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Mein Herz so weiß

Mein Herz so weiß

Titel: Mein Herz so weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Marías
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nichts anderes übrig, als den Fuß aufzusetzen, der sofort schmutzig wurde. Sie hob ihn wieder hoch, als hätte der Boden sie besudelt oder verbrannt, schüttelte den Staub ab, wie Luisa sich den trockenen Sand abschüttelte an den Stränden, kurz bevor sie ging, bisweilen bei Einbruch der Dunkelheit; sie schlüpfte mit den Zehen in den Schuh, mit dem Spann; dann rückte sie mit dem Zeigefinger einer Hand (der Hand ohne Tasche) den Riemen der Ferse zurecht, die unter jenem Riemen herausragte (der Träger von Luisas Büstenhalter dürfte noch immer heruntergerutscht sein, aber ich sah ihn jetzt nicht). Ihre kräftigen Beine traten abermals fest auf, stampften auf das Pflaster, als wären sie Hufe. Sie machte drei Schritte, noch ohne den Blick zu heben, und als sie ihn hob, als sie den Mund öffnete, um mich zu beschimpfen oder zu bedrohen und zum x-ten Male zu der Gebärde des Greifens, der Löwenkralle ansetzte, der Gebärde, die zupackte und bedeutete »Du entkommst mir nicht« oder »Du gehörst mir« oder »Mit mir in die Hölle«, hielt sie inne, den nackten Arm starr in die Luft gestreckt, wie ein Athlet. Ich sah ihre frisch rasierte Achselhöhle, sie hatte sich von Kopf bis Fuß verschönert für ihre Verabredung. Sie schaute abermals links neben mich und schaute mich an und schaute links neben mich und auf mich.
    »Aber was ist denn los?«, fragte Luisa erneut von ihrem Bett her. Ihre Stimme war furchtsam, sie drückte eine halb innere, halb äußere Furcht aus, sie hatte Angst vor dem, was in ihrem Körper geschah, so weit von zu Hause entfernt, und vor dem, was sie nicht wusste und was hier auf dem Balkon und auf der Straße geschah, oder mir geschah und nicht ihr, Ehepaare gewöhnen sich sofort daran, dass alles beiden widerfährt. Es war Nacht, und unser Zimmer lag noch immer im Dunkeln, sie musste sich so benommen fühlen, dass sie nicht einmal die Lampe auf dem Nachttisch neben ihr einschaltete. Wir befanden uns auf einer Insel.
    Die Frau auf der Straße stand mit offenem Mund da, ohne etwas zu sagen, und legte die Hand an die Wange, die Hand, die enttäuscht und beschämt und zahm aus der Höhe herabsank. Es gab kein Missverständnis mehr.
    »Oh, entschuldigen Sie«, sagte sie nach einigen Sekunden zu mir. »Ich habe Sie verwechselt.«
    In Sekundenschnelle war ihre Wut verraucht, und sie hatte begriffen – das war das Schlimmste –, dass sie weiter warten musste, vielleicht dort, wo sie zu Beginn gestanden hatte, und nicht unter den Balkonen, sie würde an die ursprünglich gewählte Stelle zurückkehren müssen, auf die andere Seite der Straße, jenseits der Esplanade, um dort schnell und voll Groll ihren spitzen Absatz bei ihren zwei oder drei Schritten schleifen zu lassen, drei Hiebe mit der Axt und dem Sporn oder erst Sporn, dann Axt. Sie war plötzlich wehrlos geworden, fügsam, sie hatte all ihren Zorn und ihre Energie verloren, und ich glaube, es machte ihr weniger aus, was ich – letztlich ein Unbekannter in ihren grünen Augen – von ihrem Irrtum und ihrem Jähzorn halten mochte, als zu begreifen, dass noch immer die Gefahr bestand, ihre Verabredung könnte nicht stattfinden. Sie schaute mich mit ihrem plötzlich abwesenden grauen Blick an, in dem eine Spur von Entschuldigung und eine Spur von Gleichgültigkeit lag, an Entschuldigung gerade so viel wie nötig, denn die Bitterkeit überwog. Gehen oder abermals warten, nachdem das Warten ein Ende gefunden hatte.
    »Macht nichts«, sagte ich.
    »Mit wem sprichst du?«, fragte Luisa, die ohne meine Hilfe allmählich aus ihrer Benommenheit auftauchte, wenn auch nicht aus der Dunkelheit (die Stimme war etwas weniger rau und ihre Frage konkreter; vielleicht konnte sie sich nicht erklären, weshalb es Nacht war).
    Aber ich antwortete ihr noch immer nicht und trat auch nicht an das Bett, um sie zu besänftigen und die Laken glatt zu ziehen, denn in diesem Augenblick gingen geräuschvoll die Türflügel des Balkons zu meiner Linken auf, und ich sah zwei Männerarme auftauchen, die sich auf das eiserne Geländer stützten oder nach ihm griffen, als wäre es eine bewegliche Stange, und dann riefen:
    »Miriam!«
    Die Mulattin, unschlüssig und verwirrt, schaute erneut nach oben, jetzt ohne Zweifel links neben mich, ohne Zweifel zu der Balkontür, die aufgegangen war, und zu den starken Armen, die alles waren, was ich sah, die langen Arme des Mannes in Hemdsärmeln, mit hochgekrempelten weißen Ärmeln, die Arme behaart, genau wie meine oder

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