Mein Freund Tutenchamun, Band 2: Grabräuber (German Edition)
aber die Zeichnung auf der glatten Oberfläche war so einzigartig, dass man sie einfach nicht verwechseln konnte. Ein Ankh!, durchfuhr es Herkos.
Er hob den schimmernden Stein zusammen mit einer Brosche aus Bronze und ein paar orangefarbenen Edelsteinen sowie einem Amulett, das mit einem Zauberspruch versehen war, vom Boden auf.
„Heh, ich habe dir doch gesagt – nichts anfassen! Es reicht schon, was du hier angerichtet hast!“
„Verzeih, Herr! Aber ich wollte wirklich nur helfen!“
„Darauf kann ich gerne verzichten!“
Herkos legte alles auf den Tisch. Nur den Karneol-Edelstein mit den weißen Schlieren, die wie ein Ankh-Zeichen aussahen, hielt er fest. Er ließ ihn zuerst in seiner Faust verschwinden.
Enchkare sah ihm misstrauisch zu. Aber dann lenkte der schrille Ruf einer Frau von der anderen Seite des Hafenbeckens ihn für einen Moment ab und er sah zur Seite. Da ließ Herkos den Stein hinter seinem Gürtel verschwinden. Anschließend zeigte er seine Handflächen, um Enchkare zu bedeuten, dass er wirklich nichts gestohlen hatte.
Ein weiterer Ruf, diesmal von einer männlichen Stimme war nun zu hören, dazu ein aufkommendes Stimmengewirr. Irgendwas fiel um und ging zu Bruch und in all das mischte sich ein Hundebellen.
Offensichtlich waren Tjesem und die Katze noch immer auf ihrer Verfolgungsjagd und stifteten jetzt woanders Unruhe und Chaos.
Herkos machte sich so schnell es ging aus dem Staub. Als er sich von Enchkares Stand genügend entfernt hatte, nahm er noch einmal den Karneol-Edelstein hervor, hielt ihn ins Licht, sodass er funkelte und sah sich die Form der weißen Schlieren noch einmal an. Das zwei Steine genau gleich aussahen, gab es nicht, dachte er. Dies war ohne Zweifel der Stein, der am Vorabend zusammen mit Ahmoses Mumie zu Grabe getragen worden war und den toten Wesir von Abydos in Osiris Reich begleiten sollte.
Herkos suchte den gesamten Bereich um das Hafenbecken ab, um Tjesem wieder zu finden. Aber er blieb dabei erfolglos. Mochte Thot, der Gott des Wissens und des Schreibens ahnen, wohin Tjesem der Katze gefolgt sein mochte!
Schließlich begab sich Herkos auf den Rückweg.
Zu seiner Überraschung traf er Tjesem in der Nähe des Palasttores wieder.
Als der Hund den Jungen bemerkte, erhob er sich und bellte.
Offenbar hatte er die Verfolgung der Katze aufgegeben und nun wartete er hier.
Später suchte Herkos Tutenchamun in seinem Gemach auf. Der Pharao hatte ihm gestattet, ihn jederzeit aufsuchen zu können und seine Wächter und Beamten waren dazu angewiesen worden, ihn in jedem Fall vorzulassen.
Anchesenamun war bei ihm. Sie spielten ein Brettspiel, aber als Herkos eintrat, war die Aufmerksamkeit der königlichen Geschwister sofort auf den Jungen aus Kreta gerichtet.
Im Hintergrund spielte ein Flötenspieler.
Zwei bewaffnete Wächter standen an der Tür.
Der Pharao schickte den Flötenspieler jedoch zusammen mit den Wächtern aus dem Raum, denn er wollte Herkos allein sprechen.
Der junge Prinz aus Kreta setzte sich zu ihm. Tjesem legte sich zu seinen Füßen.
„Ich habe inzwischen viel gehört, was mich beunruhigt“, sagte Tutenchamun. „Haremhab versucht, herauszufinden, wer dieser falsche Lotse war und wer ihn wohl ausgesandt hat.“
„Ich habe mich bereits am Hafen deswegen umgehört“, erklärte Herkos. „Allerdings scheint er dort unbekannt zu sein. Abgesehen davon erzählt man sich, das Ahmose nach dem Genuss eines Mahls starb...“
„So hat man mir auch berichtet. Er scheint es nicht vertragen zu haben.“
„Oder man hat ihn vergiftet“, meinte Herkos.
Tutenchamun zuckte mit den Schultern. „Haremhab spricht heute mit dem Arzt, der den Wesir Ahmose seit vielen Jahren immer wieder behandelt und ihm auch nach dem Mahl zu helfen versucht hat. Er glaubt nicht, dass es Gift war, sondern dass Ahmose an einer Krankheit der Gedärme starb, die er schon länger in sich trug und gegen die er auch Medizin erhielt.“
„Und wenn Ahmose doch vergiftet worden wäre, so würden wir das jetzt wohl auch kaum noch herausbekommen können – es sei denn Ahmose spricht im Jenseits mit den Westlichen darüber, und verrät, wer das wohl getan haben könnte“, erwiderte Anchesenamun. Sie zuckte mit den Schultern. „Manchmal gelangen solche Botschaften ja sogar bis zu den
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