Mein geliebter Maerchenprinz
den Strand und die leere Bank unter dem Zitronenbaum.
Dann blieb er abrupt stehen. Er hatte einen anstrengenden Tag im Büro hinter sich und war überhaupt nicht in der Stimmung, Viola zu sehen. Plötzlich hielt ein roter Maserati mit quietschenden Reifen genau hinter ihm. Die Frau hinter dem Steuer drückte ungeduldig auf die Hupe.
„Verdammt noch mal“, sagte er leise und drehte sich um. „Eines Tages werde ich deinetwegen noch einen Herzinfarkt bekommen.“
„Da wärst du nicht der erste Mann. Aber der erste, bei dem ich ein Auto dazu brauche.“ Sie zwinkerte ihm zu. „Nico, mein kleiner Liebling.“ Wie immer sprach seine Großmutter mit ihm auf Französisch.
„ Grand-mère“ , sagte er und lächelte, als er sah, dass der Schleier an ihrem Hut rosa war. „Bist du nicht zu alt für Pink?“
Sie lächelte ungerührt. „Alt – was für ein fürchterliches Wort! Eines Tages wirst du erkennen, wie grausam es ist. Mein ganzes Leben lang haben die Leute versucht, mir zu sagen, wie ich leben soll.“
„Es ist ihnen aber nicht gelungen.“
„Zum Glück nicht.“ Sie lachte. „Ich hörte auf sie, als ich noch zu jung war, um selbst meinen Weg zu finden. Genau wie du es jetzt zu tun versuchst. Aber ich konnte einfach nicht so leben, wie man es von mir erwartete. Ich glaube, das musst du von mir geerbt haben.“
Wie schön sie immer noch ist, dachte Nico. Selbst wenn ihre Haut, die zu viel von der Mittelmeersonne abbekommen und die Liebkosungen so vieler jüngerer Männer kennengelernt hatte, so trocken wie Pergament war. Aber ihre Augen waren jung und strahlend und voller Liebe für ihren Enkelsohn.
„Steig ein“, befahl sie. „Ich habe versucht, dich anzurufen. Natürlich haben die kriecherischen Sklaven deiner Mutter mir gesagt, dass du nicht da seist. Gloriana kam sogar an den Apparat, um es mir selbst zu bestätigen.“
Seine Mutter missbilligte seine Beziehung zu seiner Großmutter, der Künstlerin, die sich hatte scheiden lassen, sobald sie ihre Pflicht erfüllt und den Prinzen mit Erben versorgt hatte.
„Also hat meine Zaubergardenie versagt und du hast das schöne amerikanische Mädchen gehen lassen“, sagte sie und brauste los, ohne den Blick von Nico zu nehmen.
Ein entgegenkommender Bus war gezwungen stehen zu bleiben, und grand-mère wich im letzten Moment aus, ohne den Bus auf ihrer Seite und die niedrige Steinmauer auf Nicos Seite zu berühren. „Ich hatte so gehofft, dass du sie nicht aufgeben würdest“, fuhr sie fort, als wäre nichts geschehen.
„ Grand-mère , lass mich bitte fahren.“
Sie fasste das Steuer nur noch fester. „Zurück zu deinem Mädchen …“
Er seufzte leise. „Du weißt, was von mir erwartet wird.“
„Es sind die Erwartungen anderer Leute.“
„Das Leben, das ich führe, hätte sie unglücklich gemacht.“
„Und du glaubst, ohne dich ist sie glücklich?“
„Glücklicher. Warum hast du ihr das Bild von mir verkauft? Und warum hast du sie mir gezeigt? Wenn du das nicht getan hättest …“
„Eine innere Stimme hat mir geraten, es zu tun. Dieselbe Stimme, die mir sagt, was ich malen soll, was ich für meinen Laden einkaufen soll und wen ich als Nächsten lieben soll. Ich bin die Sklavin meiner inneren Stimme.“
„Es war falsch von dir, dich einzumischen. Sehr falsch.“
„Bist du sicher, mein kleiner Liebling?“
„Du hast uns beide unglücklich gemacht. Und Viola auch.“
„Wir sind selbst für unser Glück verantwortlich. Die Entscheidung liegt bei dir, mein Lieber.“
„Nein, ich habe eine Pflicht …“
„Aber bist du deinen Pflichten und diesem Leben besser gewachsen, als ich es war? Ich habe in den letzten zwei Jahren gesehen, wie sehr du gelitten hast. Ich wollte nur, dass du wieder glücklich wirst, mein Junge. Du brauchst deiner Mutter nicht nachzugeben.“ Sie seufzte tief. „Sie war ein sehr schwieriges Kind. Fürchterlich langweilig. Hat sich nie fürs Malen oder sonst etwas Interessantes begeistern können. Sie saß einfach nur da in ihrer Ecke und zog ihren Puppen hübsche Kleider an. Sie ist nicht wie du. Erinnerst du dich, was für ein wildes Kind du warst? Du warst dazu bestimmt, große Leidenschaft zu erleben, so wie ich auch. Du wirst Viola unglücklich machen.“
„Du hättest dich nicht einmischen dürfen“, wiederholte er.
„Habe ich aber, das lässt sich nicht ändern. Wenn es keine Menschen wie mich gäbe, wäre das Leben wirklich zu langweilig und nicht zu ertragen.“
Sie war einen großen
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