Mein Geliebter, mein Prinz
berühmtes Fürstentum. Eine sonnendurchflutete Mittelmeerinsel, Steueroase und Zuhause vieler Millionäre aus der ganzen Welt. Exklusiv und sehr, sehr schön. „Ich bin in Geografie ganz fit. Natürlich habe ich schon davon gehört.“
Seine Autorität verschaffte sich wieder Geltung. „Sie haben sich in einer Sperrzone aufgehalten. Auf diese Seite der Insel hätten Sie sich niemals wagen dürfen!“
Ella erinnerte sich, dass Mark und einer von den anderen mit ihren Navigationskünsten geprahlt hatten. Und dann darauf anstoßen wollten. Ella erinnerte sich daran, wie pure Angst sie ergriff. Wie sie stundenlang an Deck gestanden und die Sonne erbarmungslos auf sie hinuntergebrannt hatte. Ihr schauderte. „Aber wir hatten uns wirklich verfahren!“
„Ja.“ Nico glaubte ihr. Vor Mardivinos wilder Nordküste gab es Felsen und starke Fluten, die sogar einen sehr erfahrenen Seemann vor ernste Probleme stellten. Niemand konnte so dumm sein und sich bewusst in die Gefahr begeben, in der Nico sie entdeckt hatte. Durchdringend blickte er Ella an. „Diese Leute, mit denen Sie zusammen waren …“
„Was ist mit ihnen?“
„Ist einer von ihnen vielleicht Journalist?“, fragte Nico betont gleichgültig.
Ella runzelte die Stirn. „Ich kenne sie alle nicht besonders gut. Aber keiner hat etwas in der Richtung gesagt.“ Sie bemerkte, dass Nicos Blick hart und misstrauisch war. „Wie kommen Sie darauf?“
„Nur so“, erwiderte er schnell.
Sie hörte ihm an, dass er auswich. Als würde Ella ihn zum ersten Mal richtig sehen, haftete ihr Blick auf ihm. Nichts passte zusammen. Seine Sachen wirkten einfach, trotzdem war er ein Mann mit aristokratischem Auftreten. An seiner Körperhaltung erkannte Ella etwas, das sie so noch nie gesehen hatte: eine Selbstsicherheit, die eher angeboren als erlernt zu sein schien. Und dennoch trug er verwaschene Jeans und ein abgetragenes T-Shirt … Er hatte sie in diese Strandhütte gebracht, in der die Dusche nur tröpfelte, Seife und Shampoo allerdings zu den edelsten französischen Marken gehörten. Und er hatte sie cara genannt, stimmt’s?
„Sind Sie Italiener?“
Er schüttelte den Kopf.
„Spanier?“
„Nein.“
„Franzose?“
Er lächelte. „Noch immer nein.“
Ihr fielen Worte ein, die er gesagt hatte. „Aber Sie sprechen alle drei Sprachen?“
Wie viel sollte er ihr verraten? Wie lange wollte er mit diesem amüsanten Spiel noch fortfahren? Wie lange konnte er es? „Ja, allerdings.“
„Und Ihr Englisch ist perfekt.“
„Ich weiß“, gab er spöttisch zu.
Diesmal würde sie sich von der seidenweichen, verführerischen Stimme nicht verwirren lassen. Ella beugte sich über den Tisch und blickte Nico herausfordernd an. „Wer sind Sie wirklich?“
3. KAPITEL
Das Seltsamste war, dass sich Nico tatsächlich großartig amüsierte. Weil ihm das Ganze wie ein Spiel erschien oder ein Roman – die Geschichte vom Prinz, der sich als Bettler verkleidete und von niemandem erkannt wurde.
Eine neue und unterhaltsame Wendung für einen Mann, der im Leben sowohl die Licht- als auch die Schattenseiten eines Märchens schon kennengelernt hatte. Und wenn er es ihr erzählte … Nie wieder wäre es so wie jetzt. Ihre Einstellung ihm gegenüber würde sich unwiderruflich ändern. Sie würde nicht mehr mit ihm sprechen, als wäre er ein ganz normaler Mann.
Hatte er sich als kleiner Junge nicht manchmal gewünscht, normal zu sein wie die anderen, wenn auch nur für einen Tag? Auf dem College in Amerika hatte er sein Bestes getan, sich anzupassen, nicht aufzufallen und Freundschaften zu schließen. Trotzdem hatten alle gewusst, wer er war. Denn bevor er am College aufgetaucht war, hatten sich schließlich schon Sicherheitsbeamte dort umgesehen und die Gebäude den nötigen Standards für einen Prinzen angepasst. Es war unvermeidlich gewesen.
Und hatte jemals irgendwer von ihm verlangt, Rechenschaft abzulegen, zu erklären, wer er war?
Noch nie.
Nico lehnte sich zurück. „Wie definiert sich ein Mensch? Durch seinen Besitz? Seine Leistungen?“
„Sind Sie nicht in der Lage, eine klare Antwort auf eine klare Frage zu geben?“ Ella warf ihm einen verwunderten Blick zu.
Wahrscheinlich, dachte Nico. In seiner Welt wurden ihm keine Fragen gestellt. Stattdessen überließ man es ihm, die Konversation ganz nach seiner Laune zu führen. Ein uralter Erlass, an dem immer noch festgehalten wurde, verbot es anderen, ein Gespräch mit ihm zu beginnen. Wenn er redete, hörten die
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