Mein Freund, der Mörder Kommissar Morry
hinzu verdienen. Viel lieber wäre er jetzt ins Schleusenhaus gelaufen und mit Frank Gillet und Budd Ruxton ganz klammheimlich verduftet.
„Wird das Haus nicht bereits überwacht?“ Pancras Eversley zuckte mit den Achseln. „Ich glaube nicht“, murmelte er unsicher. „Aber wir können ja vorher bei meiner Braut anrufen.“
„Einverstanden!“ meinte Sam Lupin. „Sie muß ja schließlich wissen, ob sie Polizei im Haus hat oder nicht.“
Sie brachen auf. Draußen, dicht hinter dem Millwall Dock, drängten sie sich beide in eine enge Telephonkabine. Pancras Eversley wählte die Nummer. Dann nahm er den Hörer ab. Er hörte ein leises Knacken in der Leitung. Ein dünnes Summen, das mehrmals gestört wurde. Kurz nachher meldete sich die helle Stimme Ruth Levans.
„Ich bin's“, sprudelte er hastig in die Leitung. „Ich muß auf dem Dachboden noch etwas holen. Laß bitte die Seitentür zur Halle offen. Es geht dann viel rascher. Gibt es sonst etwas Neues? Ist Polizei im Haus?“
„Nein“, 'erwiderte Ruth Levan gepreßt. „Du kannst kommen, Pancras. Ich mache mich inzwischen fertig. Ich werde dich begleiten. Du nimmst mich doch mit? Ich will nicht allein hier Zurückbleiben.“
„Meinetwegen“, brummte Pancras Eversley ungeduldig. „Aber das andere ist wichtiger. Sieh zu, daß uns niemand in die Quere kommt. Wir sind in einer halben Stunde da. So long!“
Ruth Levan horchte noch sekundenlang in die Leitung, bevor sie den Hörer auflegte.
„Jetzt kommt meine Chance“, sagte sie still bei sich. „Ich werde sie nützen. Hier hält mich nichts zurück. Wir werden wieder Reisen machen, Pancras und ich. Er hat Geld. An seiner Seite ließ es sich immer gut leben. Es wird wieder so schön werden wie damals in Singapore.“
Sie zog sich hastig um und begann, zwei mittlere Koffer zu packen. Sie war so beschäftigt mit ihrer Arbeit, daß sie nicht einmal hörte, als die Tür aufging. Erst als ein Schritt unmittelbar in ihrem Rücken erklang, fuhr sie jäh herum. Entsetzt starrte sie auf den gefürchteten Kommissar. An der Tür standen zwei Konstabler und blickten mißtrauisch zu ihr hin.
„Wie kommen Sie denn hier herein?“ fragte sie empört. „Was wollen Sie? Können Sie mich denn nie in Ruhe lassen?“
Kommissar Morry nahm ihr lächelnd die Koffer aus der Hand. „Sie werden wahrscheinlich nicht verreisen, Miß Levan“, sagte er sanft. „Wir haben nämlich Ihr Gespräch abgehört. Es freut mich, Pancras Eversley in einer halben Stunde begrüßen zu dürfen.“
Ruth Levan stand da wie vom Donner gerührt. Aus ihrem Gesicht wich die letzte Farbe. Sie mußte sich an einen Stuhl klammern, sonst hätte sie der Schreck umgeworfen.
„Sie haben das Gespräch abgehört?“ fragte sie stammelnd. „Ja, aber ... ich habe doch gar nichts besonderes gesagt?“
„Uns genügte es“, lächelte Morry. „Was will denn Ihr sauberer Bräutigam auf dem Dachboden holen? Welche Pakete meinte er? Wissen Sie darüber Bescheid?“
„Nein“, schrie Ruth Levan hysterisch. „Ich sagte Ihnen doch schon ein dutzendmal, daß ich von den Geschäften meines Verlobten nichts weiß. Sie haben keine Beweise gegen ihn. Sie werden ihn laufen lassen müssen.“
„Das ist unsere Sache“, erklärte. Morry trocken. „Sie brauchen nur still zu sein und uns nicht in unserer Arbeit zu stören. Haben Sie gehört? Setzen Sie sich in diesen Sessel.“
Ruth Levan setzte sich wortlos nieder. Sie sah ihre letzten Hoffnungen zerrinnen. Der Weg führte steil bergab in das Nichts. Nach zehn Minuten hob sie plötzlich den Kopf. Das Gartentor hatte geknarrt. Sie kommen, dachte sie entgeistert. Sie gehen ahnungslos in die Falle. Niemand kann sie mehr retten.
Pancras Eversley und Sam Lupin ahnten nicht das Geringste von dem Verhängnis, das sie erwartete. Sie sahen Licht im Zimmer Ruth Levans brennen und hielten das für ein gutes Zeichen. Arglos drangen sie in den verwilderten Garten ein.
Die Seitentür zur Halle stand auf. Sie brauchten nur einzutreten.
„Rasch!“ drängte Pancras Eversley ungeduldig. „Je schneller wir die Pakete in Händen haben, desto besser. So ganz traue ich dem Frieden nicht. Kann sein, daß dieser verdammte Kommissar wieder in der Nähe herumspioniert.“
Sie tappten leise die Gesindetreppe hinauf, die zum Dachboden führte. An der Speichertür steckte der Schlüssel. Sie sperrten auf und knipsten die Glühbirne an.
Pancras Eversley atmete befreit auf. „Wenn es auf dem Rückweg genauso klappt, können wir
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