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Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Titel: Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenna Miscavige Hill , Lisa Pulitzer
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persönliche Ethik-Akte. Jedes Kind hatte so eine Akte, die unter Verschluss im Cottage aufbewahrt wurde, damit nichts gefälscht werden konnte. Ein Master-at-Arms , kurz MAA , war für unsere Ethik-Akten verantwortlich, führte Inspektionen durch und sorgte dafür, dass wir uns in die Gruppe fügten. Um in der Ranch unseren Abschluss zu bekommen und zur Int Base zugelassen zu werden, mussten wir großartige Ethik- und Produktivitäts-Werte haben.
    Praktisch alle Einträge, die wir bekamen, resultierten nicht aus Beobachtungen der Erwachsenen, sondern aus Meldungen anderer Kinder in der Gruppe. Es galt die Regel, dass wir uns melden sollten, falls wir etwas sahen, das als ›unethisch‹ galt, sonst waren wir Mittäter und bekamen dieselbe Strafe. Diese Maßnahme machte es schwierig für uns, irgendjemandem in der Gruppe zu vertrauen. LRH glaubte, der Erfolg einer Gruppe hinge davon ab, dass alle Mitglieder für die Durchsetzung eines Regelwerks sorgten und sich gegenseitig verantwortlich machten.
    Einträge und Demütigungen waren wesentliche Maßnahmen, Kadetten jeden Alters zu Gehorsam und Mitarbeit zu zwingen. Es war erstaunlich, wie schnell selbst kleine Kinder sich diesem System fügten und sogar der eigenwilligste Achtjährige plötzlich anderen gefallen wollte. Zwar waren Teenager etwas widerständiger, doch wenn sie vor der Gruppe entsprechend gedemütigt und bestraft wurden, beugten auch sie sich ziemlich schnell.
    Wenn ich einen Eintrag bekam, legte sich die Angst immer wie eine Last auf meine Brust. Normalerweise bekam ich den Eintrag, wenn jemand wegen irgendetwas wütend auf mich war und mich deswegen anschwärzen wollte, doch ganz gleich, wie berechtigt oder unberechtigt der Eintrag war, überlegte ich es mir danach immer zweimal, ob ich etwas sagte oder tat, das irgendwie Ärger hervorrufen könnte.
    Diese Strafen schufen einen Sinn für Ordnung, der sehr wichtig für das Leben auf der Ranch war, denn bei fast allem, was man tat, ging es um die Gruppe, ob man nun sieben war oder siebzehn.
    Jeden Morgen läutete der Wecker um halb sieben. Kaum war einer von uns aus dem Bett, ging er auf den Hof und brüllte: »Weckzeit«. Bis sieben mussten wir fertig sein und unsere Zimmer in Ordnung gebracht haben. Dazu mussten wir uns um die Wäsche kümmern, fegen und den Müll sammeln. Meine Aufgabe war es, das Bad zu putzen. Außerdem mussten wir unsere Uniformen für die tägliche Inspektion in Ordnung bringen, also die Schuhe polieren, unsere Hemden in die Hosen stecken und einen Pullover darüberziehen, falls sie Löcher hatten.
    Um sieben Uhr war der Appell, zu dem alle Gruppen antreten mussten. Die Kadetten hatten eine etwas andere Struktur als die Gruppe der Kinder und Precadets. Einer von uns war der Commanding Officer , kurz CO . Der Rest wurde in bis zu sieben unterschiedliche Divisionen aufgeteilt, die vom Division Head angeführt wurden. Jede Division hatte drei Departments und ihre speziellen Pflichten. Ich gehörte zu Division 5.
    Beim Morgenappell war der Div Head für jedes Mitglied seiner Division verantwortlich. Der Commanding Officer befahl uns, in Habachtstellung zu treten, dann erstattete der Master-at-Arms, ebenfalls ein Kind, förmlich und militärisch knapp Bericht. Jeder Division Head musste mit einem Salut die Vollständigkeit seiner Division bekunden.
    »Div Eins, alle anwesend und geprüft!«, begann die Anwesenheitsüberprüfung, und so ging es für jede Einheit weiter. Den ganzen Tag, vor allem aber beim Morgenappell, waren Verspätungen unakzeptabel, und jeder Vorfall wurde gemeldet. Verspätungen waren nicht nur peinlich, sondern wurden geahndet. Die Strafen reichten von einfachen Einträgen bis zu öffentlichen Demütigungen, bei denen einem ein Eimer eiskaltes Wasser über den Kopf geschüttet wurde.
    Nach etwa zwei Minuten waren die Anwesenheitsprüfungen vorbei, und wir bekamen das Kommando: »Gesicht nach links!« Dann drehten wir uns alle nach links, damit unser Div Head die Reihe abschreiten und unsere Uniformen überprüfen konnte. Hygiene war ein wichtiger Punkt, daher gab es stichprobenartige Überprüfungen unseres Atems und unserer Armbeugen. Auch unsere Haare wurden auf Läuse untersucht.
    Danach kam das Kommando: »Gesicht nach rechts!«, sodass wir uns wieder nach vorne drehen konnten. Wir wurden aufgefordert, die Hand zu heben, wenn wir bei der Inspektion durchgefallen waren. Auch dafür gab es einen Eintrag in unsere Ethik-Akte.
    Auf unsere persönliche Inspektion

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