Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein Freund Jossele

Mein Freund Jossele

Titel: Mein Freund Jossele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
Vom Netzwerk:
Weihwasser. Der Schurke hatte in meinem Namen kleine Spenden an das Kloster gelangen lassen und die beiden Mönche zu mir gebeten . . .« Schultheiß verfiel vor meinen Augen. Seine Zähne klapperten.
    »Er hat meinen Schwiegervater denunziert. Eine von mir unterschriebene Anzeige beschuldigte meinen eigenen Schwiegervater, Schweizer Uhren ins Land zu schmuggeln - und was das schlimmste ist; die Anzeige erwies sich als begründet ... Es ist unglaublich, mit welcher satanischen Schläue dieser Schuft zu Werke geht. Zum Beispiel schickte er unserem Abteilungsleiter einen Brief mit meiner Absenderadresse, aber der Brief selbst war an einen meiner Freunde gerichtet und enthielt die Mitteilung, dass unser Abteilungsleiter ein widerwärtiger Halbidiot sei. Es sollte der Eindruck entstehen, als hätte ich irrtümlich die Briefumschläge vertauscht . . . Jede Woche lässt er ein Inserat erscheinen, dass ich für acht Pfund monatlich ein möbliertes Zimmer vermiete. Ohne Ablöse. Oder dass ich dringend eine ungarische Köchin suche . . . Alle zwei Monate sperrt mir die Elektrizitätsgesellschaft das Licht ab, weil er sie verständigt hat, dass ich nach Rumänien auswandere
    . . . Ich werde von der Devisenpolizei überwacht, weil ich angeblich meinen Auslandsbriefen hohe Geldnoten beilege, was streng verboten ist . . . Und meine Frau befindet sich in einer Nervenheilanstalt, seit sie die Nachricht bekam, dass ich in einem übel beleumundeten Haus in Jaffa Selbstmord begangen habe . . .«
    Konvulsivisches Schluchzen schüttelte den vom Leiden ausgemergelten Körper Schultheißens. Die finstersten Gedanken zuckten auch mir durchs Hirn.
    »Vor den Wahlen«, fuhr Schultheiß stöhnend fort, »verschickte er ein Rundschreiben an meine Bekannten, in dem ich erklärte, dass ich für die Partei der Hausbesitzer stimmen würde, die als einzige ein wahrhaft fortschrittliches Programm besäße. Niemand grüßt mich mehr. Meine besten Freunde wenden sich ab, wenn sie mich nur von weitem sehen. Vorige Woche haben mich zwei Militärpolizisten im Morgendämmer aus dem Bett gezerrt, weil ich die Armeeverwaltung verständigt hatte, dass ich infolge meiner Abneigung gegen frühzeitiges Aufstehen an den kommenden Waffenübungen nicht teilzunehmen wünsche . . .«
    So ging es noch eine halbe Stunde weiter, dann wankte er hinaus in die nächtliche Dunkelheit.

    Kaum war er draußen, stürzte ich zum Telefon: »Jossele«, sagte ich mit leisem Vorwurf in der Stimme, »übertreibst du nicht langsam ein bisschen?«

Falscher Alarm
    Als ich an unserem Stammcafé vorbeikam, saß Jossele dort und las die Zeitung - eine für Jossele höchst ungewöhnliche Beschäftigung. Er sah denn auch sehr mitgenommen aus, und seine Finger trommelten nervös auf der Tischplatte. »Geld?« fragte ich. »Zögernde junge Dame? Oder was?«
    »Frieden.«
    »Wie bitte?«
    »Der Friede. Du hast mich doch gefragt, was mir Sorgen macht. Ich sage es dir. Der Friede.«
    Ich zahlte den Kaffee für ihn, und wir gingen die strahlend beleuchtete Dizengoff-Straße hinunter.
    Es war ein wunderschöner Abend. Die Leute kamen gerade aus der letzten Kinovorstellung, und ringsum wimmelte es von hüftenschwenkenden Mädchen.
    »Sehen wir den Dingen ins Auge«, sagte Jossele. »Ich bin ein Nichtsnutz. Ein Taugenichts. Ein Halbstarker. Ein Bezprizorny. Ein Beatnik<.
    »Das genügt.«
    »Aber ich bin kein Opportunist, der sein Mäntelchen nach dem Winde hängt. Ich bin wenigstens ein konsequenter Taugenichts. Seit ich zu denken begann, wusste ich mit absoluter Sicherheit, dass es im Leben keine absolute Sicherheit gibt. Das war ein wunderbares Gefühl. Unsere Großväter mussten sich ununterbrochen um die Familie sorgen und um ihr eigenes Alter und ob die Pension ausreichen würde und lauter so dummes Zeug Wir hingegen sind frei wie die Vögel. Du fragst mich, was in dreißig Jahren sein wird? Ich pfeif' drauf. Es interessiert mich nicht einmal, was nächste Woche sein wird.« -
    Unser Freund Gyuri rannte vorbei.
    »Nach dem Theater bei Putzi!« rief er zu Jossele herüber. »Bring mindestens eine Flasche und mindestens ein Mädchen!« »Leider!« rief Jossele zurück. »Ich muss morgen um halb elf aufstehen.«
    »Bleib liegen!« klang Gyuris Stimme ihm nach.
    »Ich kann dort nicht hingehen, weil ich schon zu einer anderen Party eingeladen bin«, erklärte mir Jossele. »Wenn man zur verlorenen Generation gehört, gehört man sozusagen einer Weltorganisation an. Früher einmal hat man sich

Weitere Kostenlose Bücher