Mein Freund, der Mörder Kommissar Morry
aufgegeben. Es war fast, als sehnte sie sich nach der Ruhe einer Zelle.
„Der Rauschgiftschmuggel“, fuhr Morry fort, „wäre allein noch gar nicht so schlimm. Aber Ihr Verlobter steht unter dem schweren Verdacht, diese ganze Serie von abscheulichen Morden begangen zu haben. Und Sie, Miß Levan, sind verdächtig, zu diesen Morden Beihilfe geleistet zu halben.“
Der Pfeil saß mitten im Ziel. Ruth Levan bäumte sich gefoltert auf. „Nein“, stöhnte sie mit schreckensbleichem Gesicht. „Das ist nicht wahr, Sir! Pancras hat keinen Mord begangen.“
Kommissar Morry zuckte mit den Achseln. „Tut mir leid, Miß Levan! Solange der wirkliche Mörder nicht gefunden wird, bleibt der Verdacht an Ihrem Verlobten hängen. Auch an Ihnen. Damit müssen Sie sich abfinden.“
„Ich kenne den Mörder“, sagte Ruth Levan plötzlich.
„Sie kennen ihn?“
„Ja.“
„Warum lassen Sie es dann zu, daß man Ihren Verlobten weiterhin verdächtigt Befreien Sie ihn doch von dieser Last. Nennen Sie mir den Namen des Mörders.“
Ruth Levan tat es. Sie nannte den Namen laut und deutlich. Dann ließ sie sich wortlos verhaften.
19
Seit dem Mord an Sam Lupin fühlten sich Frank 'Gillet und Budd Ruxton im Schleusenhaus am Millwall Dock unglücklicher als je zuvor. Sie wußten nicht, vor wem sie mehr zittern sollten: vor dem satanischen Mörder oder vor der Polizei. Das Lehen wurde für sie unerträglich. Sie hatten zwar ein paar Kröten in der Tasche, aber ohne Sam Lupin fühlten sie sich ziemlich hilflos. Mara Revell ging ihnen scheu aus dem Wege. Sie ließ sich weder tagsüber noch nachts vor ihnen blicken.
„Sie hat sich tatsächlich gebessert“, murmelte Budd Ruxton spöttisch. „Wir hätten es genauso machen sollen, Freund. Dann würde uns jetzt nicht der Hintern so dämlich brennen.“
„Dieses ganze Geplapper hat keinen Zweck“, knurrte Frank Gillet ungeduldig. „Wir müssen weg, basta! Jede Minute kann der verflixte Kommissar hier Razzia halten. Dann springen wir über die Klinge. So weit darf es nicht kommen, hörst du? Ich erfuhr heute Vormittag, daß sich die Gelben alle rechtzeitig verdrückt haben. Sie fahren mit einem Schiff nach Singapore. Vielleicht könnten sie uns noch mitnehmen. Was meinst du?“
Budd Ruxton war sofort Feuer und Flamme für den Plan. Er hatte das untätige Herumsitzen längst satt bis zum Hals. „All right, Budd“, pfiff er begeistert durch die Zähne. Wir versuchen unser Glück bei den Chinks. Schlage vor, daß wir sofort abmarschieren.“
Das taten sie dann auch. Ohne sich von Mara Revell zu verabschieden, stürmten sie die Treppe hinunter. Scheu blickten sie die enge Gasse entlang. Argwöhnisch musterten sie jeden Passanten. Sie hatten jedoch Glück. Von einer Polizeistreife war weit und breit nichts zu sehen. Auch der Mörder, der Sam Lupin das Lebenslicht ausgeblasen hatte, schien endlich einmal zu schlafen.
„Wohin jetzt?“ fragte Frank Gillet unsicher. „Wie sollen wir wissen, auf welchem Kasten sich die Gelben eingeschifft haben?“
„Wir gehen in Samsons Chinesenhotel“, schlug Budd Ruxton vor. „Der Portier kann uns sicher Bescheid sagen.“
Sie liefen in ziemlicher Eile nach Cubitt Town hinüber und pirschten sich dann lauernd an das schäbige Chinensenhotel heran. Zwei, drei Minuten lang spähten sie erst durch die Scheiben, bevor sie sich in den Empfangsraum wagten. Scheu traten sie über die Schwelle. Beklommen näherten sie sich der Portierloge.
„Wir wollten unsere gelben Freunde besuchen“, log Budd Ruxton mit freundlichem Lächeln. „Können wir sie sprechen?“
„Leider nicht“, erwiderte der Gelbe ebenso freundlich. „Die Herren sind heute Vormittag abgereist. Das heißt — ich glaube ihr Schiff liegt noch im Hafen.“
Budd Ruxton und Frank Gillet sahen sich bedeutungsvoll an. Der Faden spulte sich besser ab, als sie je geglaubt hätten.
„Schade“, meinte Frank Gillet bedauernd und drückte dem Portier einen zerknitterten Lappen in die Hand. „Sehr schade, daß wir ihnen nicht Lebewohl sagen können. Auf welchem Schiff haben sie sich denn einquartiert?“
„Auf der Schanghai Maru“, sagte der Gelbe wahrheitsgemäß. „Wenn Sie sich beeilen, meine Herren, könnten Sie Ihre Freunde noch treffen. Sie müßten aber wirklich mit jeder Minute geizen.“
Frank Gillet und Budd Ruxton brausten aus dem Hotel, daß es nur so eine Art hatte. Wie zwei Steinesel trabten sie die bucklige Straße hinunter. Die Passanten blickten ihnen
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