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nickte wissend. Eines der wichtigsten Kennzeichen des North-Beach-Schicks war das selbstverständliche Wissen um Margo St. James und ihre Prostituiertengewerkschaft.
»Kennste Margo?« wollte Mother Mucca wissen.
»Oh, ja«, log Mona. Wenigstens hatte sie die Frau schon mehrmals gesehen, wenn sie sich bei Malvina’s zum Frühstück Kaffee und Croissants bestellte.
Mother Mucca zog eine ihrer aufgemalten Augenbrauen hoch. »Sie hat viel mehr Klasse wie ich, was, Püppi?«
»Ich finde, Sie haben eine Menge Klasse.«
Mother Mucca senkte den Kopf und blies in ihren Kaffee.
»Doch, wirklich«, beharrte Mona. »Sie sind ein sehr … klarer Mensch.«
»Und du bist ’ne schlechte Lügnerin.« Mother Mucca streckte plötzlich die Hand aus und kniff Mona oberhalb des Ellbogens in den Arm. Einen Augenblick sah es so aus, als könnte ihre krustige Tünche jeden Moment aufplatzen, doch dann räusperte sie sich plötzlich, und ihr Ton wurde noch ruppiger als zuvor.
»So, Püppi! Du hast mir noch immer nich erzählt, warum de mit der Birne voll Angel Dust nach Reno gondelst!«
»Ach, mit Reno hat es eigentlich nichts Besonderes auf sich.«
Die alte Frau schnaubte verächtlich. »Das kannste aber laut sagen!«
Mona lachte. »Ich wollte bloß … ich weiß nicht … mal für einige Zeit weg. Ich war noch nie in der Wüste.«
»Wüste haben wir in Winnemucca mehr als genug.« Das klang nach einer halben Einladung. Mona schaute auf ihre Bratkartoffeln und drückte sich um eine Antwort.
»Das Haus is groß, Püppi. Und ich brauch eine, die sich um die Anrufe kümmert. Außerdem isses richtig sauber und hübsch. Ich glaub, du würdst ganz schön überrascht sein.«
»Ich bin sicher, daß es …«
»Ach, komm, Püppi! Ich treib doch keinen Mädchenhandel oder so was! Du sollst mir bloß Gesellschaft leisten. Du kannst sofort abhauen, wenn’s dir nich mehr paßt.«
»Ich glaube aber nicht, daß ich …«
»Was machste denn überhaupt?«
»Wie?«
»Beruflich.«
»Ich bin … Ich war bis vor kurzem Werbetexterin.« Mother Mucca brüllte vor Lachen. »Na, dann tu mal bloß nich so schrecklich etepetete!«
Mona grinste und warf ihre Serviette auf den Teller. »Der Bus fährt wieder los, Mother Mucca.«
»Heißt das, du machst es nich?«
»Keine Chance«, sagte Mona und nagte nachdenklich an ihrem Zeigefinger. »Außer, wenn ich mein eigenes Wasserbett kriege.«
Schwule Handelsklasse A
DieTechnik des Partygebens war für die Hampton-Giddes mindestens genauso knifflig wie die Funktionsweise von Arch Giddes neuem Silver-Shadow-Rolls.
Nach sorgfältiger Prüfung wurden mögliche Gäste einer von vier Listen zugeschlagen:
Der A-Liste.
Der B-Liste.
Der schwulen A-Liste.
Der schwulen B-Liste.
Die Hampton-Giddes kannten keine C-Leute, ob schwul oder sonstwie.
In der Regel setzte sich die A-Liste aus den Schönen und den Alteingesessenen zusammen, aus Leuten, die in der Kolumne von Merla Zellerbach im Chronicle die Fragen nach ihrem liebsten Junk-food-Lokal oder ihrem bevorzugten Ziel fürs Underground-Sightseeing beantworten durften.
Natürlich gab es auf der A-Liste ein paar Einsprengsel von der schwulen A-Liste, aber man erwartete von ihnen, daß sie sich benahmen. Ein A-Schwuler, der trutschig wurde, wenn man nach einem Abendessen der A-Liste Scharade spielte, fand sich postwendend im Fegefeuer der schwulen B-Liste wieder.
Den B-Schwulen, diesen armen Wichten, wurde das Scharadespielen gar nicht erst zugestanden.
Die Bandbreite und die Intensität der Unterhaltungen bei den Cocktails der Hampton-Giddes hingen größtenteils davon ab, welche Liste zur Anwendung kam.
Leute von der A-Liste konnten sich über Kunst, Politik und die Wildledertapeten im Hauptschlafzimmer des Hauses unterhalten.
Leute von der B-Liste konnten sich über Kunst, Politik, die Wildledertapeten im Hauptschlafzimmer des Hauses und die Leute von der A-Liste unterhalten.
Die A-Schwulen konnten sich darüber unterhalten, wer wohl im Badezimmer Koks schnupfte.
Von den B-Schwulen, die größtenteils Dekorationszwecken dienten, wurde nicht erwartet, daß sie an einer Unterhaltung teilnahmen.
»Binky schwört, daß es stimmt«, sagte William Devereaux Hill III. eines Abends, als ein ganzer Schwarm von A-Schwulen über das Anwesen der Hampton-Giddes in Seacliff hergefallen war.
»Was Chinesisches?« stieß Charles Hillary Lord hervor.
»Zwillinge!«
»Gleich ein ganzer Wurf. « mischte sich Archibald Anson Gidde kreischend ein.
»O
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