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Mein bis in den Tod

Mein bis in den Tod

Titel: Mein bis in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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Lebensmittelgeschäft. Der einzige Pub hatte 1874 geschlossen, als die wichtigste Straße zwischen Lewes und London drei Meilen nach Süden verlegt worden war. Die nächste Einkaufsmöglichkeit lag zwei Meilen entfernt, ein Dorfladen, der wegen eines Supermarkts in der Nähe kurz vor der Schließung stand. Obwohl Faith wie alle andern – und ebenso schuldbewusst – dort nur Noteinkäufe tätigte, war sie in das Komitee zur Rettung des kleinen Ladens gewählt worden.
    Trotz seiner geringen Größe war Little Scaynes allerdings eine Hochburg der Lokalpolitik, bevölkert von einem Heer von Aktivisten mit Tweedröcken, festen Schuhen und eisernen Frisuren. Faith hatte den Eindruck, als verbrächten die Menschen auf dem Lande die meiste Zeit entweder damit, Dinge zu bewahren, oder mit dem Versuch, den Fortschritt aufzuhalten. Seit sie vor zehn Jahren in das Haus gezogen war, hatte sie an mehreren derartigen Vorhaben teilgenommen, um einen Beitrag zum Gemeindeleben zu leisten und um Freundschaften zu schließen, aber auch, weil es ihr schon immer schwer gefallen war, nein zu sagen.
    Im Augenblick war sie Mitglied in verschiedenen Komitees: zur Rettung des Kirchendachs, der örtlichen Bücherei, eines sehr alten kleinen Buchenwäldchens, das von einer Neubausiedlung bedroht war, sowie eines öffentlichen Fußwegs, den ein sturer Bauer seit Jahren blockierte. Außerdem war sie aktives Mitglied der Ortsgruppe des nationalen Kinderschutzbundes NSPCC . Seit Jahren beteiligte sie sich darüber hinaus an den Bemühungen, die Modernisierung einer alten Scheune am Dorfrand zu stoppen, die Zustimmung zu einer neuen Umgehung rückgängig zu machen, den Bau eines weiteren Golfplatzes zu vereiteln und den Zusammenschluss ihres Gemeinderates mit dem einer Nachbargemeinde zu verhindern.
    Am meisten Befriedigung hatte ihr in den letzten Jahren jedoch die Mithilfe bei der Sammlung für die an Leukämie erkrankte Tochter eines Schäfers geschenkt. Über 50 000 Pfund waren zusammengekommen, um das Mädchen zu einer Operation in die USA zu schicken, die der Fünfjährigen das Leben gerettet hatte. Ross hatte hinter den Kulissen gewirkt.
    Ihr eigenes Gesicht erschien auf dem Computerbildschirm. Unmittelbar darauf wurde es durch ein Foto ersetzt, das ihr Gesicht im Profil zeigte.
    »So siehst du heute aus«, sagte Ross.
    Sie gähnte, und eine bleierne Müdigkeit überfiel sie. Sie versuchte sich zu erinnern, wo die Fotos gemacht worden waren. Als sie den Hintergrund betrachtete, fiel es ihr wieder ein: am Strand vor ihrem Hotel in Phuket, vor drei Wochen.
    Ross zeigte auf ihre Nase und beschrieb am Bildschirm mit dem Finger eine Kurve an ihrem Nasenrücken entlang. »Ein kleiner Eingriff, nur ein paar Tage leichte Beschwerden, und dann …« Er tippte auf die Tastatur, Faiths Gesicht verschwand, dann tauchte es im Profil auf, nun allerdings mit einer neuen Nase.
    Obwohl sie nach den Bemerkungen, die Ross in letzter Zeit fallen gelassen hatte, mit so etwas gerechnet hatte, schockierte es sie doch, dass er jetzt darauf zu sprechen kam, wo es ihr so schlecht ging. Aber wahrscheinlich hatte er gerade deshalb diesen Augenblick gewählt.
    »Können wir morgen früh darüber sprechen? Ich bin hundemüde.«
    »Ich habe für nächsten Montag ein Zimmer in der Klinik reserviert. Deine Mutter kann Alec zu sich nehmen –«
    »Nein. Ich habe dir gesagt, dass ich keine weiteren Operationen will.«
    Jetzt kam die Wut heraus, die sich seit dem Dinner in ihm aufgestaut hatte. »Weißt du eigentlich, wie viele Frauen ihren rechten Arm für das geben würden, was du umsonst bekommst?«
    Sie lächelte säuerlich und streckte den rechten Arm aus. »Dann schneid ihn doch ab – du hast ja auch schon von fast jedem anderen Körperteil etwas abgeschnitten.«
    »Mach dich nicht lächerlich.«
    »Tu ich nicht. Wenn ich dir nicht gefalle, wie ich bin, dann heirate doch eine andere.«
    Er wirkte derart gekränkt, dass sie Schuldgefühle bekam, die sich rasch in Wut auf sie selbst verwandelten, weil sie zuließ, dass ihre Gefühle auf diese Weise manipuliert wurden. Ross war wie ein blendender Schauspieler, der sein Publikum mühelos im Griff hatte. Seit Jahren schon spielte er mit ihren Gedanken und Gefühlen, und sie hatte sich wieder einmal einwickeln lassen.
    »Liebling, jeder Schönheitschirurg in der Welt operiert seine Frau. Wenn du mich zu Kongressen begleitest, bist du die beste Referenz, die ich vorweisen kann. Die Leute schauen dich an, und sie sehen

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