Mein Freund Dewey, der beruehmteste Kater der Welt
Moderatorin aufgeregt, als Dewey seinen Kopf auf ihre Schulter legte.
Deweys Kopf richtete sich sofort auf. Was hatte sie gesagt?
»Wie kann ich ihn dazu bringen, sich zu entspannen?«
»Streicheln Sie ihn einfach.«
Sie streichelte seinen Rücken. Dewey legte seinen Kopf wieder auf ihre Schulter und schmiegte sich an ihren Hals.
»Er tut es! Er tut es wirklich. Ich spüre, wie er schnurrt.«
Ich hätte ihr am liebsten gesagt: »Natürlich tut er es. Er macht das bei jedem.« Aber warum sollte ich ihr die Freude verderben?
Der Bericht über Dewey wurde ein paar Monate später gesendet und trug den Titel »Eine Geschichte von zwei Katzen«. Die andere Katze war der Kater Tom, der in einer Haushaltswarenhandlung in Conrad, Iowa, lebte. Ebenso wie Dewey war auch Tom in einer der kältesten Nächte des Jahres gefunden worden. Ladenbesitzer Ralph Kibby hatte den durchgefrorenen Streuner zum Tierarzt gebracht.
»Sie gaben ihm Spritzen im Wert von 60 Dollar«, erzählte der Mann in der Sendung, »und sagten, wenn er am nächsten Morgen noch lebt, dann hat er eine Chance.«
Als ich mir den Beitrag im Fernsehen ansah, wurde mir klar, warum sich die Moderatorin so über Deweys Verhalten gefreut hatte: Mindestens dreißig Sekunden lang wurde gezeigt, wie Dewey auf ihrem Arm schnurrte. Tom dagegen hatte nur einmal kurz an ihrem Finger geschnuppert.
Nun war Dewey wirklich berühmt. Pro Woche kamen jetzt drei oder vier Leute, um vor ihren Freunden mit Dewey anzugeben.
»Wir sind hier, weil wir den berühmten Kater sehen wollen«, verkündete ein älterer Mann, der an den Ausgabetisch getreten war.
»Er liegt hinten und schläft. Ich werde ihn holen.«
»Danke«, antwortete er und deutete zu einer jungen Frau hinüber und zu einem kleinen Mädchen, das sich hinter den Beinen der Frau versteckte. »Ich wollte, dass meine Enkelin Lydia ihn kennenlernt. Sie kommt aus Kentucky.«
Als Lydia Dewey sah, lächelte sie und schaute zu ihrem Großvater hoch.
»Geh nur, Kleines. Dewey wird dich schon nicht beißen.«
Vorsichtig streckte das Kind Dewey seine Hand entgegen. Zwei Minuten später lag es neben ihm auf dem Fußboden und streichelte ihn.
»Siehst du?«, sagte der Großvater zur Mutter des Mädchens. »Ich habe dir ja gesagt, dass es sich lohnen würde, zu kommen.«
Später, als die Mutter Dewey zusammen mit ihrer Tochter streichelte, kam der ältere Mann zu mir und meinte: »Vielen Dank, dass Sie Dewey aufgenommen haben.«
Es kam mir vor, als wolle er noch etwas sagen, doch ich glaube, wir beide wussten, dass er schon genug gesagt hatte.
Als sie eine halbe Stunde später gingen, hörte ich die junge Frau zu dem Mann sagen: »Du hattest recht, Dad, es war großartig. Ich wünschte, wir wären früher gekommen.«
»Macht doch nichts, Mami«, schaltete sich das kleine Mädchen ein. »Nächstes Jahr werden wir Dewey wieder besuchen.«
19
Unerwünschter Besuch
A ls Dewey sechs Jahre alt war, wurde die Bibliothek von Spencer modernisiert. Die Karteischränke wurden ausrangiert und Computer hielten Einzug. Viele Leute finden, dass Computer kalt und unpersönlich sind und einen dazu verführen, auf den Bildschirm zu starren und weniger mit anderen Menschen zu kommunizieren. Dewey war da anderer Ansicht. Dewey fand Computer im wahren Sinn des Wortes »warm«. Er saß gerne auf dem Rechner oder dem Monitor und wärmte sich.
Fast ebenso toll waren, zumindest aus Deweys Sicht, die beiden neuen Sensorpfosten an der Eingangstür. Sie piepten, wenn jemand versuchte, die Bibliothek mit Büchern zu verlassen, die nicht ordnungsgemäß ausgeliehen worden waren. Deweys neuer Lieblingsplatz befand sich auf der Innenseite des linken Pfostens (ebenso, wie er nur auf der linken Schulter getragen werden wollte. War Dewey Linkspfoter?). Jeden Tag verbrachte er die erste Stunde der Öffnungszeit neben diesem Pfosten. Um zwei Minuten vor neun fand er sich dort ein, um seine Freunde zu begrüßen. Unter anderen waren das unser Maler Tony, der Dewey immer kraulte, wenn er vorbeischaute, und Deweys Freundin Doris Armstrong, die ihm weiterhin kleine Spielsachen und Leckerbissen schenkte.
Deweys Freundin Crystal zog weg, aber er nahm immer noch an der Vorlesestunde für die Förderschüler teil. Unser Kater baute sogar eine Beziehung zu Mark Carey auf, der den Elektroladen an der Ecke betrieb. Dewey wusste, dass Mark kein Katzenfreund war und es bereitete ihm immer teuflischen Spaß, plötzlich auf den Tisch zu springen, um ihn zu
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