Mein feuriges Herz
erklärt hatte, die Rolle von Corries Zofe zu spielen.
„Richtig. Allison setzt sich umgehend mit dir in Verbindung, falls Probleme auftauchen.“
In der Zeit, die Allison sich mit Laurel in Selkirk aufhielt, hatte sie sich als Witwe mit einem kleinen Kind ausgegeben. Sie hatte Trauer getragen und sich nie im Dorf blicken lassen. Es bestand also keine Gefahr, dass jemand auf Castle Tremaine sie erkannte.
Agnes seufzte tief. „Hoffentlich wisst ihr zwei, was ihr tut.“
Das hoffte auch Corrie. Wenigstens wusste sie, dass der Earl sich bereits seit einigen Wochen auf Castle Tremaine aufhielt. Von Agnes hatte sie erfahren, dass er auch zum Zeitpunkt von Laurels Tod anwesend war. In letzter Zeit schien er sich häufiger auf dem Land aufzuhalten als früher.
Vielleicht hatte er ein neues Opfer für seine Verführungskünste gefunden.
Corrie wandte den Blick aus dem Fenster, als die Kutsche sich dem Dorfgasthof näherte. Ein erwartungsvolles Beben durchrieselte sie. Sie trug immer noch Trauer, das Gesicht unter einem schwarzen Tüllschleier verborgen.
Am nächsten Morgen würde sie ein verschlissenes Kleid tragen, das sie als eine Frau zeigte, die durch widrige Umstände verarmt war. Dies Kleid hatte Allison, genau wie die restliche Garderobe, bei einem Altwarenhändler in London besorgt: zwei altmodische Reisekostüme, mehrere abgetragene Tageskleider aus Musselin und zwei schlichte Kleider für den Abend mit leicht verschlissenen Spitzenbesätzen und ausgefransten Säumen.
Corrie, die sich stets nach der neuesten Mode kleidete, störte die bereits getragene Garderobe nicht im Geringsten. Alles war ihr lieber als das düstere Schwarz, das sie schmerzlich daran erinnerte, dass sie ihre Schwester im Stich gelassen hatte.
4. KAPITEL
Grayson Forsythe, der sechste Earl of Tremaine, verlagerte das Gewicht im Sattel und ließ den Blick über die weitläufigen Ländereien schweifen, die Castle Tremaine umgaben.
Von den niedrigen Steinmauern zu seiner Linken über die dichten Wälder in der Ferne zogen sich sanft wogende Hügel, die im satten Frühlingsgrün leuchteten, bis zum Fluss, der die Grenze zur Rechten bildete. Sein kraftvoller Rappenhengst Raja begann unruhig zu tänzeln und fieberte genau wie der Reiter danach, im gestreckten Galopp querfeldein zu jagen.
In den letzten zehn Tagen hatte er nur bei seinen täglichen Ausritten über Hügel und Felder inneren Frieden gefunden, um der Enge des Hauses zu entfliehen, seiner Familie … und den Erinnerungen. Ihm graute wieder davor, dass der Unglückstag näherrückte, der ihn verfolgte wie ein Gespenst.
Der 19. Mai, der Todestag seiner hübschen junge Frau Jillian.
Mit leichtem Schenkeldruck spornte Gray den Hengst an und sprengte im gestreckten Galopp den Hügel hinunter, umwallt von einem langärmeligen weißen Leinenhemd. Der Wind zerrte an seinem dichten schwarzen Haar, viel zu lang für die derzeit herrschende Mode, das er im Nacken zusammengebunden hatte.
Nur in der freien Natur war es ihm möglich, seine bitteren Erinnerungen zu ertragen, weil er wusste, dass sie mit jedem Jahr mehr verblassten. Im Schloss nahe dem Ufer des Flusses, in dem Jillian ertrunken war, war ihm das unmöglich.
Gray ritt eine gute Stunde im vollen Galopp bis zur Grenze seines Landes, machte kehrt und ritt den erschöpften Hengst im leichten Trab zurück, um ihn abzukühlen.
Irgendwann würden die Erinnerungen ihn nicht mehr quälen, von Alltagspflichten in den Hintergrund gedrängt, die seine Ländereien und Handwerksbetriebe, mit dem Titel in seinen Besitz übergegangen, in Anspruch nahmen. Aber der 19. Mai war erst in knapp einer Woche.
Gray straffte die Schultern und trabte auf das alte Schloss auf dem Hügel am Flussufer zu.
Corrie blickte aus dem Fenster der schäbigen Kutsche, die sie im Dorfgasthof gemietet hatte. Vor ihr am Ende einer langen Kiesauffahrt thronte Castle Tremaine auf einer Hügelkuppe wie eine Festung, die das Schloss ursprünglich gewesen war. Dort sollte sie Grayson Forsythe begegnen, dem Mann, den sie verdächtigte, ihre Schwester ermordet zu haben.
„Bist du dir deiner Sache ganz sicher, Coralee?“ Allison beugte sich zu ihr, die Hände im Schoss gefaltet, um ihre Unruhe zu verbergen. „Vielleicht hat Tante Agnes ja recht, und wir begeben uns in große Gefahr.“
„Nenn mich bitte Letty oder Mrs. Moss, das musst du dir merken. Niemand hätte einen Grund, uns schaden zu wollen. Die Leute werden mich für eine arme Verwandte halten. Und sollte
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