Mein Boss, die Memme
für seinen Standpunkt eintrat. Wie sich zeigen sollte, war das bei ihr nicht erwünscht.
Eines Abends gab sie mir eine Präsentation zurück, die unter anderen Umständen ohne Beanstandung durchgegangen wäre, mit der Aufforderung, sie sofort zu verbessern. Auf die Frage hin, ob dies nicht bis morgen Zeit habe, antwortete sie nur: »Darüber zu befinden, was wichtig ist, mein Herr, das mache noch immer ich. Wenn es morgen früh nicht fertig ist, haben wir beide ein Problem.«
Mit einem Mal zeigte sie ein anderes, wohl ihr wahres Gesicht.
Ich arbeitete bis spät in die Nacht. Und das war erst der Anfang. Ãber Wochen forderte sie mich heraus. Sie wollte, dass ich die Beherrschung verlor. Ich riss mich zusammen und machte eine Ãberstunde nach der anderen. Bis zur völligen Erschöpfung.
Andere im Team, die ihr nach dem Mund sprachen, stützte sie. Das tat ich nicht. Sie musste schon bei unseren ersten Gesprächen beschlossen haben, mich loszuwerden. Sie hatte es mich nur nicht sofort spüren lassen, sondern wie eine Schlange in aller Ruhe gewartet, um dann im richtigen Moment zuzubeiÃen.
Ich war von ihrem hinterhältigen Verhalten unendlich verletzt. Warum bestellte sie mich nicht zu einem offenen Gespräch ein? Warum hatte sie mir nicht von Anfang an erklärt, was sie von mir erwartete und was ihr an meiner Arbeitsweise nicht gefiel? Warum lieà sie mich feige ins offene Messer laufen, anstatt für ihren Standpunkt einzutreten? «
Max N., Consultant einer Bank
Achtung Falle! Diese Art von Memme ist ein echter Menschenkenner. Sie wittert ihre Opfer genauso gut wie eventuelle Gefahrenquellen. Sie bemerkt mit Wohlgefallen persönliche Schwächen, registriert angsterfüllt echte Stärken ihrer Mitarbeiter. Das ist ihre Grundlage für ein erfolgreiches Vorgehen. Sobald sie sich ein Bild davon gemacht hat, wer für sie gefährlich werden könnte, wird aufgeräumt.
Was die Ego-Shooter für Mitarbeiter besonders gefährlich macht: Bösartige Macho-Memmen verfügen über ein gröÂÃeres Rollenreper Âtoire als so mancher HolÂlywood-Star. Eine ganze Palette von Gesichtern, mit deren Hilfe sie ihre Mitarbeiter im eigenen Sinne beeinflussen können â von freundlich bis eiskalt, von berechnend bis einfühlsam. Nach oben der schillernde Star der Abteilung. Nach unten die rücksichtslose Rampensau.
Zu Anfang eine zuckersüÃe Versuchung, kann uns die Ego-Memme schon bald die schlimmsten Bauchschmerzen verursachen. Da entsteht der Eindruck, als sei man im Schoà der allerfreundlichsten Führungskraft gelandet. Der Teamgedanke wird groà geschrieben, den Mitarbeitern das Höchste vom Himmel versprochen.
So plötzlich wie ein kalter Regenschauer, werden andere Seiten aufgezogen. Meist erst, wenn sich die Memme sicher genug fühlt. Wenn sie glaubt, über das nötige fachliche und vor allem intime Wissen über uns zu verfügen. Wenn sie meint, fest im Sattel zu sitzen, gibt sie ihren Mitarbeitern die Sporen. Dann ist sie ohne Umstände jederzeit bereit, die Peitsche zu schwingen, wenn es ihr hilft.
Im Gegensatz etwa zum Kuschel-Junkie ist der Ego-Shooter kein Fluchttier. Er greift an. Allerdings immer von hinten. Von vorn wäre es zu gefährlich. Die offene Konfrontation könnte ins Auge gehen, und der mühsam nach oben gewahrte Schein könnte auffliegen. In einem offen ausgetragenen Kampf nämlich müsste die Memme mit fairen Mitteln kämpfen. Dazu ist sie nicht in der Lage. Einen solchen Schlagabtausch würde sie jämmerlich verlieren.
Daran erkennen Sie auch, ob Sie es mit einem Ego-Shooter oder mit einem »Natural Born Leader« zu tun haben: Letzterer wird ebenfalls mit eisernem Besen kehren, wenn er es für nötig hält. Aber er wird es offen tun, und er wird ihnen seine Meinung ins Gesicht sagen. Wenn er mit Ihrem Verhalten unzufrieden ist, dann werden Sie es ungefiltert von ihm erfahren. Und wenn er Sie für überflüssig hält, dann wird er Ihnen direkt sagen, warum.
Nicht so der Ego-Shooter. Er wird feige von hinten aus der Deckung heraus schieÃen, bevor Sie wissen, wie Ihnen geschieht.
Als Mitarbeiter fühlen wir uns dabei auf einmal im falschen Film. Ist das noch derselbe Mensch, dem wir gestern ohne Skepsis begegnet sind? Ja, ist er. Und wer sich nicht schnell darauf einstellt, kommt unter die Räder.
Dann drohen unwilligen Mitarbeitern
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