Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)
Menschen, die in Berührung mit Scientology gekommen waren, ehemalige Mitglieder anderer Sekten und ganz normale Leute. Es war ebenso verblüffend wie aufschlussreich, von so vielen Menschen ganz ähnliche Geschichten zu hören.
Hier ging es nicht um ein paar vereinzelte Vorfälle, wie die Church gerne glauben machen wollte, diese Dinge geschahen vielmehr systematisch, waren weit verbreitet, und die Welt musste von ihnen erfahren.
KAPITEL 33
Ins Licht der Öffentlichkeit
Die Reaktionen auf meinen Brief an Karin Pouw lösten in mir den Wunsch aus, mich für die Opfer der Church einzusetzen. In den folgenden Monaten äußerte ich meine Meinung offen in den Medien und beteiligte mich an meinem ersten organisierten Protest gegen die Church. Auslöser war ursprünglich ein Video von Tom Cruise, das sich im Internet rasend schnell verbreitete. Darin sprach er im reinsten Scientology-Stil über LRH s berühmtes Keep Scientology Working und gab absurde Dinge von sich, beispielsweise, dass verletzte Unfallopfer nur von einem Scientologen, der zufällig vorbeikam, wirkliche Hilfe erwarten könnten. Immer wieder unterbrach er seine selbstgefälligen Kommentare mit irrwitzigem Gelächter und krönte alles mit einem albernen Salutieren für meinen Onkel. Wo ich auch hinkam, redeten die Menschen darüber.
Die Church bemühte sich auch hier sofort um Schadensbegrenzung und versuchte, das Video aus dem Internet zu nehmen, indem sie den Eigentümern der Websites bedrohlich klingende Abmahnungen zukommen ließ. Mit Hilfe von Urheberrechtsgesetzen juristisch gegen Kritiker vorzugehen, war eine beliebte Taktik der Church. Diesmal jedoch hatten sie damit keinen Erfolg.
Am 21. Januar, kurz nach Veröffentlichung des Videos, stellte eine Gruppe von Netzaktivisten, die Anonymous, eine Videobotschaft auf YouTube, in der sie ankündigten, die Church für ihre Zensurpolitik »aus dem Internet zu verbannen«, was sie dann auch taten. Es gelang ihnen, die Server der Church drei Tage lang außer Gefecht zu setzen. Fast zeitgleich begann Anonymous, über die Fragen der Internetzensur hinaus gegen die Scientology vorzugehen und deren Verletzung von Menschenrechten ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen.
Ich kann kaum in Worte fassen, wie wichtig diese Entwicklung für mich war. Bis dahin hatte ich das Gefühl gehabt, ich und ein paar andere würden mit dem Rücken zur Wand gegen die Church kämpfen. Ständig erzählten mir die Leute, ich wäre verrückt, im Irrtum und unterdrückerisch. Zu erleben, wie hier eine Gruppe von Menschen sich aufmachte, all jenen, die Unrecht erfahren hatten, zur Seite zu stehen, bildete für mich ein wundervolles Zeugnis für gelebte Nächstenliebe. Die meisten dieser Leute waren zuvor gar nicht persönlich mit Scientology in Berührung gekommen. Und im Unterschied zur Presse hatte diese Gruppe auch keine Angst vor dem, was sie sagte, oder davor, von ihr verklagt zu werden. Auf einmal fühlte es sich an, als stünde eine ganze Armee auf unserer Seite.
Für den 10. Februar 2008 organisierte Anonymous einen weltweiten Protest. Es sollte der erste von vielen sein. Da sie wussten, wie hartnäckig die Church ihre Kritiker verfolgte, verbargen die Mitglieder der Gruppe ihre Gesichter hinter Guy-Fawkes-Masken, als sie überall auf der Welt vor Scientology-Zentren demonstrierten. Sie verschafften dem Thema eine immense Aufmerksamkeit und machten der Church schwer zu schaffen.
In der Zwischenzeit meldeten sich viele ehemalige Scientologen öffentlich zu Wort, die bislang lieber unerkannt geblieben waren, darunter auch Marc und Claire Headley. Wie sich nun herausstellte, war Marc selbst der Blogger, der unter dem Decknamen Blown for Good Artikel veröffentlicht hatte.
Angeregt durch die vielen Aktivitäten in unserem Umfeld, begannen Dallas und ich uns mit der Idee einer eigenen Website zu beschäftigen, auf der wir eine Art Informationszentrum und eine Plattform für ausgetretene Kirchenmitglieder anbieten wollten. Etwa zu dieser Zeit nahm die ehemalige Scientologin Kendra Wiseman mit mir Verbindung auf. Ihr Vater war Präsident von Scientologys Citizens Commission on Human Rights , der Kommission für Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte, einer gegen Psychiater und Psychologen gerichteten Überwachungsgruppe. Kendra hatte selbst schlechte Erfahrungen mit der Church gemacht und wollte unter dem Namen exscientologykids.com eine Website starten. Wie sie mir erzählte, hatte sie bereits mit Astra
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