Mein Freund Dewey, der beruehmteste Kater der Welt
haben.
Die meisten dieser Kinder waren körperlich behindert und konnten Dewey deshalb nicht richtig streicheln. Dewey machte das nichts aus. Solange sie ruhig blieben, verbrachte er die Stunde gerne bei ihnen. Er ging im Raum herum und strich an ihren Beinen vorbei. Zwischendurch sprang er auf einen Schoß. Die Kinder waren so auf ihn fixiert, dass sie gar nichts anderes mehr mitbekamen. Sie hätten nicht einmal gemerkt, wenn wir ihnen das Telefonbuch vorgelesen hätten.
Crystal war eines der am stärksten behinderten Mitglieder der Gruppe. Das hübsche, wohl ungefähr elf Jahre alte Mädchen konnte nicht sprechen und ihren Körper kaum kontrollieren. Sie saß in einem Rollstuhl, an dem vor ihr ein Holztablett angebracht war. Wenn sie in die Bücherei gebracht wurde, hing ihr Kopf nach vorne und sie starrte auf das Tablett. Das Ausziehen der Jacke ließ sie regungslos über sich ergehen. Es war, als sei sie gar nicht richtig da.
Dewey bemerkte Crystal schon bei der ersten Begegnung, aber zwischen den beiden entstand erst einmal keine Beziehung. Crystal schien nicht an unserem Kater interessiert zu sein und gleichzeitig gab es so viele andere Kinder, die sich bemühten, seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Eines Tages aber sprang Dewey auf Crystals Rollstuhltischchen. Crystal schrie erschrocken auf. Sie kam schon seit Jahren in die Bücherei, aber wir hatten nicht einmal gewusst, dass sie Laute von sich geben konnte.
Von da an besuchte Dewey Crystal jede Woche und jedes Mal sprang er auf ihr Tablett. Crystal kreischte vor Vergnügen. Die Schreie, die sie ausstieß, waren laut und hoch, aber sie machten Dewey keine Angst. Dewey wusste, was sie bedeuteten. Er spürte ihre Aufregung, oder vielleicht bemerkte er auch die Veränderungen auf ihrem Gesicht. Immer wenn sie Dewey sah, strahlte Crystal und ihre Augen, die vorher so ausdruckslos gewesen waren, leuchteten.
Bald erwachte sie nicht erst aus ihrer Starre, wenn sie Dewey auf ihrem Tischchen sah, sondern bereits in dem Augenblick, in dem ihre Lehrerin den Rollstuhl in die Bücherei schob. Sobald sie Dewey sah, der gewöhnlich an der Eingangstür auf sie wartete, begann sie, Laute von sich zu geben: nicht mehr ihre hohen Schreie, sondern tiefere Töne. Ich glaube, dass sie Dewey rief. Dewey muss das auch so verstanden haben, denn wenn er sie hörte, kam er sofort zu ihr. Sobald der Rollstuhl abgestellt worden war, sprang er auf ihr Tablett. Es machte Crystal so glücklich! Sie quietschte wieder und ein wunderbares Lächeln erhellte ihr Gesicht.
Meist führte die Lehrerin ihre Hand und half dem Mädchen, Dewey zu streicheln. Das Gefühl seines Fells an ihrer Hand löste noch lauteres und entzückteres Quietschen aus. Und ich bin mir ganz sicher, dass sie einmal dabei den Blick hob und mit mir Augenkontakt aufnahm. Sie war von Freude überwältigt und wollte diesen Augenblick mit jemandem teilen. Unglaublich, dass dies dasselbe Mädchen war, das jahrelang nicht einmal den Kopf gehoben hatte!
Bei einer Vorlesestunde nahm ich Dewey von Crystals Tischchen und steckte ihn vorne in ihre Jacke, die sie an diesem Tag anbehalten hatte. Sie kreischte nicht einmal, sondern sah ihn einfach nur andächtig an. Auch Dewey war glücklich. Er durfte sich an sie kuscheln, es war warm und er war mit jemandem zusammen, den er liebte. Er wollte gar nicht mehr aus ihrer Jacke heraus, sondern blieb zwanzig Minuten lang drin.
Die anderen Kinder liehen sich Bücher aus, während Dewey und Crystal im Rollstuhl sitzen blieben. Als die Kinder aus der Förderschule schon wieder abfahrbereit auf ihren Plätzen im Bus saßen, waren Dewey und Crystal immer noch dort, wo wir sie abgestellt hatten. Es war ein unvergleichlicher Moment.
Ich weiß nichts über Crystals Alltag. Keine Ahnung, wie sie sich fühlte, wenn man sie in die Welt mitnahm. Doch ich weiß, dass sie jedes Mal, wenn sie mit Dewey zusammen war, glücklich war. Und ich glaube, dass sie dann so vollkommene Freude empfand, wie sie nur wenige von uns kennen. Dewey wollte ihr diese Freude vermitteln und liebte sie dafür, dass ihm das gelang.
13
Deweys große Schwester
Es gab noch einen Menschen, dem Dewey half. Ja, richtig geraten, das war ich.
Ich hatte ein großartiges Leben, musste aber auch schwere Zeiten durchmachen. Nach der Schule konnte ich nicht aufs College gehen, sondern musste in einer Fabrik arbeiten. Ich hatte gesundheitliche Probleme. Im Alter von 30 Jahren kam meine Scheidung und damals konnte ich nicht
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