Mein Freund Tutenchamun, Band 2: Grabräuber (German Edition)
wohl nicht mehr eingeholt hätte.
Der Windhund bellte ihm hinterher.
„Still!“, schalt ihn Herkos.
Aber Tutenchamun war da ganz gelassen. „Die Wächter werden so etwas öfter hören!“
„Die Grabstätten scheinen nicht sehr gut bewacht zu werden!“, flüsterte Herkos. „Viele Wächter habe ich jedenfalls nicht gesehen!“
„Ja, das hat mich auch gewundert“, stellte Tutenchamun fest. „Ich werde den neuen Wesir mal danach fragen. Schließlich wäre er dafür zuständig, für eine ausreichende Bewachung zu sorgen.“ Der verkleidete Pharao zuckte mit den Schultern. „Vielleicht liegt es ja daran, dass hier in der Totenstadt Abydos einfach zu viel Gräber bewacht werden müssten und es dafür nicht genug Wächter gibt...“
Sie erreichten das unterirdisch angelegte Grab. Ein paar Stufen ging es in die Tiefe. Der Eingang war noch nicht endgültig verschlossen.
„Zum Glück ist das Grab noch nicht zugemauert worden!“, meinte Tutenchamun. „Allerdings hätte auch das eigentlich schon geschehen müssen. Zumindest ist das bei uns in Memphis so... Alles andere ist schließlich nur eine Einladung an Grabräuber!“ Der junge Pharao deutete auf die Steintür. „Wenn man an der richtigen Stelle drückt, kann man sie leicht öffnen, aber du wirst verstehen, dass ich mich dabei etwas zurückhalte...“
„Wie es dem Pharao gebührt!“
„Nein, um mein Knochenleiden nicht zu verschlimmern. Im Moment bin ich kein Pharao, sondern nur ein Junge, der einem Geheimnis auf der Spur ist.“
Nein, dachte Herkos. Das magst du vielleicht wünschen, aber in Wahrheit bist du mit Leib und Seele Pharao und wirst das auch nie ablegen können. Nicht einmal einen Herzschlag lang.
Die Steintür ließ sich überraschend leicht öffnen, als Herkos sich mit seinem ganzen Gewicht dagegen lehnte. Eine Hebelmechanik sorgte dafür.
Innen war es vollkommen dunkel.
„Wir hätten eine Fackel mitnehmen sollen!“, meinte Herkos.
„Nein, an den Wänden der Grabkammer sind doch Fackeln genug, die Ahmose im Jenseits leuchten sollen!“, erinnerte ihn Tutenchamun. „Wir müssen uns eben bis zu einer davon vorantasten.“
„Na, großartig!“
Herkos ging voran. Tjesem zögerte zuerst. Ihm war das dunkle Grab offenbar nicht so recht geheuer.
Herkos streckte die Arme aus und tastete sich an der Wand entlang. Der Pharao wartete am Eingang. Es dauerte nicht lange, bis er die erste Fackel gefunden hatte. Er hob sie aus ihrer Halterung an der Wand und kehrte damit zurück.
Mit Hilfe von Feuerstein und Zunder entflammte Herkos schließlich die Fackel. Tutenchamuns Beitrag beschränkte sich darauf, die Fackel zu halten. Er wusste zwar ganz genau, wie man Feuer entfachte und nervte Herkos mit guten Ratschlägen – aber es war offensichtlich, dass der junge Pharao so etwas noch nie selbstständig gemacht hatte. Aber das war auch nicht verwunderlich. Immerhin war das Entzünden von Fackeln und Laternen sonst die Aufgabe von Dienern.
Immerhin hatte Tutenchamun daran gedacht, auch etwas Werg mitzunehmen. Das war ein Gewirr aus Pflanzenfasern, vornehmlich zerkleinertes Papyrus oder Hanf. In Pech getränkt dichtete man damit Schiffe ab – aber im Normalzustand ließ es sich leicht entzünden, sobald der Zunderpilz erstmal brannte. Weißer Rauch stieg von dem brennenden Knäuel aus Pflanzenfasern auf, als Herkos damit die Fackeln zum Brennen brachte.
„Na endlich“, meinte der Pharao. „Zu dumm, dass wir keinen meiner Diener mitnehmen konnten!“
Als sie dann ins Innere des Grabes vordrangen, war es Herkos' Aufgabe die Fackel zu halten. Der schimmernde Schein erfüllte das Gewölbe. An den Wänden waren Hieroglyphen und Bilder zu sehen, die vom Leben und den Taten des Wesirs Ahmose berichteten.
Tutenchamun deutete auf eines der Bilder und sagte: „Sieh nur, da ist mein Halbbruder Semenchkare, der vor mir Pharao gewesen ist, aber sehr schnell starb... Er war nur drei Jahre im Amt und man weiß bis heute nicht, ob er möglicherweise ermordet wurde. Ein besonderer Grund für mich, vorsichtig zu sein.“
„Aber – ich dachte Ahmose wäre eine halbe Ewigkeit hier in Abydos Wesir gewesen!“, entfuhr es Herkos. „Wie ist es dann möglich, dass Semenchkare ihn zum Wesir gemacht hat! Das müsste doch...“
Tutenchamun lachte. „Du hast Recht! Das müsste eigentlich mein Vater gewesen sein! Aber dessen Name und seine Bilder sind überall entfernt worden, weil er den Glauben an Aton als alleinige Religion
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