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Mein grosser Bruder

Mein grosser Bruder

Titel: Mein grosser Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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spät beginnen, denn Elsa hatte eine kleine Rolle im ersten Akt des neuen Stückes. Um halb zehn war sie fertig abgeschminkt. Und um zehn Uhr sollte das Fest steigen.
    Ich wartete auf sie im Schauspielerfoyer.
    Da kam Steffen Brede in Kostüm und voller Kriegsbemalung dahergeschlendert.
    „Na, kleine Verführerin? Man geht heute in Gesellschaft?“
    „Ja, wir sind doch eingeladen.“
    „Nicht wir, mein Püppchen. Meine Wenigkeit ist verhindert. Angenehm verhindert. Sehr angenehm verhindert. Schöne Dame mit eigener Villa, mein Püppchen. Verschmust wie ein Kätzchen, außerdem hat sie den Weinkellerschlüssel vom Ehemann! – Auf Wiedersehen, mein Süßes, noch eine kurze Szene, dann herunter mit der Kriegsbemalung und kopfüber ins Glück!“
    Er winkte mit der Hand und bog um die Ecke.
    Brr! Ich verabscheute Steffen Brede. Immer mußte er mit seinen Abenteuern prahlen.
    Der Portier, der gute alte Lauritzen, blickte Steffen Brede kopfschüttelnd nach.
    „Haben Sie schon so was gehört, Fräulein Fenger? Wie der Bursche angibt? Jawohl, und jetzt ist’s so eine Großkaufmannsfrau mit verreistem Mann und Weinkellerschlüssel – daß die sich nicht schämen!“
    Ich blieb steif wie eine Statue stehen.
    Ein schrecklicher Gedanke fuhr mir durch den Kopf.
    Eine Großkaufmannsfrau, der Mann verreist, verschmust wie ein Kätzchen – Weinkellerschlüssel – eigene Villa – o Gott, lieber Gott, es könnte doch nicht – Vivi, schön auf dem Teppich bleiben, du spinnst wohl – es durfte nicht sein. Aber der Gedanke hatte sich bei mir festgehakt und ließ mich nicht mehr los.
    Ich freute mich so auf dieses Fest bei Elsa. Endlich wieder einen Abend mit Torsten zusammen. Er hatte versprochen, bestimmt zu kommen, denn seinem Vater ging es besser. Jetzt war er nur heimgegangen, um zu sehen, ob alles geordnet war für den Vater, und dann wollte er um zehn bei Elsa sein. Aber dieses - ach Gott, was sollte ich nur tun…?
    Mich Torsten anvertrauen? Nein, das konnte ich nicht. Vielleicht war es nur Einbildung von mir. Es gab sicher viele Großkaufmannsfrauen mit verreistem Mann und eigener Villa. Ich konnte doch nicht zu Torsten sagen, ich hätte meine eigene Mutter in Verdacht, daß sie die Abwesenheit ihres Mannes ausnütze – zu – zu – und noch dazu Steffen Brede! Von allen Menschen gerade er!
    Da kam er von der Bühne. Ich sah ihn im Gang, er verschwand in der Garderobe. Ich setzte mich wieder ins Foyer und dachte nach, bis mein Kopf beinahe zersprang.
    Nach verblüffend kurzer Zeit zeigte sich Steffen Brede wieder, jetzt abgeschminkt, in Pelz und Persianermütze.
    „Sitzt man noch immer da, kleines Badepüppchen? Viel Vergnügen heute abend. Möget ihr einen ebenso vergnüglichen Abend haben wie ich, liebe Kinder.“
    Die Drehtür schwang hinter ihm zu. Ich hörte, daß er seinen Sportwagen startete.
    Als ich ihn verschwinden hörte, wurde mir klar, was ich zu tun hatte.
    „Lauritzen, sagen Sie bitte Elsa Semming, daß ich gehen mußte. Ich komme wahrscheinlich erst später zu ihr. Wollen Sie das ausrichten? Danke.“
    Damit war ich aus dem Theater hinaus und lief wie ein geölter Blitz zum Bus. Pech, daß ich nicht genügend Geld für ein Taxi bei mir hatte. Die Busfahrt zu Mamilein dauerte mindestens eine halbe Stunde.
    Gedämpftes Licht aus den Wohnzimmerfenstern. Sonst war das Haus dunkel.
    Ein paar Meter von dem Tor entfernt sah ich ein geparktes Auto. Ich hatte mir nie die Autonummer von Steffen Brede gemerkt, aber es war ein Sportwagen, und er war grün wie seiner.
    Mein Herz klopfte, als ich klingelte.
    Ich wartete. Kein Laut. Ich klingelte wieder, lange und dringend.
    Endlich raschelte es hinter der Tür. Sie wurde einen Spalt geöffnet. Mamilein selbst stand im Türrahmen.
    „Wer ist da?“ Sie konnte nicht sehen, wer da im Dunkeln stand. „Ich bin es, Mamilein.“
    Ich ging stracks hinein und schloß die Tür hinter mir. „Aber Vivi, meine Liebe – um diese Zeit…“
    „Plötzlich bekam ich Lust, auf einen Sprung zu dir zu kommen. Dachte, du könntest dich einsam fühlen, jetzt, wenn Alfred fort ist. Wann haben wir schon mal Gelegenheit, gemütlich unter uns zu klönen.“
    Meine Augen überflogen die Garderobehaken. Und mein Herz blieb einen Moment stehen. Da hing Steffen Bredes auffälliger Pelz und darüber seine Persianermütze.
    „Ich sehe, du hast einen Gast, Mamilein. Sogar einen, den ich kenne. Das paßt ja fein, da habe ich Begleitung für den Heimweg, wenn es soweit ist.“
    Ich hörte,

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