Mein Ex, der Schneesturm und ich
nicht.“ Er sah Tränen in ihren Augen schimmern und verfluchte sich selbst dafür, dass er so ein selbstsüchtiger Trottel war. „Seitdem ich dich zum ersten Mal in der Halle wiedergesehen habe, habe ich mich nach deiner Nähe gesehnt. Ich konnte mich gegen diese Sehnsucht nicht wehren.“
„Ich habe deinen Brief von damals aufbewahrt. Wenn du diesmal wieder abhaust, kannst du dir also die zwei Minuten sparen, die es dich kosten würde, einen neuen zu verfassen.“
Brody wollte sich gegen ihre ungerechten Anschuldigungen wehren, aber wenn er ehrlich war, verdiente er ihren Zorn. Sie hatte allen Grund, anzunehmen, dass er sie auch diesmal wieder sitzen lassen würde. „Als ich zu Donnie gesagt habe, ich könne es nicht erwarten, hier raus zu kommen, war damit die Notunterkunft gemeint. Ich wage zu behaupten, dass ich nicht der Einzige bin, der inzwischen gründlich die Nase voll davon hat, hier eingepfercht zu sein.“
„Aber du wirst Tucker’s Point trotzdem verlassen.“
„Das muss ich. Meine geschäftlichen Verpflichtungen lassen mir keine andere Wahl.“
Zitternd holte sie tief Luft. „Ja, das ist mir klar. Wirklich. Ich habe mir immer wieder klargemacht, dass es so enden wird.“
„Aber das bedeutet noch lange nicht, dass ich dich hier zurücklassen muss.“ Die Worte kamen aus seinem Mund, ohne dass er groß darüber nachgedacht hatte. „Komm mit mir.“
Sie sah ihn verblüfft an. „Ich kann nicht einfach so von hier weggehen.“
„Warum denn nicht? Ich habe es auch geschafft. Es ist gar nicht so schwer, wie du glaubst.“
Brody wusste plötzlich, dass er gerade die richtige Entscheidung traf. Er würde seine Wohnung aufgeben und sie könnten sich irgendwo ein schönes Haus kaufen. Am besten in einer Stadt mit hervorragendenSchulen. Dann Heirat, Kinder und ein Labrador – der amerikanische Traum!
„Für dich war es so einfach, weil du überhaupt nicht hier sein wolltest. Aber Tucker’s Point ist mein Zuhause . Ich liebe diese Stadt. Ich liebe die Menschen hier und das Meer. Ich liebe es, zu beobachten, wie die Fischerboote abends einlaufen oder die Touristen durch die Straßen schlendern. Wenn ich mitbekomme, wie begeistert sie von Tucker’s Point sind, bin ich wahnsinnig stolz.“
„Warum um alles in der Welt fängst du jetzt ausgerechnet von Touristen an?“ Brody hatte diese Leute schon immer verabscheut. Sie verbrachten ihren Urlaub in der Stadt und rümpften gleichzeitig die Nase über die Gerüche und den Schmutz, die die Industrie unweigerlich mit sich brachte, die den Ort groß gemacht hatte. „Ich rede von dir und mir, Delaney. Ich habe keine Lust, irgendwelchen Yuppies dabei zuzusehen, wie sie ihren Kindern Eis oder Tucker’s Point-T-Shirts kaufen.“
„Ich bin in dem Haus, in dem ich wohne, aufgewachsen. Hier liegen meine Wurzeln. Ich kann nicht einfach meine Sachen packen und in dein Auto steigen.“
„Selbstverständlich nicht.“ Er atmete scharf aus und raufte sich die Haare. „Ich will ja auch nicht, dass du in meinen Wagen springst und mit mir durchbrennst, sobald die Straßen wieder befahrbar sind. Aber auf lange Sicht könntest du vielleicht zu mir nach Connecticut ziehen.“
„Du kommst auch aus dieser Stadt. Deine Familie wohnt hier. Warum kannst du nicht wieder nach Hause ziehen?“
Weil ihn allein die Vorstellung mit Grauen erfüllte. Er hatte lange und hart daran gearbeitet, seine Vergangenheit abzuschütteln. Würde eine Rückkehr da nicht in gewisser Hinsicht bedeuten, dass er gescheitert war? „Diese Stadt ist nicht mehr mein Zuhause.“
Delaneys Wut verwandelte sich in Resignation. Brody begriff sofort, dass er einen schweren Fehler gemacht hatte.
Sie sah ihn traurig an. „Eines Tages wirst du eine Frau finden, die dir so viel bedeutet, dass es egal ist, wo du mit ihr lebst. Diese Frau war ich schon vor fünf Jahren nicht und bin es offensichtlich auch heute nicht.“
„Nein, Delaney, so habe ich …“
Sie stieß ihn von sich fort, sodass er beinahe stürzte. „Brody, es ist vorbei. Bitte … Lass mich einfach zufrieden, bis du wieder abhauen kannst.“
Er rief ihren Namen, doch sie drehte sich nicht mehr um. Vielleicht war es so am besten. Er konnte ihr sowieso nicht sagen, was sie von ihm hören wollte. Sinnlos, sich immer weiter im Kreis zu drehen.
Brody zog den Kopf vor dem Wind ein und machte sich ebenfalls auf den Rückweg in die Unterkunft. Als er die Halle betrat, war Delaney nirgends zu sehen und er zwang sich, nicht nach ihr
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