Mein Herz tanzt Tango
dass wir unser Gewicht ausbalancieren. Stellen Sie sich einfach vor, dass ich mich an Sie schmiege und Sie mich mitziehen, sanft aber nachdrücklich.“
Als sich ihre Hände berührten, musste Dalton gegen den Wunsch ankämpfen, die Augen zu schließen. Noch nie hatte ein scheinbar so harmloses Vergnügen, wie die Hand einer Frau zu halten, ihm eine derartige erotische Spannung vermittelt.
Um ihn und in ihm pulsierte die Musik. Als Rose ihre Hüfte in seine Richtung schwang, um ihn zum Tanzen aufzufordern, bekam er eine Gänsehaut. Bei jedem Schritt berührten ihre Brüste seinen Oberkörper.
Seit er diese Frau kennengelernt hatte, konnte er nur noch an sie denken. Ihre gemeinsamen Stunden liefen immer wieder wie ein Film vor seinem geistigen Auge ab. Mitten in einer wichtigen Sitzung hörte er sie plötzlich lachen oder roch einen Hauch ihres Parfüms. Sie musste ihn verzaubert haben, denn normalerweise verliebten sich Banker nicht in leidenschaftliche Künstlerinnen.
„Das geht ja schon ganz gut“, lobte Rose. „Sie haben nichts vergessen.“
Nein, vergessen hatte er bestimmt nichts. Nach der letzten Tanzstunde hatte er mit dem Sammeln von Tango-CDs begonnen, die er in jeder freien Minute hörte, sogar unter der Dusche. Wenn er heute gut tanzte, dann lag es daran, dass er die Musik in sich aufgesogen hatte, genau so, wie sie es gewollt hatte.
Als das Lied zu Ende war, wand sich Rose aus seiner Umarmung. „Fantastisch, wirklich toll.“ Das nächste Lied begann, doch sie drückte die Stopptaste. „Hier hat offensichtlich jemand seine Hausaufgaben gemacht.“
„Haben Sie das wirklich gemerkt?“
„Und wie! Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Sie die Musik in sich aufsaugen müssen, damit Sie ein besseres Gefühl für den Tanz bekommen, und genau das haben Sie getan. Ihr angeborenes Rhythmusgefühl hat sich schon verbessert. Das bedeutet …“
Was? Dass sie fertig waren und er nicht mehr länger so tun musste, als würde sie ihn nicht interessieren? Dass er sie endlich in die Arme nehmen und küssen konnte, als gäbe es kein Morgen?
„… dass wir uns jetzt genauer mit den Schritten beschäftigen können.“
„Toll.“
Und so verbrachte Dalton die nächsten zwei Stunden damit, vorzugeben, dass er sich nur in der Tanzschule von Hot Pepper befand, weil er tanzen lernen wollte. Dass ihn Roses Duft in seiner Nase nicht ablenkte und es ihn nicht stolz machte, wenn sie über seine armseligen Scherze lachte. Wenigstens eines, wozu all die Jahre als Geschäftsmann gut waren: Er hatte gelernt, ein Pokerface aufzusetzen.
Einige Minuten nach neun erlöste ihn Rose endlich. „Ich glaube, das reicht für heute.“
„Das glaube ich auch. Ich habe das Gefühl, dass ich langsam schlampig werde.“
„Sie sind nur müde“, beruhigte sie ihn. „Und das ist mehr als verständlich. Schließlich machen Sie tolle Fortschritte. Ich habe das Gefühl, Sie haben sich ungemein stark konzentriert.“ Sie strich ihm mit der Hand über die Wange.
Wenn du wüsstest, dachte Dalton. Laut sagte er: „Wieso, ist das schlecht?“
„Nein, ganz im Gegenteil. Es sei denn, Sie konzentrieren sich nur deshalb so sehr auf den Unterricht, damit Sie ihn möglichst schnell hinter sich bringen.“
Unglaublich. Es war, als könnte Rose in ihn hineinsehen.
„Denn wenn das so ist“, fuhr sie fort, „sollten Sie Ihre Strategie schleunigst überdenken.“
„Warum? Wenn ich besser tanze, ist der Grund dafür doch egal!“
Rose runzelte die Stirn.
„Haben Sie mir eigentlich zugehört? Um wirklich Tango tanzen zu können, müssen Sie auf Ihren Körper hören. Ich kann Ihnen nur die Schrittfolgen beibringen. Aber der Rhythmus, das Gefühl, die Stimmung – all das muss aus Ihrem Herzen kommen!“
Sie legte ihm die Hand links oben auf die Brust. „Oh, gut. Da bin ich aber erleichtert: Hier bewegt sich ja tatsächlich etwas!“
Es war einfach verrückt. Da stand er hier mit dieser Frau und sprach über seinen Herzschlag!
„Sehen Sie“, sagte er schließlich. „Ich möchte nicht unhöflich sein, aber ich bezahle Sie für einige einfache Tangostunden, und mehr will ich gar nicht.“
Als er sich abwandte, ließ Rose ihre Hand sinken, und sein Herz schlug wieder so, wie es sollte. Kalt, aber ruhig und gleichmäßig.
„Dalton?“, sagte Rose. Ihre Stimme erreichte ihn wie durch einen dichten Traumschleier.
„Ja“, sagte er, ohne sich umzudrehen.
„Es passiert, nicht wahr?“
„Was?“ Daltons Hand ruhte auf der Klinke der
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