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Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)

Titel: Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenna Miscavige Hill , Lisa Pulitzer
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Ahnung, ob meine Eltern informiert wurden, wenn ich krank war, hörte aber nie von ihnen und konnte es ihnen höchstens am Sonntag erzählen. Doch die meiste Zeit blieb ich gesund. Nach und nach wurde ich ein ziemlich erfahrener und routinierter MLO . Rückblickend aber kann ich kaum begreifen, wie man einer Siebenjährigen eine derartige Aufgabe übertragen konnte. Ich will gar nicht daran denken, was hätte geschehen können, wenn ein Kind ernsthaft krank geworden wäre und ich die Gefahr unterschätzt hätte. Damals fühlte ich mich weder unqualifiziert noch überfordert, denn ich kannte es nicht anders. Anscheinend sagte man mir, wie man Kinder medizinisch versorgte, und ich folgte so gut wie möglich den Anweisungen.
    Der Dienst als MLO war mir am liebsten, denn es gefiel mir, Kinder zu verarzten und dafür zu sorgen, dass es ihnen besser ging. Die Erwachsenen sagten mir, dass es für jedes medizinische Problem eine einfache, klare Lösung gebe. In vielerlei Hinsicht behandelten sie Krankheit genauso wie Hunger oder den Mangel an Toilettenpapier – es war einfach ein Hindernis auf der Reise zum vollwertigen Sea Org-Mitglied. Die Lösung bestand darin, sich an diejenigen zu wenden, die das Essen machten, Toilettenpapier besorgten oder die, in meinem Fall, den Kindern der Ranch halfen, gesünder zu leben.
    Frühstück gab es um halb neun. Wir saßen an zugewiesenen Plätzen, und jeder Tisch hatte einen Mess President , den Vorsitzenden, und einen Treasurer , den Schatzmeister, der ab und zu Geld einsammelte, um Extras wie Honig oder Marmelade zu besorgen. Sie waren in der Kantine erhältlich, und wir konnten sie einzeln oder als Tischgruppe kaufen. Da Zucker auf der Ranch verboten war, waren das Leckereien, die immer schnell aufgegessen wurden. Um neun endete das Frühstück, und das große Aufräumen und Spülen begann. Jeder von uns hatte seine Aufgabe. Einige Kinder spülten, andere fegten und putzten den Saal, wieder andere räumten die Tische ab.
    Um Viertel nach neun begannen mit dem zweiten Appell die Decks , körperlich schwere Arbeiten. Sie dauerten bis Viertel vor eins, also dreieinhalb Stunden, und es gab sie täglich, von Montag bis Freitag. Zusammengenommen waren es bis zu fünfundzwanzig Stunden Decks-Zeit, aber wenn man die Zeit unserer Morgenposten dazurechnete und die Samstage, die wir damit verbrachten, die gesamte Ranch auf Hochglanz zu bringen, kamen wir auf eine wöchentliche Gesamtarbeitszeit von über fünfunddreißig Stunden: ein Vollzeitjob also, obwohl wir Kinder oder Teenager waren.
    Während wir auf unseren Posten individuelle Aufgaben hatten, die sich so gut wie nie änderten, arbeiteten wir bei den Decks in kleinen Gruppen an ständig wechselnden Projekten. Wir wurden nach Anzahl der Projekte, die es an einem Tag gab, zu Einheiten aufgeteilt und arbeiteten in der Einheit. Jeder musste mitmachen, ganz gleich, wie alt er war.
    Jede Einheit hatte einen Verantwortlichen, der eine Liste bekam, auf der genau beschrieben war, worin das Projekt bestand, wie lange es dauern sollte und welches Werkzeug man dazu brauchte. Es gab Projekte, die Spaß machten, wie zum Beispiel Wäsche waschen oder den Swimmingpool reinigen – was normalerweise nur einer machte –, und andere, die mühsamer waren, wie zum Beispiel Feldsteine wegräumen, Bäume und andere Pflanzen setzen, Bewässerungsgräben ausheben und trockenes Gras und Holz einsammeln, um die Brandgefahr einzudämmen.
    Häufig waren es Gartenarbeiten. Dann verbrachten wir endlose Stunden mit Graben und Pflanzen, hoben mit einem Spaten große Löcher für die unzähligen Bäume in der Baumschule aus, manchmal sogar bei strömendem Regen und Hagel. Mit der Gruppe schleppten wir Hunderte von Bäumen über das Grundstück, pflanzten sie ein und sorgten dafür, dass sie anständig gedüngt wurden. An unzähligen Tagen bepflanzten wir die Hügel mit einem Bodendecker namens Eiskraut. Wir hackten Unkraut und bewässerten einen Hügel, legten Sackleinen darauf, und dann grub ein Kind große Löcher mit einer Spitzhacke, während ein anderes die Pflanzen in die Löcher setzte.
    Ein anderes Kräfte zehrendes Projekt war das Sammeln von Steinen zum Bauen von Mauern. Dazu holten wir Steine aus einem nahe gelegenen Bach und legten sie auf einen Haufen, während eine andere Gruppe sie auf eine Schubkarre lud und sie zur neuesten Baustelle brachte. Sobald die Steine an Ort und Stelle waren, zogen wieder andere Kinder Säcke mit Zement um die Steine, damit

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