Mein feuriges Herz
Vorwürfe zu sein, gab sie ihm im Stillen recht, weil sie wusste, dass sein Vater ihn als Kind häufig verprügelt hatte.
„Mochte Ihr Vater auch ein schlechter Mensch gewesen sein, aber nachdem ich gesehen habe, wie liebevoll Sie mit Sarah und ihrem Baby umgegangen sind, könnte ich mir vorstellen, dass Sie ein wundervoller Vater wären.“
„Da ich nicht die Absicht habe, mich noch einmal zu verheiraten, lohnt es nicht, darüber nachzudenken.“
„Aber …“
„Es reicht, Letty“, schnitt er ihr das Wort ab. Sein barscher Ton duldete keine Widerrede. Dennoch: er hatte sich ihr ein wenig geöffnet. Vielleicht könnte sie ihn irgendwann dazu bewegen, über seinen Bruder und seinen Cousin zu sprechen.
Die Tatsache, dass er nicht die Absicht hatte, wieder zu heiraten und sich keine Familie wünschte, ging sie nichts an und sollte sie nicht berühren.
Gleichwohl bedrückte sie dieser Gedanke.
Gray musterte die Frau neben sich. Nachdem ihr erster Schock über die bevorstehende Geburt überwunden war, hatte sie tatkräftig zugelangt und ihm geholfen.
Keine der vornehmen Damen seines Bekanntenkreises hätte sich die Hände schmutzig gemacht, um bei einer einfachen Bäuerin Hebamme zu spielen. Letty aber schien sich daran nicht zu stören. Und das Wunder der Geburt hatte sie offenbar tief beeindruckt.
Letty versetzte ihn immer wieder in Erstaunen, was vermutlich einer der Gründe war, warum er sich so stark zu ihr hingezogen fühlte. Und dann war da noch die bemerkenswerte Tatsache ihres leidenschaftlichen Temperaments und ihrer verlockenden Figur. Wenn sie nur endlich einsehen wollte, wie viel Vergnügen sie miteinander haben könnten.
Letty hatte behauptet, sie fühle sich nicht zu Jason hingezogen, und nachdem Gray seine unangebrachte Eifersucht bezwungen hatte, glaubte er ihr. Irgendwie gehörte diese Frau ihm. Auch wenn sie noch so sehr dagegen aufbegehrte, war es nur eine Frage der Zeit, bevor sie dem Bann zwischen ihnen erlag und ihn erhörte.
Sie hatte ihm Fragen über seine Ehe gestellt. Ein völlig unzulässiges Thema. Er redete nicht über seine verstorbene Frau, auch nicht über seine Trauer nach ihrem Tod. Alle, die ihn kannten, hüteten sich, dieses Thema anzuschneiden aus Furcht, sich seinen Unmut und Zorn zuzuziehen.
Aber Letty konnte nicht wissen, dass dieses Thema tabu war, und er war selbst verblüfft darüber, ihre Fragen beantwortet zu haben. Er wusste nicht, warum er es getan hatte, aber bei Letty schien all das nicht so schwierig zu sein wie bei jedem anderen.
Auf dem Weg zum Brunnen trübte Grays Stimmung sich wieder ein. Nach dem Tod seiner Mutter hatte er einen Schutzwall um seine Gefühlswelt errichtet. Das war nötig gewesen, um die Leidensjahre zu überstehen, die er mit seinem lieblosen Vater hatte verbringen müssen.
Auch nach seiner Hochzeit hatte sich nichts daran geändert. Er hatte Jillian gern gehabt und respektiert, und ihr Tod hatte ihn tief erschüttert. Er machte sich bis heute bittere Vorwürfe, sie im Stich gelassen zu haben.
Dennoch hatte er Jillian nie zu nahe an sich herangelassen und stets eine gewisse Distanz zu ihr gewahrt. Er hatte nicht die Absicht, je etwas daran zu ändern.
Nicht einmal der süßen, unschuldigen Letty würde er gestatten, sich Zugang hinter die Mauern zu verschaffen, die ihn sein ganzes Leben beschützt hatten.
13. KAPITEL
Auf dem Weg zum Brunnen beobachtete Corrie Grays verschlossene Miene. „Irgendwie werde ich nicht schlau aus Ihnen“, sagte sie sinnend.
Er hob den Kopf, der harte Zug um seinen Mund glättete sich. „Ich bin auch noch nicht aus Ihnen schlau geworden.“
Gott sei Dank! dachte sie. Sie konnte sich ausmalen, wie wütend er reagieren würde, wenn er wüsste, wer sie war, und unter welchem Vorwand sie sich in sein Haus eingeschlichen hatte.
„Sie haben sich erstaunlich tapfer gehalten“, fuhr er fort. „Die meisten Frauen, die ich kenne, wären beim Anblick des vielen Blutes in Ohnmacht gefallen.“
Corrie ließ sich nicht anmerken, dass sie sich geschmeichelt fühlte. „Nun ja, Sarah brauchte unsere Hilfe.“
Gray warf sein Jackett ins Gras und zog den Bottich mit Wasser aus dem Brunnen. Erst als er sich das blutbefleckte Hemd über den Kopf streifte, begriff Corrie, was er vorhatte. Glatte gebräunte Haut spannte sich über pralle Muskelwölbungen. Sein Brustkorb war mit schwarz gekräuseltem Haar bedeckt, das sich nach unten an seiner flachen Bauchdecke verjüngte und im Bund seiner knapp sitzenden
Weitere Kostenlose Bücher