Mein geliebter Ritter
vergnüglich erweisen«, sagte er und lächelte. »Wer weiß, was wir gemeinsam herauszufinden vermögen?«
Sie lehnte sich zurück und faltete die Hände im Schoß. Gloucester gefiel sich in der Rolle des Gönners, doch er erwartete, dass sie für seine Gefälligkeit bezahlte. Natürlich hätte sie wissen müssen, dass er eine Gegenleistung verlangte. Nun musste sie nur etwas finden, was er haben wollte – außer sie selbst.
Sein schwerer Duft stieg ihr aufdringlich in die Nase, als er sich wieder näher zu ihr beugte. »Es gibt zu viele Ohren hier im Saal. Kommt in einer Stunde in meine Gemächer, da können wir besprechen, wie wir Euren geheimnisvollen Kaufmann am besten zur Strecke bringen.«
»Wird Lady Eleanor sich zu uns gesellen?«, fragte sie gespielt unschuldig.
Er lachte laut auf. »Eleanor weiß, dass ich meine Gunst gerne teile.«
Was wahrscheinlich der Grund dafür war, dass Eleanor seine Favoritin blieb.
»Trotzdem sollten wir dieses … Arrangement … für uns behalten.« Gloucester zwinkerte ihr zu. »Ich nehme an, Sir James Rayburn wäre nicht erfreut, davon zu hören.«
Da lag der Hase im Pfeffer.
Selbst wenn sie Gloucester nicht erlauben würde, sie auch nur anzurühren, geschweige denn mit ihr ins Bett zu gehen, wäre Jamie dennoch außer sich, wenn er erführe, dass sie immer noch ihren Racheplan verfolgte. Sie hatte es nicht vorgehabt. Wirklich nicht. Sie war fest entschlossen gewesen, die Suche aufzugeben. Doch das Angebot Gloucesters, die Identität ihres schlimmsten Feindes herauszufinden, konnte sie nicht ausschlagen.
Sie würde den Namen im null Komma nichts herausbekommen.
Jamie müsste es niemals erfahren.
Sie stand auf. Als sie vor ihm knickste, nickte sie Gloucester kaum merklich zu. Dann raffte sie ihre Röcke und ließ ihn am Fenster stehen, ohne sich noch einmal umzudrehen.
Die Frage, was sie Gloucester für diesen Gefallen geben sollte, war in ihrem Kopf bereits entschieden. Es war weithin bekannt, dass Gloucester über seine Verhältnisse lebte. Neben anderem Luxus war es vor allem seine großzügige Unterstützung der schönen Künste, die ihn notorisch knapp bei Kasse sein ließ. Goldmünzen besaß sie jede Menge.
Gloucester war wie ein Fisch am Haken. Sie musste ihn bloß noch in ihr Netz bekommen, ohne ins Wasser zu fallen. Sie würde ein Geschäft machen, mit dem am Ende beide Seiten zufrieden wären.
Er würde ihr den Namen ihres Feindes nennen. Wenn sie ihn erst einmal hatte, würde sie den Schurken wie eine Kakerlake unter ihrem Absatz zerdrücken. Dann wäre endlich alles im Lot: Die Bösen hätten ihre Bestrafung, die Ehrlichen und hart Arbeitenden wären belohnt.
Jamie nannte es Rache, doch sie nannte es Gerechtigkeit.
Um ihre Vergangenheit ruhen zu lassen, musste sie diese eine Sache noch erledigen. Dann würde sie mit ihrem Liebsten ein neues Leben beginnen.
Eine Stunde später wurde sie vor Gloucesters Gemächern vorstellig. Sie war vom Kopf bis zu den Zehenspitzen in einen Kapuzenmantel gehüllt und trug eine Börse voller Goldmünzen bei sich. Sie wurde erwartete. Nach einem kurzen Blick auf ihr Gesicht unter der Kapuze öffnete der Wächter die schwere Tür für sie.
Zunächst konnte sie sich nicht überwinden einzutreten.
Zum wohl hundertsten Mal versicherte sie sich, dass Jamie es niemals erfahren musste. Schweiß bildete sich in ihren Handtellern, als sie in den Raum trat. Nicht aus Angst vor Gloucester, sondern weil sie sich schuldig fühlte, ihren zukünftigen Ehemann zu betrügen, den Mann, den sie von ganzem Herzen liebte.
»Jamie, ich verspreche dir, dich nie wieder zu hintergehen«, flüsterte sie vor sich hin. »Aber ich finde keinen Frieden, ehe ich meinen Großvater gerächt und das Unrecht, das uns widerfahren ist, wieder gutgemacht habe.«
26
Jamie war am Verhungern. So war es immer nach einem Kampf. Sobald er sich gewaschen hatte, ging er hinunter in die Halle in der Hoffnung, etwas zu essen zu finden. Er fühlte sich, als könnte er ein ganzes Wildschwein essen.
Die Abendmahlzeit war bereits beendet, doch als er einen Diener herbeiwinkte, brachte der gute Mann ihm eine schmackhafte Hirschpastete und einen Laib Brot. Ungeachtet der vielen Leute, die im Saal umherschlenderten, setzte er sich an einen Tisch und aß hastig. Als er fertig war, stand er auf, um Linnet zu suchen.
Nahrung war nicht das Einzige, wonach ein Mann sich nach einem Kampf sehnte. Er war höllisch scharf.
Die Jungfrau stehe ihm bei. Eleanor Cobham kam
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