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Mein Herz so weiß

Mein Herz so weiß

Titel: Mein Herz so weiß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Javier Marías
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und kontinuierlicher sie war, desto ferner rückte sie), war das Erscheinen des zweiten Unbehagens, das ich ebenfalls erwähnt habe, nicht auf meine lakonische Betrachtung der Mulattin und meine überaus kurze Nachlässigkeit zurückzuführen, sondern eher auf das, was danach kam, das heißt, auf das, was geschah, als ich mich bereits um Luisa gekümmert und ihr den Büstenhalter aufgemacht hatte, damit er nicht in ihre Haut schnitt, wobei ich ihr die Entscheidung überließ, ob sie ihn, gelockert, anbehalten oder ihn ausziehen wollte. Mit dem Licht wurde Luisa ein wenig munter und wollte trinken, und als sie ein wenig getrunken hatte, fühlte sie sich besser, und als sie sich ein wenig besser fühlte, war sie bereit, ein wenig zu sprechen, und als sie sich beruhigte und bemerkte, dass die Laken weniger klebten, und sah, wie ordentlich sie in dem gemachten Bett lag, und vor allem begriff und sich an den Gedanken gewöhnte, dass es schon dunkel und der Tag, ob sie wollte oder nicht, für sie beendet war und sie keine Möglichkeit hatte, an irgendetwas wieder anzuknüpfen, und ihr nichts anderes übrigblieb, als über ihre Krankheit hinwegzusehen und sie im Schlaf zu begraben bis zum nächsten Morgen, an dem vermutlich alles wieder zur etwas anormalen Normalität unserer Hochzeitsreise zurückkehren und ihr Körper sich erholt haben und wieder ihr Körper sein würde, da erinnerte sie sich an meine Unaufmerksamkeit, die sie bestimmt nicht als Unaufmerksamkeit wahrgenommen hatte, oder aber sie erinnerte sich daran, dass ich »Macht nichts« zu einer unbekannten Person gesagt hatte, die sich auf der Straße befand, und dass im Schlaf oder in ihrem Halbschlaf vernommene Stimmen und Rufe von dort heraufgedrungen waren, die sie geweckt und vielleicht erschreckt hatten.
    »Mit wem hast du vorhin gesprochen?«, fragte sie mich abermals.
    Ich sah keinen Grund, ihr nicht die Wahrheit zu sagen, und doch hatte ich das Gefühl, es nicht zu tun, als ich es tat. In diesem Augenblick hielt ich ein Handtuch mit einem feuchten Zipfel in der Hand und schickte mich an, ihr das Gesicht, den Hals, den Nacken zu erfrischen (ihr langes, in Unordnung geratenes Haar war verklebt, und ein paar einzelne Haare lagen quer über ihrer Stirn, wie feine Falten, die aus der Zukunft gekommen waren, um sie einen Augenblick lang zu verdüstern).
    »Mit niemandem, mit einer Frau, die mich verwechselt hat. Sie hat unseren Balkon mit dem nebenan verwechselt. Sie muss kurzsichtig gewesen sein, erst als sie ganz nahe war, hat sie bemerkt, dass ich nicht der Mann war, mit dem sie sich verabredet hatte. Da.« Und ich wies auf die Wand, die uns jetzt von Miriam und dem Mann trennte. An dieser Wand stand ein Tisch und darauf ein Spiegel, in dem wir uns vom Bett aus sehen konnten, wenn wir uns bewegten oder uns aufrichteten.
    »Aber warum hat sie dich angeschrien? Mir war, als hätte sie laut gerufen. Oder ich weiß nicht, ob ich es geträumt habe. Mir ist sehr heiß.«
    Ich legte das Handtuch auf das Fußende des Bettes und streichelte eine Weile ihre Wange und ihr rundes Kinn. Ihre großen dunklen Augen blickten noch verschwommen. Wenn sie Fieber gehabt hatte, dann war es bereits zurückgegangen.
    »Das kann ich nicht wissen, sie hat ja in Wirklichkeit nicht mich angeschrien, sondern den anderen, für den sie mich gehalten hat. Wer weiß, was sie einander angetan haben.«
    Während ich mich mit Luisa beschäftigte, hatte ich gehört (aber ohne mich darum zu kümmern, ich kümmerte mich um Luisa und tat mehrere Dinge zugleich und ging vom Zimmer ins Bad und vom Bad ins Zimmer), wie die Absätze an die Tür nebenan gelangten und diese aufging, ohne dass an sie geklopft wurde, und nach dem leisen Quietschen (es war kurz) und dem sanften Schwung, mit dem sie wieder ins Schloss fiel (was sehr lange dauerte), hatte ich nur ein ununterscheidbares Gemurmel vernommen, leise Wörter, die nicht einzeln erkennbar waren, obwohl sie in meiner eigenen Sprache ausgesprochen wurden und obwohl, nach dem Geräusch kurz zuvor zu urteilen, ihre Balkontür angelehnt war und ich die unsere nicht geschlossen hatte. Zur Sorge meiner ungebührlichen Verspätung wegen gesellte sich eine weitere, und sie betraf die Eile, die mich erfasste. Ich fühlte, dass ich es nicht nur eilig hatte, Luisa zu beruhigen und ihr die Laken glatt zu ziehen und soweit möglich die Auswirkungen ihrer kurzlebigen Krankheit zu mildern, sondern auch, dass sie mir keine Fragen mehr stellte und wieder einschlief,

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