Mein geliebter Wuestenprinz
Ghutra mit zwei schwarzen Kordeln um den Kopf. Der Wagen war bereits beladen worden. Neben Proviant und Wasserflaschen stand eine Transportkiste mit Luftlöchern auf der Rückbank, in der der Falke war. Der Wüstenort muss sehr abgelegen sein, dachte Jayne, während sie die Menge an Verpflegung und Wasser abschätzte.
Sie trat zu Tariq. „Fahren wir damit?“
„Hast du Kamele erwartet?“, fragte er spöttisch.
Wohl kaum. Aber Bodyguards, Bedienstete. Tariq war sonst nie ohne Begleitung unterwegs. „Damals haben wir …“
„Damals habe ich Kamele besorgt, weil du es dir gewünscht hattest.“
Sie gab auf, weil sie offensichtlich über verschiedene Dinge sprachen. Er meinte den Ausflug, den er organisiert hatte, nachdem sie frisch verheiratet in Zayed angekommen waren. Ein romantischer Wüstenausflug auf Kamelen hatte es werden sollen. Sternklare Nächte, ein Zelt, niemand außer ihnen beiden.
„Du wolltest ein Märchen erleben. Als Ersatz für die Hochzeitsreise, die ich dir nicht bieten konnte.“
„Noch eine Illusion“, meinte sie nur sarkastisch.
„Was meinst du damit?“
Sie zuckte die Schultern. „Nichts.“
„Wenn eine Frau so etwas sagt, meint sie genau das Gegenteil.“
Jayne presste die Lippen aufeinander und schwieg.
Er wartete einen Moment, doch dann seufzte er nur. „Steig ein.“
Nachdem sie auf dem Beifahrersitz Platz genommen hatte, schloss er die Tür. Dann ging Tariq auf die andere Seite und schwang sich auf den Fahrersitz. Gleich darauf brummte der Motor des Geländewagens leise. Jayne ließ den Kopf gegen die Nackenstütze sinken und schloss die Augen.
Ihre ganze Ehe war eine Illusion gewesen, eine Fata Morgana. Sogar den romantischen Ausflug in die Wüste mussten sie damals abbrechen, weil der Emir seinen Sohn nach Jazirah zurückbeordert hatte. Tariqs Vater hatte einfach einen Hubschrauber geschickt. Auf dem Rückflug hatte sich Tariq zwar entschuldigt und versprochen, dass es andere Zeiten geben würde. Aber diese Zeiten waren nicht gekommen.
Am folgenden Tag hatte Jayne unter den Auswirkungen einer heftigen Magenverstimmung gelitten. Sie hasste Zayed, sie hasste die Wüste, sie hasste die Einsamkeit.
Doch das war Vergangenheit. Der Emir hatte gewonnen, und die Ehe war so gut wie vorbei.
Bald würde Jayne die Chance nutzen und frei sein. Vielleicht hatte sie irgendwann einen neuen Mann, den Vater ihrer Kinder …
Sie wandte den Kopf und schaute aus dem Wagenfenster. Es war ein wunderschöner Morgen, sogar mit ein paar Wolken am Horizont.
„Es ist heiß“, sagte Jayne eine Weile später, nur um die bleierne Stille zu brechen. Eigentlich machte ihr die Hitze nicht besonders zu schaffen.
„Die Nächte in der Wüste sind dafür umso kühler“, versprach Tariq und drehte am Regler der Klimaanlage. Ein kühler Luftzug wehte durch das große Fahrzeug. „Besser?“
Sie betrachtete seine schlanken Hände, die auf dem Lenkrad lagen. Unwillkürlich erinnerte Jayne sich daran, wie sich diese Hände auf ihrer Haut anfühlten, und schluckte. „Ja, besser“, antwortete sie leise, obwohl ihr warme Schauer über den Rücken rieselten.
Wie benommen betrachtete sie Tariqs Profil. Die weiße traditionelle Kopfbedeckung betonte seine hohen Wangenknochen und das markante Kinn. Irgendwie wirkte er fremd, aber wahnsinnig aufregend. Seine Haltung verriet Entschlossenheit und Unnachgiebigkeit. Seufzend wandte Jayne den Blick ab, lehnte sich zurück und schloss wieder die Augen.
Als sie sie das nächste Mal öffnete, stellte sie erstaunt fest, dass sie geschlafen hatte. Die Sonne war hinter einem breiten Wolkenband nicht zu sehen, und Jayne fror mit einem Mal. Hastig holte sie eine leichte Merinojacke aus ihrer Tasche.
„Ist dir kalt?“, fragte Tariq und drehte die Klimaanlage herunter. Sofort zog es nicht mehr so im Wagen.
„Ein bisschen. Draußen ist es bestimmt sehr heiß.“ Die Wüste erstreckte sich endlos, wohin Jayne auch blickte.
„Durch die Wolken ist es heute nicht so heiß wie sonst. Sie werden seit ein paar Stunden immer dichter. Das macht mir Sorgen.“ Er nahm den Fuß vom Gas und warf einen Blick auf das Navigationsgerät.
Sie lächelte amüsiert. Ein moderner Geländewagen mit Klimaanlage und Navigationssystem. Die Wüste kam Jayne nicht mehr halb so feindselig vor wie früher. „Na, regnen wird es wohl kaum.“
„Es gibt ab und zu Wüstenstürme, bei denen es auch regnet. Weil der Boden den Regen aber nicht aufnehmen kann, entsteht dann meistens eine
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