Mein argentinischer Maerchenprinz
man mal zeigen, wer der Boss ist.“
Faith hätte beinahe laut aufgelacht. „Meiner Erfahrung nach erzielt machomäßiges Dominanzverhalten eher selten den gewünschten Effekt. Ich finde, die Leute sind weitaus empfänglicher, wenn man auf eine vertrauens- und respektvolle Partnerschaft abzielt.“
„Leute?“ Pedro sah sie verwirrt an. „Es geht doch hier um Pferde.“
„Pferde, Leute.“ Faith zuckte mit den Schultern. „Das Prinzip ist das gleiche. Die Basis einer guten Beziehung ist Respekt und Vertrauen.“ Sie betonte die beiden Worte, bemerkte jedoch Rauls warnenden Blick, der sagte: Sei vorsichtig. Dieser Deal ist mir wichtig.
Und unversehens fragte sie sich, ob für ihn überhaupt etwas anderes zählte als die Vergrößerung seines Reichtums. Dafür ließ er auch seine Exgeliebte vor ihr paradieren.
Völlig unempfänglich für die unterschwelligen Spannungen, trank Pedro seinen Champagner. „Sie lassen sich von einer Frau sagen, wie Sie mit Ihren Pferden umgehen sollen, Vásquez?“
„Ich stelle nur die besten Leute ein.“ Pedro runzelte die Stirn. „Ich glaube, ich hab’ vorher noch nie eine Tierärztin getroffen.“
Faith lächelte süffisant. „Na ja, wir sind der männlichen Variante eigentlich ziemlich ähnlich, nur etwas zierlicher, weil unsere Körper nicht so viel Platz für unser Ego brauchen.“
Sofia lachte entzückt. „Ich liebe den britischen Humor.“
Pedro griff nach seinem Taschentuch und tupfte sich wieder die Stirn ab. „Natürlich ist es nicht politisch korrekt, so etwas zu sagen, trotzdem bin ich immer noch der Meinung, dass Frauen nicht alles genauso gut können wie Männer.“
„Da stimme ich vollkommen zu. Sosehr ich mich auch bemühe, es gelingt mir einfach nicht, genauso gefühllos und unsensibel wie ein Mann zu sein. Glücklicherweise hatte dieser Charakterfehler keinerlei Auswirkung auf meine Fähigkeiten als Tierärztin. Für gewöhnlich reagieren Tiere sehr gut auf die Berührung einer Frau.“
Endlich spürte Pedro, dass etwas in der Luft lag, und warf einen Blick auf Raul, der jedoch seine typische Gleichgültigkeit wahrte.
„Wie Sie sehen, ist meine Frau genauso temperamentvoll wie die Pferde, die sie so liebt. Sie ist wirklich hoch qualifiziert.“
Pedro zog die Augenbrauen hoch. „Wenn sie so qualifiziert ist, weshalb hat sie dann keine eigene Praxis?“
„Weil sie mich kennenlernte“, erwiderte Raul. „Ich habe ihre Karriere durchkreuzt.“
„Verschoben“, korrigierte Faith ihn scharf. „Ich kann meine Arbeit jederzeit wieder aufnehmen.“
Sofia lächelte. „Sie haben sich also verliebt.“
„Wer würde Argentinien nicht lieben?“ Faith missverstand sie absichtlich. „Es ist ein faszinierendes, wunderschönes Land. Und der perfekte Ort, um Pferdemedizin zu praktizieren.“
„Im Stall ist er besonders gefährlich.“ Pedro war längst wieder bei seinem Pferd. „Wir können ihn gar nicht weiden lassen, dann wäre die Hölle los.“
„Aber Pferde sind Herdentiere“, sagte Faith. „Sie brauchen die Gesellschaft, besonders die Hengste. Die sind von Natur aus dominant und energisch.“
„Klingt ziemlich nach Raul“, warf Sofia ein. „Dominant, energisch, eine wahre Herausforderung im Umgang …“ Überrascht sah Faith sie an. Das, was sie gesagt hatte, klang wahrhaftig nach Raul.
Tief in Gedanken versunken, schien Pedro die Worte seiner Frau nicht einmal gehört zu haben. „Ich könnte ihn herbringen lassen, falls Ihre Erfahrungen dafür ausreichen. Aber ob Sie mit ihm fertig werden?“
Raul runzelte die Stirn. „Es gibt nichts, mit dem Faith nicht klarkommt. Sie ist sehr tüchtig.“ „Das hat mit Tüchtigkeit nichts zu tun“, sagte Faith. „Man braucht nur Geduld und Verständnis.“ „Jetzt bin ich wirklich verwirrt.“ Sofia lachte, ein freches
Glitzern in den Augen. „Reden wir über Raul oder den Hengst? Mit schwierigen Männern kann sie offensichtlich umgehen, da es ihr gelungen ist, dich vor den Altar zu schleppen. Aber genug davon.“ Erneut hakte sie sich bei Faith unter. „Wenn es nicht gleich Essen gibt, schließe ich mich den Pferden auf der Weide an. Die sind besser versorgt.“
9. KAPITEL
Sie genossen ein typisches argentinisches Barbecue, und es war spät, als Faith und Raul ihre Gäste verabschiedeten und zurück zum Strandhaus gingen.
Wütend, weil er sie erneut verletzt hatte, stolzierte Faith hocherhobenen Hauptes voraus. Aus Angst, sonst zu explodieren, wagte sie nicht, den Mund aufzumachen,
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