Mein Freund Dewey, der beruehmteste Kater der Welt
vergrub sich aber gleich darauf unter den am Boden liegenden Ästen.
»Da brauchen wir ja den ganzen Tag«, klagte Cynthia.
»Ja, so sieht es aus«, erwiderte ich.
Während Cynthia die letzten Äste hervorholte, begann ich den Baum zusammenzustecken. Dewey schlich um mich herum und ließ mich nicht aus den Augen. Hin und wieder wagte er einen kleinen Vorstoß, um zu schnüffeln und zu kosten, dann sprang er wieder zurück. Der arme Kater sah aus, als würde er vor Aufregung gleich platzen.
Beeilt euch, ich will auch mal dran sein!
So glücklich hatte ich ihn das ganze Jahr über noch nicht gesehen.
»Oh nein, Dewey, nicht schon wieder!«
Doch Dewey hüpfte abermals in den Weihnachtsbaumkarton. Dieses Mal verschwand er ganz darin und nach wenigen Sekunden schaukelte der Karton hin und her. Dann machte Dewey eine Pause, steckte den Kopf heraus und sah sich um. Er fixierte den halb zusammengebauten Baum und hechtete auf die unteren Äste zu.
»Sieht ganz so aus, als hätte er ein neues Spielzeug gefunden.«
»Ich finde, es sieht eher so aus, als hätte er sich frisch verliebt«, entgegnete ich, während ich die oberen Äste in die Löcher im Stamm steckte.
Es stimmte. Dewey liebte diesen Weihnachtsbaum. Er liebte den Geruch, den Geschmack und wie sich der Baum anfühlte. Sobald ich den Baum fertig zusammengebaut und ihn neben den Ausgabetisch gestellt hatte, setzte er sich darunter.
Der gehört jetzt mir , schien er zu sagen und ging einige Male um den Baum herum. Und jetzt lasst uns bitte allein. Vielen Dank.
»Tut mir leid, Dewey. Wir sind noch nicht fertig. Wir müssen ihn noch schmücken.«
Wir öffneten die Schachteln mit dem Weihnachtsschmuck: Lametta, kleine Engelanhänger, Weihnachtsmänner, Schleifen, glitzernde Weihnachtskugeln. Im nächsten Augenblick kletterte Dewey in den Schachteln herum und schien zu überlegen, was wir wählen sollten. Dann wu selte er um unsere Füße und spielte mit unseren Schnürsenkeln. Anschließend legte er sich unter den Baum, wie um dessen köstlichen Duft zu genießen. Und kurz darauf war er verschwunden.
»Was ist das für ein Rascheln?«
Auf einmal sauste eine Plastiktüte an uns vorbei. Dewey hatte sich in einer der Tüten verfangen, die wir zum Aufbewahren des Weihnachts schmuckes verwendet hatten. Er raste in die andere Ecke des Raums und kam dann wieder auf uns zu.
»Fang ihn!«
Dewey wich aus und rannte weiter. Die Tüte hing ihm immer noch um den Hals. Kurz darauf flitzte er zurück. Cynthia blockierte die Eingangstür, ich stellte mich vor den Ausgabetisch. Dewey rannte zwischen uns hindurch. An seinen Augen konnte ich erkennen, dass er nicht mehr ganz bei sich war. Er wusste nicht, wie er die Plastiktüte loswerden sollte. Sein einziger Gedanke war: »Ich muss weiterrennen, um das Plastikungeheuer abzuhängen.«
Bald versuchten wir zu viert oder zu fünft, ihn einzufangen, doch er wich uns ständig aus. Es machte es natürlich nicht besser, dass wir dabei alle furchtbar lachen mussten.
»Tut uns leid, Dewey, aber du musst zugeben, dass es lustig aussieht.«
Schließlich trieb ich ihn in eine Ecke. Obwohl er in seiner Panik versuchte, sich aus meinem Griff herauszuwinden, konnte ich ihn von der Tüte befreien. Sofort ging Dewey zu seinem neuen Freund, dem Weihnachtsbaum, und begann, sich unter dessen Ästen ausführlich zu putzen. Das würde zweifellos einen Haarballen geben, aber wenigstens hatten wir wieder etwas dazugelernt: Wir mussten alle Plastiktüten aus Deweys Reichweite entfernen.
Nachdem der Baum aufgestellt und geschmückt war, wurde es Zeit für die Geschenke. Jedes Jahr erhielten die Bibliothekarinnen von dankbaren Lesern kleine Aufmerksamkeiten. Insgesamt kam einiges an Keksen und Pralinen zusammen. Doch unser kleiner Berg von Süßigkeiten war winzig im Vergleich zu Deweys Gebirge aus Bällen, Leckerbissen und Spielzeugmäusen. Es waren einige tolle Katzenspielsachen darunter und sogar Selbstgebasteltes. Doch Deweys neues Lieblingsspielzeug war kein Geschenk, sondern ein Knäuel rotes Garn, das er in einer der Weihnachts schmuckschachteln gefunden hatte.
Rasch wurde das Knäuel zu Deweys ständigem Begleiter. Er kickte es durch die Bibliothek, bis etwas Garn vom Knäuel abgewickelt war. An diesem wurde dann gezerrt und gezogen, bis Deweys ganzer Körper mit Garn umwickelt war. Mehr als einmal wurde ich beinahe von einem Kater über den Haufen gerannt, der mit rotem Garn an den Beinen und dem Knäuel im Schlepptau durch die
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