Mein Boss, die Memme
fiktiven Feinde plattmacht, dem wird in der Liga der Möchtegern-Rambos gehuldigt. Es ist kein Zufall, dass die extremen Exemplare dieses Typs Zocker sich in ihren Gamer-Höhlen verkriechen und mehr von der virtuellen als von der realen Welt sehen: Ihre Egos sind meist nicht gröÃer als der Prozessor in ihren Rechnern. Das kompensieren sie, indem sie am Bildschirm alles abknallen, was sich ihnen in den Weg stellt. Das verleiht ihnen ein Gefühl von Stärke. DrauÃen, innerhalb des sozialen Regelwerks der realen Welt, kriegen sie nämlich meist nicht viel hin.
Die Ego-Shooter unter den Bossen betreiben ihre Karriere aus einer ähnlichen Motivation heraus â und mit ähnlichen Mitteln. Auch sie wenden alle perfiden Tricks an, weil sie an der Mitgliedschaft in einer gesunden Gemeinschaft mit humanen Umgangsformen nicht interessiert sind. Nur sind ihre Opfer leider real statt virtuell. Der Ego-Shooter macht Jagd auf Mitarbeiter. Besonders auf die guten. Die könnten sich ja zu Kon kurrenten mausern, wenn er sie nicht klein hält. Nach oben dagegen kuscht er: Dort sitzen schlieÃlich die erfolgreichen Ego-Shooter, die mit dem High-Score, und deren Protektion braucht er für seine Machtspielchen. So lange, bis er sie auf der Rangliste der Mistkerle überholt hat. Sein Denkschema ist schwarz-weià und eigentlich zutiefst bedauernswert: Für ihn gibt es nur Täter und Opfer. Und er möchte um jeden Preis zu den Tätern gehören. Die tragische Psyche des Ego-Shooters: An das Gute im Menschen glaubt er kein Stück. Deshalb glaubt er auch nicht an Fairness und Kollegialität. Arbeit ist für ihn ein ständiger Existenzkampf: Survival of the Fittest. Deshalb fühlt er sich ständig bedroht, und hat die Waffe immer im Anschlag. Der Ego-Shooter ist, evolutionär betrachtet, auf der Stufe des Neandertalers stehengeblieben.
Im Arbeitsalltag äuÃert sich das für uns Mitarbeiter durch verschiedene kampftaugliche Verhaltensmuster, die alle darauf ausgelegt sind, der permanent gefühlten Bedrohung zu begegnen: 30 Prozent aller Chefs, so legen Untersuchungen nahe, zeigen ein neurotisches Verhalten, das ihren Mitarbeitern auf vielerlei Art die Arbeit zur Hölle macht. Da gibt es:
manipulative und gröÃenwahnsinnige Narzissten, die Unterwerfung und Bewunderung verlangen, nur Ja-Sager dulden und auf Erfolge anderer mit blankem Neid reagieren;
überreagierende Paranoide, die vermeintliche Angreifer entlarven, bestrafen und jeden Kritiker unterdrücken;
aggressive, unbarmherzig kontrollierende Autoritäre, die Angst verbreiten und als Wolf im Schafspelz gern auch mal eine freundliche Maske tragen.
Wenig verwunderlich, dass uns die besonders gewissenlosen unter den Ego-Shootern oft als gierige Chefs groÃer Unternehmen in den Schlagzeilen begegnen. Einer wie Klaus Zumwinkel zum Beispiel, ehemaliger Vorstandschef der Deutschen Post, der für seine Steuerhinterziehung verurteilt wurde, aber vor dem Gericht arrogant und selbstgerecht auf seinen auÃergewöhnlichen Status als globaler Konzernlenker verwies. Um danach wie eine wahre Memme über die Ungerechtigkeit der deutschen Justiz zu jammern.
Oder der ehemalige Arcandor-Chef Thomas Middelhoff, der zum Abschied neben seinem Grundgehalt von 1,2 MilÂlionen Euro noch 2,2 Millionen Euro an Bonus und Tantiemen deklarierte, obwohl er dem Konzern 2008 Verluste in dreistelliger Millionenhöhe beschert und Arcandor damit letztlich in die Insolvenz geführt hatte.
Ego-Shooter, die uns täglich bei der Arbeit begegnen, sind Chefs, die ausschlieÃlich an sich denken, und die um jeden Preis den Weg nach oben gehen. Selbst wenn wir, ihre Mitarbeiter, furchtbar darunter zu leiden haben. Chefs, bei denen man sich nur auf eines verlassen kann: ihre Unberechenbarkeit. Denn das wichtigste Erfolgsgeheimnis intrigierender Ego-Shooter ist ihr Rollenrepertoire: eine Mixtur aus gespielter Zuneigung und abfälliger Distanz.
Fütter mein Ego
Egogesteuerte Chefs sind vor allem eines: gierig auf alles, was ihrem Ruhm und ihrer Anerkennung dient. Der Berater, der mir vom folgenden Exemplar eines Ego-Shooters berichtete, konnte ein Lied davon singen:
Wie sich mein Chef meine Lorbeeren schnappte
»Mein Boss erwartet von seinen Mitarbeitern eigentlich nur Âeines: dass wir ihn für den Besten halten. Mehr nicht. Aber das auf Teufel kommâ raus. Er ist eine richtige Rampensau: Bleiben die
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