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Mein Freund Jossele

Mein Freund Jossele

Titel: Mein Freund Jossele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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gefragt, wie das alles enden wird. Wir Angehörigen der verlorenen Generation wissen es: mit einem großen Knall und einer pilzförmigen Rauchwolke, wenn die Atombombe fällt . . .«
    »Und wenn sie nicht fällt?«
    »Das wäre ein Pech. Aber vorläufig darf man noch hoffen. Ohne diese Hoffnung wäre das Leben nicht mehr lebenswert. Wenn ich erst einmal anfangen muss, mir den Kopf darüber zu zerbrechen, was ich morgen oder gar übermorgen machen soll, oder wenn ich mir vorstellen müsste, als zahnloser Greis mein Ende abzuwarten, dann werde ich verrückt. Das alles ist vollkommen überflüssig. Früher war das anders. Früher musste man seiner Angebeteten etwas von Kindersegen ins Ohr flüstern und musste ihr ein sicheres Heim und Wärme und Geborgenheit versprechen, damit man etwas bei ihr erreichte. Heute sagt man ganz einfach: >Was soll ich dir viel von morgen erzählen, wo wir doch gar nicht wissen, ob wir den morgigen Tag überhaupt erleben werden?< Und damit ist die Sache geregelt.«
    Ein Taxichauffeur hupte wild, weil wir bei rotem Licht die Straße überquerten.
    »Hast du keine Augen im Kopf, du Idiot?« brüllte Jossele ihn an. »Siehst du nicht, dass du fahren kannst? Wir gehen ja bei rotem Licht!«
    Dem Chauffeur blieb der Mund offen. Verwirrt murmelte er etwas von Vorschriften und Gesetzen.
    Jossele langte mit der Hand nach seinem Kopf und zerraufte ihm das Haar.
    »Vorschrift?« sagte er. »Gesetz? Mann, nächstes Jahr hat Pakistan die Atombombe. Gesetze, sagt er! Fahr ab!«
    Plötzlich blieb Jossele stehen. Seine Stirn verfinsterte sich:
    »Gestern Nacht - oder vormittag - also kurz und gut: während meiner Schlafenszeit riss es mich plötzlich hoch, und ein fürchterlicher Gedanke zuckte mir durch den Kopf: was geschieht, wenn sie plötzlich Frieden machen und alle Atombomben vernichten? Dann stehe ich, ein einsamer Jossele, mitten auf der Dizengoff- Straße, ohne Geld, nur mit einer Zukunft vor mir . . . Es ist ein entsetzlicher Alptraum.«
    »Nun, nun. So schlimm wird's schon nicht sein.« »Halt's Maul«, fauchte Jossele. »Die sind imstande und ziehen mir den Boden unter den Füßen weg. Mit einemmal werde ich im praktischen Leben stehen und einen bürgerlichen Beruf ergreifen müssen. Womöglich werde ich Kinder kriegen und einen Bauch und meine kärglichen Ersparnisse mit 3 3/4 Prozent Zinsen anlegen. In den öffentlichen Verkehrsmitteln wird plötzlich Disziplin herrschen. Die jungen Leute werden aufstehen und ihre Sitze den älteren anbieten. Sie werden Bücher lesen und bei Nacht schlafen. Ihre Kleider werden gebügelt und gepflegt sein, und von den Mädchen wird man nichts mehr haben können.
    Grauenhaft. Wirklich grauenhaft.« Es schauderte Jossele, und er stieß mit dem Fuß einen Abfallkübel um, so dass der Inhalt sich aufs Straßenpflaster ergoss.
    »Es ist leicht für ein paar Schwachköpfe, von Abrüstung zu reden«, sagte er. »Aber wer übernimmt die Verantwortung für die Folgen?«

Sulzbaum ist erledigt
    Wir sitzen in meiner Wohnung, Jossele und ich, summen die befreite Nationalhymne von Ruanda-Urundi vor uns hin, ohne Text, und langweilen uns. Plötzlich geht das Telefon, und irgendein Kerl will mit der Viehmarktzentrale Nord sprechen. Ich sage, »Falsch verbunden«, und lege auf. Ein paar Sekunden später geht das Telefon, und es ist schon wieder der Kerl, der mit der Viehmarktzentrale Nord sprechen will. Ich lasse ihn abermals, und diesmal schon etwas schärfer, wissen, dass ich keine Viehmarktzentrale bin, und wenn er noch einmal -
    »Warte«, flüsterte Jossele und nimmt mir den Hörer ab. »Hier Viehmarktzentrale Nord«, sagt er in die Muschel.
    »Endlich!« Der Anrufer atmet hörbar auf. »Bitte, Herrn Sulzbaum.«
    »Sulzbaum arbeitet nicht mehr bei uns.«
    »Wieso? Was ist passiert?«
    »Man hat seine Machenschaften aufgedeckt.«
    »Was Sie nicht sagen!«
    »Er war fällig. Oder haben Sie geglaubt, es würde ewig so weitergehen?«
    »Natürlich nicht!« Die Stimme des andern klang freudig bewegt. »Ich habe es schon längst kommen gesehen.«
    »Eben. Er hat das Ding überdreht. Und das muss er jetzt büßen, mitsamt seinen Komplizen.«
    »Was? Auch Slutzky?«
    »Ein Jahr Gefängnis.«
    »Recht geschieht ihm. Wer übernimmt seinen Posten?«
    »Heskel.«
    »Kenn' ich nicht.«
    »Der kleine Dicke mit der Knollennase.«
    »Der? Sie glauben, der ist besser als Slutzky? Alles dieselbe Bande.«
    »Als ob ich's nicht wüsste«, seufzte Jossele. »Über diesen Punkt mache ich mir

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