Mein Flirt mit der Blutfrau
kratzig an.
Sie lächelte im Liegen. Noch immer streckte sie mir die Arme entgegen.
»Komm her, ich will endlich wissen, ob du wirklich so stark bist, wie ich es fühlte.«
Ich setzte mich in Bewegung. Nur wenige Schritte brauchte ich, bis ich den Stein erreichte. Von dieser Stelle aus schaute ich genau auf sie. Mein Blick glitt über ihren Körper hinweg, von den nackten Füßen bis hoch zur Stirn. Sie bewegte ihre Finger. Katzenhaft kam sie mir vor.
»Willst du nicht?«
»Ich möchte dir etwas zeigen.«
»Und was?«
»Moment noch.« Konnte ich es wirklich riskieren, ihr mein Kreuz zu präsentieren? Sie hatte geahnt, daß ich anders war als die meisten Menschen, eben weil ich das Kreuz trug.
Sie öffnete den Mund, als sie mich gespannt anblickte. Diesmal drangen keine Käfer zwischen ihren Lippen hervor, eine Zungenspitze entdeckte ich auch nicht.
Ich hatte meine Arme erhoben und die Hände am Nacken zusammengeführt, wo ich auch die dünne Silberkette spürte. Ich nahm sie zwischen Daumen und Zeigefinger.
Dann streifte ich sie über den Kopf.
Das Kreuz rutschte hervor. Ich ließ Lavinia keinen Moment aus den Augen. Sie spannte sich und wurde plötzlich starr, als das Kreuz auf meinem Handteller liegenblieb. »Meinst du das?« fragte ich leise…
***
Lavinia di Luna sagte nichts. Sie bewegte sich auch nicht. Die Blutfrau lag auf dem Altar wie eine Tote. So steif, so starr. Ihr Körper schien eingefroren zu sein.
»Meinst du das?« wiederholte ich die Frage. »Ich will es wissen. Spürst du die Strahlung?«
Sie richtete sich auf. »Ja!« flüsterte sie. »Das ist es. Das habe ich gemerkt. Du hast…«
»Es ist meine Waffe«, erklärte ich ihr. »Das Zeichen des Sieges. Der Beweis dafür, daß das Böse verloren hat, denn die Kräfte des Lichts haben es in die Tiefe geschleudert.«
»Nimm es weg!« forderte sie.
»Weshalb?«
Diesmal hatte ich Oberwasser bekommen. Ich hielt das Kreuz in der rechten und die Lampe in der linken Hand. Für die Blutfrau mußte es im Schatten liegen, weil es nicht direkt angestrahlt wurde. Dennoch konnte sie die Umrisse erkennen, und sie wußte auch, was es zu bedeuten hatte.
»Alle Kräfte, auf die du dich verlassen hast, Blutfrau, sind nichts gegen dieses Kreuz. Du wirst verlieren, denn du kannst es nicht überwinden. Das schafft selbst der Teufel nicht.« Ich hatte flüsternd gesprochen, aber sehr deutlich.
»Und Juan?« schrie sie. »Denkst du nicht auch an ihn?«
»Doch, daran denke ich. Du wirst mir auch sagen, wo ich den Jungen finden kann.«
»Nein ich werde…«
»Ganz ruhig, Lavinia«, fiel ich ihr ins Wort. »Wir beide machen das untereinander aus. Bisher hast du mit mir gespielt, diesmal ist es umgekehrt. Jetzt diktiere ich.«
Sie lag nicht mehr auf dem schwarzen Altar. Mit einem Ruck hatte sie sich hochgestemmt und stützte sich dabei auf den Ellenbogen ihrer angewinkelten Arme ab.
Längst hatte ihr Blick die Sicherheit verloren. Es war mir gelungen, sie in eine schlechtere Position zu bringen, und diese Tatsache nutzte ich auch weiterhin.
Ich senkte die rechte Hand.
Das Kreuz näherte sich dabei der schwarzen Altarplatte. Von einem kalten Mondlicht war sie erfüllt, so hatte mir die Blutfrau berichtet. Das Licht des Bösen sollte nicht weiter existieren, ich hielt ihm den anderen Pol dagegen und legte das Kreuz vorsichtig auf das schwarze Gestein. Ein irrer Schrei zitterte durch das Gewölbe. Lavinia hatte ihn ausgestoßen. Ihr Kopf war in den Nacken gedrückt worden, der Mund stand halb offen, ohne daß irgendwelches Getier über die Lippen gekrochen wäre. Sie mußte die Macht des Kreuzes spüren, dessen Kraft damit begann, den Stein zu zerstören.
Was die Jahrhunderte überdauert hatte, fand nun sein Ende. Ich hörte es knacken und knirschen. Gleichzeitig entstanden Risse, aus denen ein stinkender Dampf quoll.
Der überraschte mich.
In Sekundenschnelle war er so dicht und dick wie der Londoner Herbstnebel, so daß selbst der Schein meiner Lampe von ihm aufgesaugt wurde.
Ich hörte sie noch immer schreien, wollte Vorsorgen und das Kreuz auf ihren Körper pressen, als der Altar zusammenbrach und sich Lavinia im gleichen Augenblick zur Seite drehte, damit sie den fallenden Trümmern entkam.
Ich faßte leider ins Leere.
Der Altar brach vor mir zusammen. Zischend stiegen die Dampfe hoch, das Licht der Stablampe wurde von ihnen aufgesaugt. Schattenhaft erkannte ich die Gestalt der Blutfrau.
Sie erinnerte mich an ein Raubtier im Sprung, denn mit
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