Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)
große Unterstützung dann aber beruhigend, und die Freude über den Erfolg überwog. Trotz der glühend heißen Temperaturen an diesem Tag waren mindestens zweihundert Demonstranten erschienen. Viele trugen Masken. Wir begannen, vor dem Blue Building in der Fountain Avenue auf- und abzumarschieren. Zahlreiche Ex-Scientologen beteiligten sich, von denen viele schon hervorragende Aufklärungsarbeit geleistet hatten.
Auch die Headleys nahmen an diesem Tag an den Protesten teil. Wir begannen an der PAC , wo die Church ihre Zugangsstraße, den L. Ron Hubbard Way, von Sicherheitspersonal absperren ließ. Also demonstrierten wir stattdessen auf dem Sunset Boulevard, wo die Vorbeifahrenden uns hupend ihre Solidarität bekundeten. Einige der Demonstranten hatten Megafone dabei, durch die sie ihre Kritik an Scientology hörbar machten. Nachrichtensender schickten ihre Wagen, und wir lieferten ihnen bereitwillig O-Töne.
Für mich besonders verblüffend war es, Mark Bunker und Tory Christman unter den Demonstranten zu erkennen, die ich noch von Protestveranstaltungen vor der Flag Base in Clearwater kannte. Sie hatten der Lisa McPherson-Stiftung angehört und regelmäßig vor der Base Mahnwache gehalten. Ich erinnerte mich noch an die Briefings, in denen man uns erklärte, wie diese Leute gehandhabt werden sollten. Es war verstörend, sich das jetzt noch einmal vorzustellen. Und trotz aller Widerstände waren sie hier und protestierten noch immer gegen die Church.
Die Demonstration wurde ein großer Erfolg und ein ermutigendes Erlebnis. Ich war Anonymous ungeheuer dankbar dafür, sie organisiert zu haben. Viele von ihnen hatten die Schrecken der Church gar nicht am eigenen Leib erfahren, umso beeindruckender war es, dass sie sich hier für Menschen engagierten, die sie überhaupt nicht kannten. Lange Zeit hatte ich geglaubt, die Einzige zu sein, die es nicht richtig fand, wie die Menschen in der Sea Org behandelt wurden. Jetzt hatte ich das Gefühl, Heerscharen von Gleichgesinnten um mich zu wissen.
Abends auf unserer Heimfahrt bemerkten Dallas und ich wieder, dass wir verfolgt wurden. Diesmal sogar von zwei Wagen. Ich rief am nächsten Tag bei der OSA an, um mit Tommy Davis zu sprechen, aber natürlich war er wieder nicht erreichbar und rief auch nie zurück.
Einige Stunden später meldeten sich dann die Eltern von Dallas und wollten gerne mit ihm allein sprechen. Er fuhr zu ihrem Haus, wo er erfuhr, dass sie gerade von einem Treffen mit einigen Kirchenvertretern kamen. Ihnen waren Fotos gezeigt worden, auf denen wir Protestplakate in die Luft hielten, außerdem hatte man ihnen mitgeteilt, wir würden uns mit Leuten von Anonymous abgeben, einer Organisation, die sie als verbrecherisch bezeichneten. Wie sich herausstellte, hatten die Eltern von Dallas sich wiederholt mit Kirchenvertretern getroffen, die sie davon überzeugen wollten, dass Dallas und ich schlechte Menschen waren. Dabei gingen sie sogar so weit zu behaupten, Dallas habe mich nur geheiratet, weil er selbst es auf die Position meines Onkels in der Church abgesehen hatte. Wegen dieser geheimen Treffen kam es zu Spannungen und Streit zwischen Dallas und mir und seinen Eltern, aber wir wussten, dass wir das Richtige taten. Es ging hier nicht allein um seine Familie, es waren Dutzende Familien betroffen, denen wir helfen würden.
Etwa eine Woche später meldete sich die Mutter von Dallas erneut. Die Church hatte ihr mitgeteilt, dass ABC das Nightline -Interview jetzt senden wolle, und sie gebeten, einen Brief an die Sendeleitung zu schreiben, in dem sie ABC auffordere, auf die Ausstrahlung zu verzichten. Sie solle schreiben, Dallas und ich seien Lügner. Ihr Mann und ihr Sohn wären ebenfalls um derartige Schreiben gebeten worden. Sie hatte geantwortet, dass sie nicht in die Sache hineingezogen werden wolle. Bis heute weiß ich nicht, ob einer von ihnen dem Wunsch der Church entsprochen und Briefe gegen uns verfasst hat.
Am Ende wurde das Nightline -Interview ungeachtet aller Bemühungen der Church gesendet, und auch das ganze Spektakel im Vorfeld änderte nichts daran, wie erleichtert ich mich fühlte. Nach den stürmischen Auseinandersetzungen in den vergangenen Wochen war ich mehr denn je davon überzeugt, dass nur von außen auf diese Menschenrechtsverletzungen aufmerksam gemacht werden konnte. Die Welt, in der sie selbst lebten, war dafür viel zu vereinnahmend. Sollte jemals ein wirklicher Wandel zustande kommen, so mussten dafür erst die Menschen in der
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