Mein Herz in Deinen Händen
warten auf Schuster.«
»Sie sind von ihren Verletzungen offenkundig geschwächt und auffallend unbewacht. Wir haben Informationen gestreut, was Ihre Aktivitäten und Ihren Aufenthaltsort angeht. Ich weiß nicht, was sie aufhält. Warum haben sie nicht längst versucht, Sie umzubringen?«
Dan grinste, als der Colonel so unverhohlen seinem Wunsch Ausdruck gab, man möge auf Dan schießen. »Vielleicht haben sie einen schlechten Orientierungssinn? Oder sie haben begriffen, dass sie sich auf einem Irrweg befinden und beschlossen, gute Amerikaner zu werden?« Er wurde ernst. »Vielleicht wollen sie sich auch eine Menge Ärger ersparen und haben mir deshalb eine alte Freundin geschickt, die mich hochnehmen soll?« Er hörte, wie sich drinnen im Haus etwas bewegte. »Sie kommt. Lassen Sie mich wissen, was Sie über sie herausbekommen.«
Die beiden Männer beendeten das Gespräch ohne Umschweife.
Dan schlich sich wieder ins Haus, während Pepper im Badezimmer war, und obwohl es bereits nach Mitternacht war, brachte er das Feuer im Küchenofen wieder in Gang, um die Kälte zu vertreiben, und schaltete die Kaffeemaschine ein. Pepper liebte ihr Koffein, vor langer Zeit hatten sie beide ganze Abende über einer Tasse Espresso verbracht und sich vorgemacht, sie seien in Seattle – oder Paris. Er musste mehr über sie herausbekommen, vor allem, warum sie hier war, und der Duft des Kaffees würde sie zu ihm locken.
Dies war kein entspannter Besuch bei einem Freund. Sie war auf einer Mission. Seine Aufgabe war es, herauszufinden, auf was für einer, bevor es für einen von ihnen beiden zu spät war.
Als sie in die Küche zurückkehrte, analysierte er ihre Bewegungen, ihren Gesichtsausdruck, die Art, wie sie ihre Hände hielt. Sie hatte die Stiefel ausgezogen und ihre billigen weißen Socken sahen aus, als würden sie ihr jeden Moment von den Füßen fallen. Sie hatte immer noch ihre Jacke an und wickelte sich darin ein, als friere sie – was sie auch getan hatte, als sie durchs Fenster gestiegen war. Ihre Augen sahen ungläubig drein, als hätte sie ein unerwarteter Schicksalsschlag getroffen.
War dem so? Oder wusste sie längst über Mrs Dreiss und die Ranch Bescheid?
Er lehnte sich an die Theke, goss einen Kaffeebecher voll und schob ihn ihr hin.
»Danke.« Sie sah ihn nicht an und kam bloß so nah wie nötig, um die Hände um die Tasse zu legen. Dann stand sie einfach nur da und starrte fasziniert die braune Brühe an, was ihm die Gelegenheit gab, sie genauer zu begutachten.
Die Jahre hatten sie verändert. Sehr verändert.
Vor neun Jahren hatte sie das Haar lockig und weit über den Rücken getragen oder in einem Zopf ums Gesicht. Die Farbe hatte sich permanent verändert. Rot, blond oder braun mit auffallenden Strähnen in Pink, Blau oder Lila. Jetzt war es schwarz, kurz, ungleichmäßig geschnitten und wild gelockt.
Der Haarschnitt war das Einzige, das an die alte rebellische Pepper erinnerte. Das Gesicht der neuen Pepper hatte die Rundlichkeit der Jugendjahre abgelegt und war von schmaler Anmut. Die konstante Lebhaftigkeit und die offene Feindseligkeit waren einem nachdenklichen Intellekt gewichen, der ihn gegen seinen Willen faszinierte. Die haselnussbraunen Augen der neuen Pepper sprühten keine grünen Funken, sondern schienen heute Nacht von einem nebligen Grau verhangen, müde, traurig – und dennoch aufmerksam.
Wo war sie gewesen? Was hatte diese Veränderungen bewirkt? Wer hatte diese Veränderungen bewirkt?
Möglicherweise ein Mann. Sie war eine von diesen Frauen, um die die Männer sich schlugen. Egal, wie alt sie war, ihr Gesicht konnte tausend Schiffe in See stechen lassen – mit diesem Haarschnitt immer noch mindestens ein Dutzend.
Zu seiner Überraschung mochte er diesen Gedanken genauso wenig wie die Vorstellung, dass sie hergekommen war, um ihn umzubringen.
Er schob ihr die Zuckerdose hin, die laut über den grünen Resopalbelag der Theke kratzte.
Das Geräusch ließ sie den Kopf heben. Sie sah die Zuckerdose an. Sah ihn an. Ihr Blick glitt davon. »Danke.« Es hörte sich kleinlaut an, als stünde sie unter Schock.
Vielleicht stand sie wirklich unter Schock. Vielleicht hatte keiner der Briefe sie erreicht. Vielleicht war sie zufällig hier aufgetaucht.
Ja, und James Bond bevorzugte in Wirklichkeit einen klebrig süßen »Pink Squirrel«, geschüttelt und nicht gerührt.
Mit einer Stimme, die sich fast schon geschäftsmäßig und sehr kultiviert anhörte, sagte Pepper: »Und … was
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