Mein Boss, die Memme
dagegen gebuckelt bis zur Schmerzgrenze. Die SchieÃeisen bleiben im Halfter stecken. Ober-Memmen wissen das zu schätzen und fördern ihre Günstlinge, die ihnen gerne den Steigbügel halten, um beim steilen Aufstieg mit nach oben gezogen zu werden.
So entsteht ein System, in dem die Schaltstellen im Unternehmen besetzt sind von sich gegenseitig argwöhnisch beäugenden, aber sich ebenso protegierenden Memmen.
Achtung, Verrat!
Von oben droht also keine Gefahr. Von unten aber schon. Der wahre Feind, er sitzt zu FüÃen des fragilen Herrschers: der Mitarbeiter. Es sind die besonders erfolgreichen unter seinen Leuten, denen der Ego-Shooter das Schlimmste zutraut. Sie gilt es klein zu halten. Denn für den memmenhaften Chef lauert hinter jeder Bürotür Gefahr: Ehrgeizlinge, die es auf seinen Thron abgesehen haben. Das glaubt er ganz fest. Und mit dieser gepachteten Wahrheit im Gepäck geht er ans Werk.
Ich arbeitete seit zwei Jahren als Bereichsleiter für den GroÃkundenbereich eines amerikanischen Computerherstellers, als ein neuer Geschäftsführer die Leitung übernahm und bereits nach kurzer Zeit versuchte, mir das Leben zur Hölle zu machen:
Der Sonnenkönig, Teil 1: der Unruheherd
Gegen die anderen Bereichsleiter und Direktoren hatte der neue Geschäftsführer nichts einzuwenden. Warum auch? Sie traten, so hart sie konnten, nach unten und zur Seite. Nach oben aber waren sie handzahm. Sie belästigten unseren Ober-Boss nicht mit neuen Ansätzen, hatten keinen Ehrgeiz, der über ihren eigenen Bereich hinauswies. Wie ein Sonnenkönig schwebte mein Boss über uns Mitarbeitern. Der einzige Unruheherd in seinen Augen war ich.
Mein Vergehen: Ich wollte tatsächlich, dass sich das gesamte Unternehmen weiterentwickelte. Und das sagte ich auch noch laut. Dazu führte ich mein Team auf eine Art und Weise, die in der Firma alles andere als üblich war â sehr partnerschaftlich, mit viel Freiraum und Selbstständigkeit für meine Mitarbeiter. Für meinen autoritären, geltungssüchtigen Geschäftsführer und die anderen Bereichsleiter war mein Stil die pure Provokation. Dass auch noch unsere Umsatzzahlen immer überzeugender wurden, erzeugte bei ihm ein Verhalten, das mir immer bedrückender erschien und das er mich bei jedem Treffen deutlicher spüren lieÃ, nämlich Neid, Missgunst und den Reflex zur Selbstverteidigung. Es war mir spätestens dann klar, als mein Chef hinter meinem Rücken begann, meine Mitarbeiter über mich auszuhorchen.
Erfolgreiche, selbstständig denkende und handelnde Mitarbeiter sind die gröÃten Erfolgsgaranten für ein Unternehmen. Und doch haben sie bei einem neurotischen Ego-Shooter einen besonders schweren Stand. Nehmen unsichere Chefs doch jede Eigenständigkeit ihrer Mitarbeiter, die zugleich mit Erfolg einhergeht, als Bedrohung wahr. Starke Konkurrenz zu ihren FüÃen verabscheut diese Macho-Memme wie der Vampir das Sonnenlicht, könnte doch der helle Glanz eines anderen ihren Chefstatus vielleicht zu Staub werden lassen.
Vor allem Kollegen, deren Erfolg auf Ehrlichkeit und Menschlichkeit beruht, gelten als gefährlich â lassen sie doch das Wirken des egozentrischen Chefs in einem gänzlich anderen, sehr viel klareren Licht erscheinen.
Bei der Memme leuchten in solch einem Fall alle Warnsignale auf: Achtung, man will mich von meinem Thron stürzen!
Dabei müssen die vermeintlichen Konkurrenten keinesfalls die Position des Memmen-Chefs selbst angreifen, um diese Angst auszulösen. Es ist vielmehr eine eingebildete Gefahr. Die Memme fühlt sich in ihrer Einzigartigkeit, in ihrer Eitelkeit verletzt. Wird ihr schwaches, auf verzweifelter Selbstüberhöhung aufgebautes Ego durch den Erfolg des anderen doch untergraben.
In ihrer Vorstellung, und sei sie noch so wahnhaft und verrückt, ist es durchaus realistisch, dass sie ihren Job los sein könnte, weil sie â egal wie gut die Karriere bisher verlief â endlich entlarvt wird.
Gefahr ist immer eine Frage der Wahrnehmung. Und solche Memmen wittern hinter jeder Ecke Verschwörung und Verrat. Sie glauben dafür ein feines Näschen, ein untrügliches Gespür zu haben. Da werden Mitarbeiter auf dem Flur abgefangen und über Kollegen ausgefragt. Hat der Meier nicht letztens das und jenes gesagt oder getan? Selbst, wenn die Spur keine Indizien ergibt, setzt sich der Gedanke
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