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nein, das halte ich nicht aus!«
»Was heißt, du hältst es nicht aus? Mein Schatz, unsere Miss Gidde hier hat sich am Vormittag regelrecht die Fingernägel ruiniert an ihrem Princess-Telefon, damit sie die Neuigkeit unter die Leute bringen konnte.«
»Das stimmt überhaupt nicht.« Der Gastgeber war empört.
»Mir hast du es jedenfalls erzählt.«
»Aber auch nur dir.«
»Stoker behauptet, daß du es ihm auch erzählt hast.«
»Oh, wie die lügt!«
Charles Hillary Lords Bedarf an Gehässigkeiten war noch nicht gedeckt. »O Gott, Billy, mit einem Ornamentalen? DeDe hat es mit einem Ornamentalen getrieben?«
»Die haben doch bloß Kinderpipis. « Das kam von Archibald Anson Gidde.
»Es ist geradezu abstoßend, was ihr für Vorurteile habt«, sagte Anthony Latimer Hughes, der gerade zu der Gruppe stieß.
»Oh, die Gnädigste spricht! Du hast doch nicht zufällig wieder mal deine kleine Chinoiserie-Periode, was, mein Schatz?« Das kam erneut von Gidde.
»Es gibt zwei Dinge, die man in San Francisco beachten muß«, warf Charles Hillary Lord ein. »Daß man sich nie im Top of the Mark verabredet. Und daß man bei Regen nie durch Chinatown geht.«
»Warum nicht?« fragten alle im Chor.
»Weil die Chinesen so klein sind, daß sie den Weißen mit ihren Regenschirmen die Augen ausstechen!«
In einer anderen Ecke des Raums tauschte Edward Paxton Stoker Jr. zu Füßen des Claes Oldenburg mit seinem Gastge ber Richard Evan Hampton Nettigkeiten aus.
»Ich gäbe was dafür«, sagte der Gast, »wenn Jon Fielding hier wäre.«
»Also biiiitte!« Rick Hampton hatte es noch immer nicht verwunden, daß Jon Fielding bei einer Abendgesellschaft im letzten Herbst plötzlich explodiert war und sich wutschnaubend verabschiedet hatte. »Diese Zicke wirst du bei mir garantiert nie wieder auf der Gästeliste finden, Edward.«
»Aber er ist DeDes Gynäkologe und …«
»Und außerdem steigt Beauchamp ab und zu über ihn drüber.«
»Das stimmt nicht mehr.«
»Sag bloß?«
»Der Herr Doktor ist auf einmal überaus frömmlerisch geworden – wie das manchmal so seine Art ist – und hat unserem lieben Beauchamp den Laufpaß gegeben. Beauchamp war außer sich. «
»Ich würde zu gerne Fieldings Version hören!«
»Ich fürchte, da wirst du dich noch ein Weilchen gedulden müssen. Er ist nämlich auf dem Weg nach Acapulco.«
»O Gott, was will er da denn?«
»Na, was wohl? Er besucht einen Gynäkologenkongreß.«
Die reichere – und ältere – Hälfte der Hampton-Giddes verdrehte heftig die Augen. »Acapulco ist auch nicht mehr das, was es mal war.«
Heckmeck auf dem Sonnendeck
Irgendwo vor der Küste Mexikos traf eine strahlende Mittagssonne an Deck der Pacific Princess auf Dutzende von willigen Anbetern. Mary Ann lag – mit offenem Oberteil – auf dem Bauch, als ihr eine Hand unvermutet etwas Schmieriges auf den Rücken klatschte.
»Mouse?«
Schweigen.
»Mouse!«
»Ich diese Mouse nicht kennen, Signorina. Ich sein bloß einfache italienische Steward aus Speisesaal, was will maachen nacktes Party mit scheene scharffe Mädchen aus Amerika!«
»Du hast was von dem Gras geraucht, stimmt’s?«
Michael setzte sich mit einem theatralischen Seufzer neben sie. »Ach, wenn du doch endlich lernen würdest, in Phantasien zu schwelgen.«
»Was ist das überhaupt für ein Zeug?«
»Welches Zeug? Ach so … Tortugacreme. Der Kabinensteward hat sie mir gegeben. Er sagt, sie wird in Mazatlán hergestellt.«
»Sie riecht lecker.«
»Mhmm. Das kommt, weil sie aus pürierten Schildkröten ist.«
»Mouse!«
»Wenn er mir das doch so gesagt hat.«
»Igitt!«
»Glaubst du, Polly Bergen nimmt Rosenblätter?«
Mary Ann setzte sich auf, hielt ihr Bikinioberteil mit dem rechten Arm an Ort und Stelle und blinzelte in die Sonne.
»Verschnür mich wieder, ja?«
»Bondage? Jetzt schon? Dabei hast du noch nicht mal Bingo gespielt. Außerdem gibt es heute nachmittag in der Carrousel Lounge einen schicken Mambo-Tanztee für Senioren, wenn du …«
»Mouse … schau jetzt nicht hin, aber er ist gerade in den Pool gesprungen.«
»Wer?«
»Unser Mister Geheimnisumwoben. Der Kerl, den du gesehen hast, als wir an Bord gegangen sind.«
»Der, der uns schöne Augen gemacht hat?«
Mary Ann korrigierte ihn. »Der einem von uns schöne Augen gemacht hat.«
»Vielleicht ist er ja auf einen flotten Dreier scharf.«
»Glaubst du, daß er schwul ist, Mouse?«
»Na ja … Seine Technik beim Rückenschwimmen sieht schon ein bißchen
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