Mein geliebter Wuestenprinz
Stimme aus dem Schlafzimmer. „Deshalb haben sie dich rufen lassen.“
Sofort eilte Tariq hinein und trat an das Bett seines Vaters. Der Krankenpfleger wollte ihm folgen, aber Tariq befahl: „Lassen Sie uns allein.“ Der Mann verbeugte sich, ging und schloss die Tür hinter sich.
„Vater.“ Tariq kniete sich neben das Bett. „Du musst das Morphium nehmen. Dann hast du keine Schmerzen.“
„Mir geht es viel besser, wenn ich das Zeug nicht nehme. Dann ist mein Kopf klarer.“ Er legte seinem Sohn eine Hand auf den Kopf. Die Hand, die einst kraftvoll und warm gewesen war, fühlte sich nun federleicht und kühl an. Tariq schluckte, ihm wurde die Kehle eng.
„Hadi al Ebrahim war bei mir.“ Tariq sah auf, als sein Vater weitersprach: „Er hat mir mitgeteilt, dass deine Frau wieder da ist.“
Hadi war einer der engsten Vertrauten seines Vaters. Tariq nickte. „Sie war auch schon bei dir, aber du hast … geschlafen.“ Er wartete, weil er nicht wusste, was geschehen war. Vor ein paar Monaten hatte sein Vater die fatale Diagnose erhalten und Hadi sofort zu Scheich Karim geschickt. Der Grund dieser Mission war Tariq nicht verborgen geblieben, er wollte seinen Vater jetzt jedoch nicht damit konfrontieren. Tariq hatte damals lediglich darauf hingewiesen, dass ihm sein Ehevertrag verbot, mehr als eine Frau zu heiraten. Natürlich hatte der Emir alles andere als erfreut reagiert. Jaynes Rückkehr passte sicher nicht in sein Konzept. Trotzdem konnte Tariq es nicht ändern. Er war verheiratet und würde in naher Zukunft keine andere zur Frau nehmen. Damit sein Vater in Frieden sterben konnte, musste er glauben, dass Tariq sich mit Jayne versöhnte. Denn sein Vater wollte ihn glücklich sehen.
„Gut. Es ist höchste Zeit, dass deine Frau ihre Pflicht an deiner Seite erfüllt.“
Tariq sah seinen Vater erstaunt an. Damit hatte er nicht gerechnet. Sein Vater akzeptierte tatsächlich, dass er mit Jayne glücklich sein konnte?
Übergangslos fuhr sein Vater fort: „Hadi macht sich Sorgen. Ali und Mahood können Scheich Karim und dir viel Ärger bereiten.“
„Das ist nichts Neues, Vater.“
„Diesmal wird Karim nicht einlenken, du musst etwas unternehmen. Wir können uns nicht leisten, einen so mächtigen Nachbarn zu verärgern. Unsere wirtschaftlichen Interessen stehen auf dem Spiel.“
„Ich weiß. Ich stehe in Verhandlungen mit beiden Seiten.“ Scheich Karim hatte Ali und Mahood beschuldigt, ihr Vieh jenseits der Grenze weiden zu lassen und fremde Tiere zu stehlen. Als Reaktion darauf hatte Karim schließlich die Herden beider konfisziert.
Tariq seufzte. „Ich werde hinreisen.“ Er schloss die Augen. Was, wenn sein Vater während seiner Abwesenheit starb? Tariq wollte in den letzten Stunden, den letzten Minuten bei ihm sein.
„Wann? Die Zeit drängt.“
Er öffnete die Augen und suchte den Blick seines Vaters. Die Augen des Emirs wirkten tief eingesunken, und in ihnen spiegelte sich kein Kampfgeist mehr. Sein Vater schien sich stoisch seinem Schicksal zu ergeben.
Nein, wollte Tariq schreien. Du darfst nicht sterben. Du musst dagegen kämpfen. Lass mich nicht allein.
„Du kannst nicht länger warten, mein Sohn. Du musst abreisen. Sofort.“
Tariq schüttelte stumm den Kopf.
„Ich befehle es dir“, sagte der alte, kranke Mann mit aller Kraft, die er noch aufbringen konnte.
„Bitte“, flüsterte der Emir.
Das von einem Mann, der niemals um etwas gebeten hatte. Der es gewohnt war, dass man seine Befehle ausführte. „Was ist, wenn …“
„Wenn ich sterbe?“, ergänzte sein Vater. „Inschallah. Es wird noch nicht so bald geschehen. Mir geht es viel besser. Du jedoch kannst nicht hier herumsitzen und auf meinen Tod warten. Du hast deine Pflicht zu erfüllen, Tariq. Zayed braucht dich.“
Er wollte etwas antworten, doch der alte Mann unterbrach ihn. „Widersprich deinem Vater nicht. Ich bin ein alter, kranker Mann.“ Er lächelte schwach. „Und bei Allah, es wird das Letzte sein, das ich von dir verlange. Ich verspreche es. Schließ Frieden mit Karim, danach erbitte ich nichts mehr von dir.“
„Er wird erwarten, dass wir uns entschuldigen.“
Sein Vater nickte.
„Und ich muss ihm etwas anbieten. Land oder Ölförderrechte.“
Sein Vater nickte wieder.
„Gut, ich reise morgen ab.“
„Nimm deine Frau mit.“
„Wie bitte?“ Tariq war schon fast bei der Tür. Verwundert drehte er sich nun um und sah seinen Vater an. Er hatte tatsächlich vorgehabt, Jayne mitzunehmen – schon
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