dass Sie sich nicht mehr in Kneipen oder Single-Börsen im Internet umzutun brauchen, weil Sie sich endlich die/den eine(n) geangelt haben, der Ihnen nicht mehr abhandenkommen wird?
Welche Erleichterung, so eine Versicherung – und welch weites Minenfeld, auf dem allerlei moralische Risiken lauern.
Spielräume dafür bietet dieses eheliche Sicherheitsnetz zuhauf, wie wir während unserer Gespräche mit verheirateten Paaren immer wieder erfahren konnten:
» Ich kann herumbrüllen wie ich will, verlassen kann er mich ja nicht!«
» Ich weiß nicht, warum er sich meinen Mist all die Jahre gefallen ließ.«
» Er scheint vergessen zu haben, dass er auch etwas anderes kochen kann als ein einfaches Steak.«
» Klar könnte ich meine dreckigen Socken in den Wäschekorb legen. Ich mache es aber nicht, weil sie es macht. Ist das schlimm? Wahrscheinlich schon.«
» Ich bin der Ansicht, dass ein Scheitern gar nicht zur Debatte steht«, beschrieb ein Mann seine Ehe, bevor er sich mit dem spanischen Eroberer Hernán Cortés verglich, der seine Schiffe nach der Landung in Mexiko verbrennen ließ und seinen Mannen befahl, das Aztekenreich entweder zu erobern oder aber im Kampf zu sterben.
Unsere Interviews bestätigen, was auch die Forschung belegt: Liebe macht blind. Nach einer Umfrage des General Social Survey ( GSS ) geben 90 Prozent der Amerikaner, die in einer Partnerschaft leben, an, dass sie lieber selbst leiden als die/den Liebste(n) leiden zu sehen. » Meiner/m Liebsten zuliebe würde ich alles ertragen« – dieser Aussage stimmten 79 Prozent zu. Und 72 Prozent sagten, das Glück des geliebten Menschen stünde für sie an erster Stelle, andernfalls könnten sie selbst nicht glücklich sein.
Doch dieser selbstlose Aspekt der Liebe, so wunderschön er sein mag, ist auch genau der,
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