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Mein Herz zwischen den Zeilen (German Edition)

Mein Herz zwischen den Zeilen (German Edition)

Titel: Mein Herz zwischen den Zeilen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult , Samantha van Leer
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schwer, sie zu verstehen, weil aus diesem Zauberkasten, den sie Radio nennt, Musik dröhnt – sie hofft, dass ihre Mutter es dann nicht hört, wenn wir uns laut unterhalten. Hinter Delilahs Schultern kann ich die vertraute Umgebung ihres Schlafzimmers sehen – rosa Wände, rosa Lampenschirme, alles rosa. Am Rand meines Blickfelds befindet sich ein fransiges Plüschkissen. Und ja, es ist ebenfalls rosa.
    »Weil du mich so verwirrst«, entgegne ich.
    »Ich sitze doch nur hier und unterhalte mich mit dir!«
    »Eben«, sage ich und lächle sie an.
    Mir gefällt es, dass sie rot anläuft, wenn ich sie so anlächle. Das Gleiche passiert auch, wenn ich Seraphima anlächle, aber bei ihr finde ich es nicht halb so bezaubernd. Interessant, nicht wahr?
    Ich betrachte Delilahs Wimpern, die Schatten auf ihre Wangen werfen, und überlege, während sie vor sich hin schwatzt, ob ihre Haare eher die Farbe von Milchschokolade oder von poliertem Teakholz haben.
    »Ich kann gut verstehen, dass du dich eingesperrt fühlst«, sagt Delilah. »Aber es ist besser, eingesperrt und am Leben zu sein – was immer das in der Welt eines Buches bedeutet – als frei und tot.«
    Definitiv Teakholz. Oder vielleicht Walnuss.
    »Wenn nicht einmal etwas so Simples wie eine Spinne aus dem Buch entkommen konnte, wie soll dann ein Mensch diesen Übergang schaffen? Und was ist, wenn ich dich aus dem Buch hole, und du bist … nur ein Wort?«
    Sie steht vom Bett auf und beginnt, mit dem Buch im Zimmer auf und ab zu laufen. Aus dieser Perspektive kann ich mehr von dem Raum hinter ihr erkennen: einen Spiegel, in dessen Rahmen Bilder stecken, von Delilah und dem Mädchen, mit dem sie heute gesprochen hat; von Delilah auf einem Berggipfel, die Arme weit ausgebreitet; von Delilah und ihrer Mutter, Grimassen schneidend. Wenn ich jemals aus diesem Buch herauskomme, würde ich als Erstes eines dieser Fotos stibitzen, damit ich sie immer bei mir habe.
    Und noch etwas kann ich jetzt erkennen: Ihre merkwürdige Kleidung, eine Art blaue Hose mit diversen Schlitzen und Rissen, zeigt alles von ihrer Figur. Das Ding sitzt so eng, dass es aussieht, als würde sie praktisch gar nichts tragen.
    »Warum hast du kein Kleid an?«, platze ich heraus.
    Delilah bleibt stehen und sieht mir ins Gesicht. »Wie bitte? Was soll das denn jetzt?«
    »Dein Aufzug ist unanständig!«
    Sie schnaubt. »Es ist sehr viel anständiger als das, was manche Mädchen in meiner Schule tragen. Entspann dich, Oliver. Das ist nur eine Jeans.«
    Ich habe zwar bereits Leser in merkwürdigen Gewändern gesehen, aber normalerweise befinden sie sich so dicht über der Seite, dass mir die Unterschiede zwischen ihrer und meiner Kleidung bisher entgangen sind. Bei Delilah stechen sie mir richtig ins Auge.
    »Wie gesagt«, fährt sie energisch fort, »ich würde dir wirklich gerne helfen. Aber ich habe den ganzen Tag über dich nachgedacht – glaub mir, ich habe nur an dich gedacht …«
    Bei dieser Bemerkung grinse ich.
    »… und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich es mir nicht verzeihen könnte, wenn ich dich dadurch umbringen würde.«
    Mein Kopf schnellt nach oben. »Mich umbringen ? Warum zum Teufel solltest du das tun?«
    »Oliver, hast du eigentlich zugehört? Ich kann nicht riskieren, dass dir dasselbe passiert wie dieser Spinne.« Sie setzt sich und starrt auf ihren Schoß. »Ich habe dich doch gerade erst gefunden. Ich kann dich jetzt nicht wieder verlieren.«
    Im Märchen musste ich mir nie Gedanken über den Tod machen. Ich weiß, dass mich die Meerjungfrauen nicht ertrinken lassen. Ich weiß, dass ich den Drachen immer bezwinge. Ich weiß, dass ich Rapscullio jedes Mal besiege.
    Aber in dieser Anderswelt läuft es nicht so ab. Es gibt keine zweite Chance. Hier ist der Tod etwas Reales.
    Die Erkenntnis, dass ich lieber sterben würde, als Delilah McPhee vielleicht niemals wirklich zu küssen, trifft mich wie ein Schlag.
    Vielleicht bin ich im Märchen nur deshalb nie gestorben, weil ich nie etwas hatte, wofür es sich zu sterben gelohnt hätte.
    »Wir müssen uns nur eine neue Fluchtmethode überlegen«, schlage ich vor. »Es gibt bestimmt noch einen anderen Weg.«
    Ich höre, wie Delilahs Mutter ihren Namen ruft, und plötzlich klappt das Buch zu. In der Hoffnung, dass Delilah gleich zurückkommt, warte ich einige Augenblicke.
    Das tut sie, und sie schlägt wieder die Seite 43 auf. »Tut mir leid«, erklärt sie. Sie fegt durch das Zimmer und peilt einen Rucksack an, in den sie ein

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