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Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Titel: Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenna Miscavige Hill , Lisa Pulitzer
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reine Fiktion.
    Bei diesen Überlegungen musste ich unwillkürlich auch an all die öffentlichen Scientologen denken, denen ich während unserer Spendenmission in Australien begegnet war. Wie viel Zeit und Geld mussten diese Menschen investieren, um den OT -Level III zu erreichen. Ich versuchte, mich in ihre Lage zu versetzen. Wie würden sie auf diese lang ersehnten Wahrheiten reagieren, würde ihre Skepsis von diesen Eröffnungen geweckt werden, und vor allem, wie schwer würde es ihnen fallen, diese Skepsis dann auch anzuerkennen, wenn sie doch einen derart großen Teil ihres Lebens dem Erreichen dieser Stufe gewidmet hatten? Ein öffentlicher Scientologe hätte zu diesem Zeitpunkt bereits Tausende von Stunden und etwa einhunderttausend Dollar investiert, um den OT -Level III zu erlangen. Finanziell und von ihrem gesellschaftlichen Umfeld her wäre diese Person dadurch schon tief involviert. Sie hätte all ihre Freunde und Verwandten mit Scientology bekannt gemacht und für ihren Aufstieg bei anderen Anhängern eine Menge Achtung eingeheimst. Wie sollte man da die neuen Offenbarungen nicht anerkennen?
    Und wie musste die Reaktion erst bei Sea Org-Mitgliedern wie meinen Eltern und Großeltern ausfallen, die für diesen Level nicht nur Geld, sondern Jahre und Jahrzehnte ihres Lebens geopfert hatten?
    Angetrieben durch solche Überlegungen, aber auch durch unsere eigene Neugier begannen Dallas und ich, uns dafür zu interessieren, wie Leute außerhalb der Church zu Scientology standen. Dallas las das Buch Bare-Faced Messiah: The True Story of L. Ron Hubbard des britischen Journalisten Russell Miller und war von der Lektüre stark beeindruckt. Auch ich las es auszugsweise und fing an zu begreifen, was für ein Schwindler LRH gewesen war. Selbst wenn nur die Hälfte des Geschriebenen stimmte, hatte er über nahezu jede seiner Leistungen gelogen. Gewundert hatte es mich auch schon früher, wie er all diese Dinge getan haben sollte, die er schilderte, aber nun verstand ich, dass es vermutlich nie der Fall gewesen war. Für Dallas wie für mich entlarvte dieses Buch den Scientology-Begründer als einen machthungrigen, egomanischen, übergeschnappten und charismatischen Lügner. Es zwang mich dazu, meine Gedanken und Gefühle gegenüber Scientology auf den Prüfstand zu stellen. War ich mit den Grundlagen und der Lehre wirklich noch einverstanden? Hatte ich jemals einen Beweis für die Wirkung ihrer Kräfte erlebt?
    Nach und nach begann ich alles zu hinterfragen, was man mir jemals beigebracht hatte. So war ich stets überzeugt davon gewesen, ein Thetan zu sein und eines Tages die Fähigkeit zu besitzen, meinen Körper abzustreifen. Da es mir nie passiert war, hatte ich dafür keinen Beleg. Ich hatte auch meine Zweifel, was die Millionen von Jahren an vergangenen Leben betraf, und fragte mich, ob die Erinnerungsbruchstücke an diese Leben nicht allein meinem Unterbewusstsein geschuldet waren statt tatsächlichen Erlebnissen. Ich grübelte darüber, ob Organisationsmethoden von Scientology, etwa die Anfertigung von Wissensberichten, wirklich von Nutzen waren. Wir verwendeten diese Methoden im Juweliergeschäft, und ich war von ihrer Effektivität inzwischen nicht mehr überzeugt. Meiner Ansicht nach förderte diese Big Brother-Strategie der Personalüberwachung nicht die Produktivität, sondern nur den Verfolgungswahn und die Spannungen untereinander.
    Meine stärksten Bedenken bei Scientology hingen mit den Overts zusammen. Da ich in der Kirche aufgewachsen war, hatte ich nie wirklich begriffen, wie wichtig und schützenswert die eigene Individualität ist. Sobald man einen eigenständigen Gedanken äußerte oder eine Meinung, die nicht der Scientology-Lehre entsprach, wurde man eines Overt oder eines falsch verstandenen Worts bezichtigt. Jetzt wurde mir klar, dass sie damit nur vermieden, auf irgendeiner Stufe angegriffen zu werden. Es handelte sich um eine vollkommene Unterdrückung des eigenen Denkens, nichts weiter.
    Mittlerweile reagierte ich total genervt, wenn ich nach so vielen Monaten selbst bei irgendwelchen völlig nebensächlichen Dingen noch immer ihren Einfluss spürte. Auf MySpace wurde ich gedrängt, SP s wie Marc und Claire Headley oder Teddy Blackman die Freundschaft zu kündigen. Claire war schon immer eine enge Freundin gewesen, mit der ich gern in Verbindung bleiben wollte. Also weigerte ich mich nicht nur, jemanden von ihnen auszugrenzen, ich postete sogar ausdrücklich, dass ich es niemals tun

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