Mein feuriges Herz
kümmerte.
Tremaine ging neben ihr in die Hocke und tastete ihn nach Knochenbrüchen ab, so wie er es bei ihr vor ein paar Tagen getan hatte.
„Wo kann er sich denn verletzt haben“, fragte sie besorgt.
„Keine Ahnung. Wir wissen bald mehr, wenn wir seine Wunde untersuchen.“ Er prüfte den Verband.„Sie haben Ihren Unterrock zerrissen?“, fragte er erstaunt und bemerkte erst jetzt die Blutflecken an ihrem Kleid.
„Was hätte ich denn sonst tun sollen? Ich hatte doch keine andere Wahl.“
Er verzog die Mundwinkel. „Keine andere Wahl, so, so.“ Jedenfalls hätte keine Dame aus seinem Bekanntenkreis ein Kleid für einen streunenden Köter geopfert.
Umsichtig hob Tremaine den verletzten Hund in die Arme, der leise winselte, sich aber nicht zur Wehr setzte.
„Schon gut, alter Junge“, murmelte er. „Wir bringen dich nach Hause, damit die Lady dich pflegen kann.“ Er warf ihr einen Blick zu. „Machen Sie sich keine allzu großen Hoffnungen. Er hat viel Blut verloren. Vielleicht schafft er es nicht.“
Sie reckte das Kinn. „Ich lasse nicht zu, dass er stirbt.“ In letzter Zeit hatte es zu viele Todesfälle gegeben. Laurel. Der kleine Joshua Michael. Nein, dieses arme Tier durfte nicht sterben.
Mit ausholenden Schritten ging der Earl zum Wagen zurück, und Corrie hatte Mühe, nicht den Anschluss zu verlieren. Er legte den Hund auf die Decke, die er in dem Einspänner ausgebreitet hatte, half Corrie auf den Kutschbock und setzte sich neben sie.
Die nächtliche Szene in seinem Zimmer erwähnte er mit keinem Wort. Vielmehr tat er so, als sei nichts geschehen. Statt froh darüber zu sein, war sie irgendwie enttäuscht, dass die Begegnung ihm offensichtlich nichts bedeutet hatte.
Aber wenigstens half er ihr mit dem Hund, das war im Moment das Wichtigste.
Vor dem Stall liefen zwei Knechte herbei. Einer trug den Hund in eine leere Pferdebox und legte ihn behutsam ins Stroh. Corrie ging neben dem Hund in die Knie.
„Ganz ruhig, mein Junge.“ Sie kraulte seinen struppigen Kopf, während der Earl den blutverkrusteten Verband entfernte. Ein Stallbursche brachte einen Eimer Wasser und saubere Tücher. Corrie wusch Blut und Schmutz weg und säuberte die Wunde.
Gray bemerkte, dass ihr Kleid ruiniert war. Und Letty Moss konnte sich gewiss kein neues kaufen. Als der Hund jedoch seine Pfote auf ihre Hand legte und dankbar zu ihr aufblickte, spürte Gray, dass sie den Verlust des Kleides nicht eine Sekunde bedauerte.
„Die Wunde ist ziemlich tief“, stellte Tremaine fest, nachdem er den langen klaffenden Schnitt untersucht hatte, „aber weniger schlimm, als ich befürchtet hatte. Wir verbinden ihn, und wenn er sich ein paar Tage ruhig hält und wieder zu Kräften kommt, übersteht er es.“
Corrie blickte hoffnungsvoll auf. „Glauben Sie wirklich?“
„Jedenfalls hat er gute Chancen, durchzukommen.“
Sie lächelte erleichtert. „Vielen Dank, dass Sie ihm geholfen haben.“
Sein Blick hielt den ihren fest. „Ich habe Ihnen geholfen, Letty, nicht dem Hund.“ Sein behutsamer Umgang mit dem verletzten Tier bestärkte sie allerdings in der Überzeugung, dass auch er es nicht über sich gebracht hätte, den armen Hund seinem Schicksal zu überlassen.
„Er braucht einen Namen“, sagte sie. „Was meinen Sie, wie wollen wir ihn nennen?“
„Vielleicht sollten Sie ihm erst einen Namen geben, wenn Sie wissen, dass er es schafft.“
„Er kommt durch“, erklärte sie mit fester Stimme und kraulte ihn. „Ich denke, ich nenne ihn Homer.“
„Homer? Warum nicht gleich Odysseus aus der Ilias?“
Ach, du liebe Güte. Nachdem sie das Buch in der Bibliothek gefunden hatte, war der Name ihr einfach so in den Sinn gekommen. Außerdem passte er zu dem Hund, der ein unsteter Wanderer zu sein schien. Corrie suchte fieberhaft nach einer Ausrede. „In York hatte ich einen Hund, der Homer hieß. Ist das auch eine Romanfigur?“
Gray schüttelte den Kopf. „Ein griechischer Dichter. Na ja, ein Name wie jeder andere.“
„Ein wunderschöner Name.“ Sie streichelte Homer über den Kopf. „Nicht wahr, Homer?“
Der Hund leckte ihr die Hand, was sie als Zustimmung nahm. Als sie zu dem Earl aufblickte, entdeckte sie eine Wärme in seinen Augen, die sie bei ihm bisher noch nicht gesehen hatte.
„Sie haben ein weiches Herz, Letty Moss.“ Er richtete sich auf. „Lassen Sie mich wissen, wenn Sie meine Hilfe wieder einmal brauchen.“ Und dann war er fort.
Corrie hätte erleichtert sein
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