Mein Freund Tutenchamun, Band 2: Grabräuber (German Edition)
Lebenden.“
„Und wie?“, fragte Herkos.
Anchesenamun hob die Augenbrauen und lächelte etwas hochmütig. „Durch Träume natürlich!“ Sie beugte sich etwas vor und fuhr nach einer kurzen Pause fort: „Wenn einer von uns in letzter Zeit also einen seltsame Traum hatte, sollte er das sagen, denn er könnte eine Botschaft enthalten.“
Herkos fiel sofort der Traum von der Schlange ein, die Tjesem aufgefressen hatte. Für die Ägypter hatten Träume eine große Bedeutung. Sie glaubten, dass sie die Zukunft zeigten oder Botschaften aus der Geisterwelt enthielten. Herkos war sich da nicht so sicher. Aber immerhin war er durch den Traum aufgewacht und hatte bemerkt, dass Tjesem verschwunden war.
Aber dass dieser Traum etwas mit dem Tod des Ahmose zu tun hatte, nahm er nicht an. Darum behielt er ihn auch für sich. Stattdessen holte er den Karneol mit dem Ankh-Zeichen hervor. „Dieser Stein war auf die Mumie des Ahmose gelegt worden und er müsste jetzt eigentlich in seinem Grab sein – aber ich fand den Stein heute bei einem Händler am Hafen! Und ganz ehrlich! Die Amulette, Möbel und manche der Krüge, die er anbot, kamen mir ebenfalls bekannt vor!“
„Ahmose ist gestern erst zu Grabe getragen worden!“, wandte Tutenchamun ein. „Und du meinst, dass bereits jetzt Grabräuber die Höhle geöffnet und alles an sich genommen haben?“
„Wüsstest du eine andere Erklärung?“, fragte Herkos.
Tutenchamun nahm den Karneol und schaute ihn sich genau an. „Ich habe nicht so sehr auf die Grabbeigabe und Edelsteine geachtet, dass ich jetzt mit Sicherheit bestätigen könnte, dass dies wirklich eines der Stücke ist, die eigentlich Ahmose auf seiner Reise zu den Westlichen begleiten sollten.“
„Aber ich!“, erklärte Herkos im Brustton der Überzeugung. „Der Stein ist mir sofort aufgefallen...“
„Die Schlieren sehen aus wie ein Ankh.“
„Du sagst es, Tut! So etwas gibt es nicht ein zweites Mal!“
„Wissen wir, was den Göttern gefällt?“ Er zuckte die Schultern. „Eine ganz andere Frage: Wie kommt dieser Stein eigentlich genau in deinen Besitz?“
„Nun, ich denke, dass es nichts Unrechtes ist, einen Dieb zu bestehlen“, sagte Herkos. „Und falls es sich als ein falscher Verdacht herausstellen sollte, werde ich dafür sorgen, dass Enchkare den Stein zurückerhält.“
Tutenchamun lächelte. „Ich verstehe...“
„Du könntest anordnen, dass die Grabkammer des Ahmose noch einmal geöffnet wird!“, meinte Anchesenamun. „Dem könnte niemand widersprechen! Und dann würde sich ja herausstellen, ob Herkos' Verdacht der Wahrheit entspricht!“
„Nein!“, widersprach Tutenchamun. „Es darf niemand davon erfahren. Das würde nur Aufsehen erregen und die warnen, die damit zu tun haben.“
„So hast du eine andere Idee?“, fragte Herkos.
„Durchaus!“, meinte der Pharao. „Wenn ich mit dieser Angelegenheit zu Haremhab gehe, wird er mir raten, alles dem neuen Wesir Chep-meket zu überlassen! Aber ich glaube, dass ich die Sache selbst in die Hand nehmen muss.“
Unterdessen hielt Anchesenamun Tjesem ihre Hand entgegen. Der Windhund erhob sich und kam zögernd etwas näher, bevor er sich er erneut auf dem Boden niederließ. „Nur Mut, ich tu dir ja nichts, Tjesem!“, meinte die Prinzessin. Aber Tjesem hielt einen gehörigen Abstand zu ihr. „Scheint als würde er nach wie vor einen Prinzen aus Kreta einer Prinzessin der beiden Länder vorziehen!“, stellte Anchesenamun schließlich fest. Dann wandte sie sich an ihren Bruder: „Ich ahne, was dein Plan ist, Tut! Und ich kann dir nur sagen: Ich bin dagegen! Es ist viel zu gefährlich!“
Tutenchamun lächelte. „Mir ist nach einem Abenteuer, Anchi!“
Es war bereits weit nach Mitternacht, als Herkos erwachte. Er hatte ohnehin nur ganz leicht geschlafen und war daher sofort aufgewacht, als die dunkle Gestalt sein Gemach betrat.
Das Licht des Mondes fiel durch das offene Fenster und erhellte die Gestalt etwas.
Herkos erkannte das Gesicht des Pharaos – und Tjesem ging es offenbar genauso, denn er hob nur den Kopf und schien überhaupt nicht beunruhigt zu sein.
Tutenchamun hatte sich ein einfaches Tuch um die Schultern geschlungen. Außerdem hatte er alles abgelegt, was ihn als Herrscher oder auch nur als Angehörigen des hohen Adels hätte erkennbar werden lassen. Kein Schmuck zierte seinen Körper, keine Ringe seine Hände und der Kopf wurde von einer Perücke bedeckt.
„Na, wie sehe ich aus? Wie ein
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