Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Boss, die Memme

Mein Boss, die Memme

Titel: Mein Boss, die Memme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick D. Cowden
Vom Netzwerk:
so verhielt.
    Er ist Ende 50. Noch einmal eine neue, ebenso gut bezahlte Stelle zu bekommen, das traut er sich nicht mehr zu. Sein Ziel: Durchhalten und das schöne Geld mitnehmen. Bis zum Ruhestand.
    Für mich heißt das: Nichts wie weg. Sonst versauern nicht nur meine Ideen auf ewig in der Schublade. «
    Esther F., Ingenieurin in der Produktentwicklung
    Je weiter oben auf der Karriereleiter eines Unternehmens ein Manager schon angekommen ist, desto weniger freie Chefsessel sind zu vergeben. Da ist das Gedränge von unten groß. Vor allem im deutschen Mittelbau, in dem die geburtenstarken Jahrgänge aus den 60er-Jahren die Positionen besetzen und zugleich für jüngere Kandidaten ihre Sessel nicht frei machen. Dort aber, im Mittelbau, endet für die meisten auch der Aufstieg.
    Plötzlich gibt es kein persönliches Ziel mehr, keinen motivierenden Ausblick. Der eigene Arbeitgeber, so die Meinung von 45 Prozent der befragten Manager in einer Studie des Marktforschungsunternehmens International Communications im Auftrag der Unternehmensberatung Accenture, zeige ihnen keinen klar erkennbaren Karriereweg mehr auf. Alles sei unstrukturiert, zitierte die Wirtschaftswoche 2006 im Artikel »Der stille Frust der Halbleiter« die Ergebnisse der Studie weiter.
    Gleichzeitig zu dieser Orientierungslosigkeit aber lässt der Druck von allen Seiten nicht nach. Eher im Gegenteil.
    Es ist, als hinge man mitten in der Bergwand und sieht über sich weder Seil noch Haken. Spätestens in diesem Moment, wenn man mitten in der Hierarchie zwischen ganz oben und ganz unten festsitzt und die Luft in den einmal erreichten Führungshöhen dünner wird, richtet so mancher Chef seinen Blick nicht mehr sehnsuchtsvoll nach oben auf den nächsten, vermutlich nicht mehr erreichbaren Karrieregipfel, sondern angstvoll nach unten. Wer hoch steigt, kann bekanntlich auch tief fallen.
    Angst ergreift die Chefs. Eine ungeheure Verlustangst, die selbst die agilsten unter ihnen in eine Memme verwandeln können. Eine kraftlose, zögerliche, zaudernde Memme, die nichts mehr will als das zu behalten, was sie bereits besitzt: ihren Posten mit einem nicht zu verachtenden Gehalt.
    Diese Memmen werden im Unternehmensgefüge zur Blockade. Die die ehrgeizigen Vorhaben der Führungsspitze mit halber Kraft angehen und sich so den Unwillen von oben zuziehen. Und die nicht die geringste Energie und Bereitschaft aufbringen, die eigenen, vor allem die jungen Mitarbeiter, auf ihrem Weg nach oben zu unterstützen. Nur keine Welle machen. Sie könnte einen ja selbst von Bord werfen.
    Die große Angst vorm Scheitern
    Angst ist kein guter Ratgeber. Chefs, die sich selbst und andere blockieren, die ängstlich nach oben zu ihren Vorgesetzten schauen, entwickeln sich für Mitarbeiter oft genug zu wahren Terror-Memmen. So wie eine Marketingassistentin es mir von ihrem Boss beschrieb:
    Protokoll-Terror
    Â»In unserem Unternehmen jagt im Moment ein Meeting das nächste. Wir wollen endlich wieder ein neues Pflegeprodukt erfolgreich in den Markt einführen. Daran sind etliche Abteilungen beteiligt, unter anderem Vertrieb, Marketing und Unter nehmenskommunikation. Andauernd gibt es etwas abzustim- ­ men – da wird unglaublich viel diskutiert. Zu jedem Meeting wird selbstverständlich auch ein Protokoll verfasst. Und damit beginnen die Probleme erst richtig.
    Als Assistentin war ich die letzten Male dafür zuständig. Mein Protokoll-Entwurf ging an alle anderen Abteilungen. Eigentlich würde man ja erwarten, dass alle Beteiligten so eines Treffens genau wüssten, was gesagt wurde. Denkste.
    Wenn alle die Ergebnisse schwarz auf weiß vor sich haben, wird es hochpolitisch. Um jedes Wort wird gefeilscht. Da wird nachträglich die eigene Meinung angepasst, wenn es opportun ist, manchmal sogar vollständig revidiert. Manchmal könnte ich lachen über den plötzlichen Gedächtnisverlust. Aber ich halte besser den Mund. Um einen positiven Beitrag geht es den meisten längst nicht mehr. Hier verteidigt jeder nur noch ängstlich und verbissen sein Revier.
    Das ist Machtkampf pur, bei dem sich die Abteilungsleiter offiziell die Hände nicht schmutzig machen wollen. Fakt ist aber: Jeder der Chefs hat etwas zu verlieren. Die Protokolle werden schließlich auch ganz oben gelesen, so sagt man zumindest. Wer sich da als Abteilungsleiter schlecht verkauft, der ist schnell weg vom Fenster. Der

Weitere Kostenlose Bücher