Mein geliebter Ritter
direkt auf ihn zu wie ein Jagdhund, der dem Geruch eines Fuchses über das offene Feld folgte. Jamie blickte sich nach rechts und links um, obwohl er schon wusste, dass es zu spät war zu fliehen.
»Lady Eleanor«, sagte er und verneigte sich. »Ihr seht heute Nacht überwältigend aus.«
Er sprach die Wahrheit – Eleanor sah aus, als würde sie jeden niederstrecken, der sich ihr in den Weg stellte.
Sie kniff die Augen zusammen und verlangte zu wissen: »Wisst Ihr, wo Eure Freundin ist?«
Wie viel Schmuck konnte eine Frau tragen? Gloucester hätte einen weiteren Feldzug gegen die Flamen mit dem Gold und Geschmeide finanzieren können, mit dem seine Mätresse behängt war.
»Meine Freundin?«, fragte er in mildem Tonfall, von dem er sicher wusste, dass er sie verärgern würde.
Eleanor beugte sich vor, die Hände auf die Hüften gestemmt, und er roch den starken Wein in ihrem Atem.
»Stellt Euch nicht dumm, Rayburn. Ihr wisst ganz genau, dass ich diesen blonden Bastard meine, der sich aufführt, als würde königliches Blut durch seine Adern fließen.«
Im Nu rauschte Jamie das Blut in den Ohren. »Wenn Ihr ein Mann wärt, Eleanor, würde ich Euch für diese Bemerkung besinnungslos prügeln. So bitte ich Euch bloß, Eure Zunge im Zaum zu halten.«
»Männer sind solche Narren«, spie sie aus. »Soll ich Euch sagen, wo die Frau, die Ihr so galant verteidigt, in diesem Augenblick ist?«
Unbehagen stahl sich in seine Magengrube. Er verfluchte sich selbst, dass er dieser zerstörerischen Frau erlaubte, Zweifel an Linnet zu säen. Sie hatte ihm ihre Liebe geschworen, hatte ihm ein Versprechen für die Ewigkeit gegeben. Sie würde ihn nicht zum Narren halten.
Nicht noch einmal.
»Lady Linnet ist mit der Königin und deren Hofdamen in den Gemächern der Königin«, sagte er.
Eleanor ballte die Fäuste und stampfte mit dem Fuß auf. »Sie ist bei Gloucester.«
»Da irrt Ihr Euch«, sagte er und kämpfte gegen den tückischen Zweifel, der sich in sein Herz stahl. »Doch selbst, wenn sie in seiner Gesellschaft wäre, dann aus vollkommen redlichen Gründen.«
Er konnte sich bloß nicht vorstellen, was das für Gründe sein sollten. Linnet hatte wenig Geduld mit Leuten, die sie nicht mochte. Sie würde Gloucester wie die Pest meiden, es sei denn … es sei denn, er hatte etwas, was sie wollte.
Jamie rieb sich mit einer Hand die Schläfen, während er an Eleanors Seite einen langen Korridor hinunterging. Die Frau brodelte vor Heimtücke. Warum ließ er sich von ihr zu Gloucesters Gemächern führen? Es war falsch von ihm, an Linnet zu zweifeln.
Die Frage ging ihm nicht aus dem Kopf: Was würde Gloucester ihr geben?
Alles, was sie wollte.
Jamie verspürte einen Anflug von Panik, als er Eleanor in ein leeres Schlafzimmer folgte. Hatte er sie so gründlich missverstanden? Er versuchte, sich daran zu erinnern, ob sein Wein ungewöhnlich süß geschmeckt hatte.
Doch Eleanor marschierte durch das Zimmer, ohne sich auch nur einmal nach ihm umzusehen. Als sie die Tür am anderen Ende erreichte, blieb sie stehen und presste ihr Ohr daran. Jamies Herz schlug schneller, als ihm aufging, dass dies wohl die Verbindungstür zu Gloucesters Gemächern war. Eleanor winkte ihn ungeduldig zu sich. Als er dem nicht nachkam, hob sie den Riegel an, stieß die Tür mit den Fingerspitzen auf und trat einen Schritt zurück.
Jamie beobachtete entsetzt, wie die Tür langsam aufschwang und die Szenerie im Nebenzimmer offenbarte. Gloucester war halb nackt. Seine bloße Brust war durch den breiten Spalt seines offenen Morgenmantels zu sehen.
Linnet saß auf seinem Schoß. In seinen Armen.
Die Zeit blieb stehen, als der Anblick sein Vertrauen zerstörte, seinen Glauben tötete und die Zukunft, die er sich vorgestellt hatte, in ein Nichts auflöste. Sein Herz gefror und zerbrach in hundert Teile.
Linnet blickte erschreckt auf und stieß Gloucester von sich. Aber in ihren blassblauen Augen stand Schuld geschrieben.
»Wie kannst du nur, Linnet? Wie kannst du das tun?«
Er warf die Tür zu und drehte sich zu Eleanor um. Zorn brannte in ihm, floss durch seine Adern und trübte seinen Blick.
»Ihr seid eine von Grund auf böse Frau«, sagte er und machte ein paar Schritte auf sie zu. »Eines Tages wird Gott Euch dafür strafen.«
»Ihr solltet Eure Geliebte für die Situation verantwortlich machen, nicht mich«, sagte sie, als sie mit dem Rücken zur Wand stand.
»Ich weiß, dass Ihr andere Frauen vergiftet habt, die Ihr bei Gloucester
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