Mein Amerika: Erinnerungen an eine ganz normale Kindheit
Restaurant namens Country Gentleman sowie das beste Junkfood in einem Drive-in-Imbiss namens George the Chilli King. (Und danach die besten Fürze; einen Chilli-Burger von George hatte man in Minuten gefuttert, doch mit dem Furzen, hieß es, hörte man danach nie mehr auf.) Wir hatten unsere Kaufhäuser, Restaurants, Kleidergeschäfte, Supermärkte, Drugstores, Blumenläden, Eisenwarenhandlungen, Kinos, Hamburger-Buden, alles was das Herz begehrte – und alles war unschlagbar gut.
Hm, na ja, woran konnte man das eigentlich erkennen? Um sich Gewissheit zu verschaffen, hätte man Tausende anderer Klein- und Großstädte landauf, landab besuchen und überall das Eis und die Schokoladentorte und so weiter kosten müssen, denn damals waren alle Städte verschieden. Es lebte sich herrlich in einer noch weitgehend von weltumspannenden Ladenketten freien Welt. Jede Gemeinde war etwas Besonderes, und nirgendwo war es wie irgendwo anders. Wenn die Läden in Des Moines also nicht die besten waren, so waren sie zumindest unsere. Zuallermindest hatten sie immer irgendwas, das sie interessant und anders machte. (Und sie waren unschlagbar gut!)
Dahl’s, der Supermarkt in unserem Viertel, hatte zum Beispiel eine hochintelligente, geniale Einrichtung namens Kiddie Corral. Es war ein kuscheliger, im Stil eines Cowboy-Korrals gebauter, eingezäunter Bereich voll mit Comics, in dem die Mütter ihre Kinder parken konnten, während sie einkauften. In den fünfziger Jahren wurden in den Vereinigten Staaten massenhaft Comics produziert – allein 1953 eine Milliarde –, und die meisten landeten irgendwann im Kiddie Corral. Der war voll davon. Wenn man hineinwollte, kletterte man auf die oberste Geländerstange, hechtete hinein und schwamm in die Mitte. Wie lange die Mutter einkaufte, war einem vollkommen egal, denn man hatte einen unerschöpflichen Vorrat an Comics und langweilte sich nicht. Ich glaube, es gab Kinder, die wohnten im Kiddie Corral. Suchte man die letzte Ausgabe von Rubber Man , fand man manchmal ein Kind, das fast einen halben Meter tief unter den Comics begraben lag und entweder schlief oder nur den köstlichen Papiergeruch genoss. Kein Geschäft hat je etwas so Sinnvolles für Kinder getan. Wer sich den Kiddie Corral ausgedacht hat, ist jetzt fraglos im Himmel, doch er hätte vorher den Nobelpreis bekommen müssen.
Dahl’s hatte noch etwas Vielbewundertes. Wenn die Einkäufe in Tüten (in Iowa in »Säcke«) gepackt und bezahlt waren, trug man sie nicht etwa zu seinem Auto wie in profaneren Supermärkten, sondern übergab sie einem freundlichen Mann mit einer weißen Schürze, der einem eine Plastikkarte mit einer Nummer aushändigte und die Einkäufe auf ein schräg nach unten verlaufendes Fließband legte, das sie durch eine Lasche in einen mysteriösen dunklen Tunnel und weiter ins Erdinnere beförderte. In der Zwischenzeit holte man sein Auto und fuhr zu einem kleinen Backsteingebäude am Rand des Parkplatzes, etwa dreißig Meter entfernt, wo die Einkäufe, hübsch durchgeschüttelt und von ihrem unterirdischen Abenteuer durchaus erfrischt, ein, zwei Minuten später wieder auftauchten und von einem anderen hilfreichen Mann mit weißer Schürze, der einem die Plastikkarte abnahm und einen schönen Tag wünschte, ins Auto gestellt wurden. Das System war, ehrlich gesagt, nicht sonderlich effizient – oft bildete sich eine Autoschlange vor dem kleinen Backsteingebäude, und die ruckelige Fahrt durch den Tunnel war auch eigentlich zu nichts anderem gut, als dass alle kohlensäurehaltigen Getränke wenigstens die nächsten zwei Stunden gefährlich übererregt waren –, aber alle liebten es und fanden es trotzdem toll.
So war es damals allenthalben, wo man in Des Moines hinging. Jedes Unternehmen hatte etwas Besonderes, womit es sich empfahl. Im Kaufhaus New Utica in der Innenstadt ragten aus allen Kassen pneumatische Röhren. Das Bargeld, das man zu entrichten hatte, wurde in ein zylindrisches Gefäß gesteckt, das in die Röhren gelegt und – wie ein Torpedo – geräuschvoll zu einer zentralen Sammelstelle katapultiert wurde. So eilig hatte man es, das Geld zu zählen und wieder in den Wirtschaftskreislauf einzufüttern. Ein Besuch im New Utica war wie ein Trip in ein zukünftiges Jahrhundert.
Bei Frankel’s, einem Herrenbekleidungsgeschäft auf der Locust Street im Stadtzentrum, gab es einen hochherrschaftlichen Treppenaufgang, der zu einem Zwischengeschoss führte. Ein Spaziergang durch dieses
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