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Mein Herz schlaegt fur uns beide

Mein Herz schlaegt fur uns beide

Titel: Mein Herz schlaegt fur uns beide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzie Moore
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geht?
    Also ging Dad mit Rory und Rascoe in den Park, und Lexi tat so, als hätte sie sich nichts sehnlicher gewünscht, als mit Mum am Küchentisch Bruchrechnen zu üben, und ich tat so, als ob mir das überhaupt nicht gefiel. Ich lief scheinbar wütend nach oben und wartete auf dem Treppenabsatz. Nach einer Weile hörte ich Mums Lehrerinnenstimme sagen: »Lexi, stell dir einen Kuchen vor, der in vier Teile geschnitten wird. Siehst du das? Das ist ein Teil des Ganzen. Wenn ich einen wegnehme, habe ich einen von vieren weggenommen. Ein Viertel. Siehst du? Und so kann ich es dann schreiben.«
    Sowie ich das gehört hatte, wusste ich, dass ich freie Bahn hatte. Ich ging durch die Diele zum Schlafzimmer von Mum und Dad und schob langsam die Tür auf. Ich spürte, wie mein Magen sich überschlug und mein Herz schneller wurde. Poch. Poch. Poch. Ich ging zum Schrank und stand dann sehr lange sehr still davor. Poch. Poch. Poch. Poch-poch.

22. Kapitel
    Das erste Weihnachten ohne Laura war grauenhaft, aber ich bekam ein Geschenk, das ich wunderschön fand. Und zwar ein Buch. Es war eine Geschichte über ein kleines Mädchen, das hinten im Schrank eine magische Welt entdeckt. Nicht lange danach war ich bei Oma und fand einen Schrank voller alter Mäntel und Jacken: Mums Schulblazer von damals, einen langen grünen Filzmantel mit einer merkwürdig aussehenden Kapuze, einen glänzenden roten Regenmantel, ein schwarzes gefüttertes Teil ganz ohne Ärmel und jede, jede, jede Menge Schals und Halstücher. Lange Zeit habe ich dann immer wieder in diesen Schrank geschaut, nur für den Fall, dass er heute in eine andere Welt führte. Ich behauptete immer, ich müsste zur Toilette, und dann schlich ich mich ins Gästezimmer, öffnete langsam die Tür, und jedes Mal hoffte ich, meine eigene magische Welt zu finden. Wenn ich die Hände hineinsteckte und meine Finger an den Mänteln vorbeitasteten, wünschte ich mir so sehr einen besonderen Ort, zu dem ich weglaufen könnte, aber es gab einfach keinen.
    Als ich so vor dem Schrank meiner Eltern stand, lehnte ich den Kopf an die Tür und holte zweimal tief Atem.
    Mein Herz schlug noch immer ganz schnell. Poch. Poch. Poch. Poch, als ich den kleinen Schlüssel umdrehte und die Türen öffnete. Sie gingen ohne zu knacken oder zu quietschen auf, sie schwangen mir einfach entgegen. Als Erstes schaute ich hinter den Schuhkartons nach. Noch mehr Schuhe. Jede Menge Schuhe. Jede Menge Schuhe, mit denen ich Mum nie gesehen hatte, und Laura hatte recht. Dads Turnschuhe stanken wirklich. Ich sah die Hosen und die Blusen an der Stange durch und dann die Stapel von Pullovern und Strickjacken. Ich schaute in die Schublade, wo Mum ihre BHs aufbewahrte, und ich sah den Berg aus einsamen Socken und Schlipsen durch. Einer fing meinen Blick ein. Er war schwarz und sah unheimlich traurig aus. Es war ein schrecklicher Schlips und in meiner Erinnerung hatte Dad ihn nur einmal getragen. Ich hob ihn auf und hielt ihn aus irgendeinem Grund an mein Gesicht und roch daran. Dad. Er roch nach Dad. Ich wickelte ihn mir um den Hals und tastete mich weiter hinter das beängstigende Christbaumkugelkleid. Ich streckte die Hand aus und meine Finger berührten etwas Kaltes. Es war kalt und hart und fühlte sich sehr, sehr klein an. Ich griff danach und zog es aus dem Kleiderschrank.
    Es war eine hässliche kleine Vase.
    Ich fuhr mit den Fingern über den glatten Deckel und setzte mich aufs Bett. Die Vase war kaum größer als die, die ich bei Lexi gesehen hatte. Aber ich wusste, dass diese Vase hier nicht für exotische Blumen oder Osterglocken aus dem Garten bestimmt war.
    Es war eine Urne.
    Es war die Urne meiner Schwester und enthielt ihre Asche.
    Plötzlich war ich wieder durch und durch traurig. Es war wie damals, als ich erfahren hatte, dass Laura nicht mehr lebte. Als ich meine Hände um die Urne schloss, konnte ich Mum und Dad an diesem schrecklichen, schrecklichen Tag hören. Es war, als ob sie mir noch einmal erzählen wollten, dass Laura tot war. Es war, als ob alles noch einmal passierte.
    Ich schaute den Schrank an und trat gegen die Türen, sodass sie zufielen. Laura war gar nicht wirklich hier. Meine Laura war gar nicht wirklich im Schrank versteckt, da war nur ihre hässliche kleine Asche. Ich sah die Silberplakette an:
    Laura Edwards
    2000–2009
    Ich blieb eine Weile sitzen und erinnerte mich an damals, als Mum und Dad versucht hatten, mir zu erklären, was jetzt, wo sie nicht mehr da war, mit Laura

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