Mein Herzenswunsch ein Baby
wollte. Im Gespräch arbeiteten wir ihre Trauer auf. Wie bei vielen anderen Paaren bin ich schließlich die einzige „Anlaufstation“, die Erleichterung verspricht. Bei mir kann man über alles reden, muss nichts verstecken oder geheim halten. Ich bin oftmals die einzige Person neben den Ärzten, die von der Sterilität und den künstlichen Befruchtungen
weiß und die Zeit hat für Gespräche sowie für regenerierende Heilbehandlungen. Frau R. tat meine Zuwendung gut, mit meiner Unterstützung schaffte sie es, nicht aufzugeben, sondern sich immer wieder aufs Neue hoffnungsvoll auf den Weg zu ihrem Wunschkind zu begeben. Und so klappte es dann auch endlich eines Tages, nachdem noch einmal eine Weiche ganz neu gestellt werden musste.
Vor allem Wartezeiten sind schwer auszuhaltende Zeiten auf dem Weg zum Wunschkind. Zwischen den Versuchen benötigt der Körper Zeit zur Regeneration, bis er dann für einen neuen Versuch bereit ist. Aber auch die Seele braucht ihre Zeit, um all die Hoffnungslosigkeit, die Trauer und Verzweiflung immer wieder aufs Neue zu verarbeiten. Nicht zuletzt sind da aber auch die bereits angesprochenen finanziellen Belastungen. Auch diese Hürde muss immer wieder gemeistert werden.
Oftmals zieht sich auch dadurch der Weg zum Wunschkind in die Länge. Nicht immer können die Kinderwunschpaare mit diesen Zeitverzögerungen umgehen. Schließlich „tickt“ bei manchen die Uhr, vor allem dann, wenn die Frau das 40. Lebensjahr schon überschritten hat und versucht, mit den eigenen Eizellen schwanger zu werden. Vielen Frauen liegen dann regelrecht die Nerven blank, wenn ein Versuch nach dem anderen scheitert. An solch einem Punkt ist es auf jeden Fall sinnvoll, den Weg zum Wunschkind kritisch zu überprüfen. Eventuell muss man sich mit dem Gedanken anfreunden, andere Methoden der Reproduktionsmedizin in Anspruch zu nehmen. Dies schließt zum Beispiel die Überlegung einer Samen- oder Eizellspende mit ein.
Weiterleben statt warten
Die meisten Frauen, die zu mir kommen, sind so mit dem Thema Kinderwunsch beschäftigt, dass sie ihr Leben gar nicht mehr genießen können. Alles dreht sich nur noch um den Kinderwunsch, um Arzttermine und um die Belastungen, die mit einer künstlichen Befruchtung einhergehen. Das Leben kommt irgendwie zum Stillstand. Sie hängen emotional und geistig in einer Art Warteschleife, die kein Ende zu
nehmen scheint. Es ist, als ob die Welt den Atem anhält und aufhört, sich zu drehen. Alles um sie herum „tickt“ weiter, nur sie selbst sind gefangen in der hoffnungslosen Situation, kein Kind bekommen zu können.
Neben dem Gefühl der Sinnlosigkeit kommt die Unerträglichkeit des Wartens hinzu. Wann wird es endlich so weit sein? Welcher Versuch wird erfolgreich sein? Wird es überhaupt einen erfolgreichen Versuch geben? Wie lange sollen wir dranbleiben? Und was, wenn wir es ewig weiterprobieren und es dennoch nichts wird?
Fallbeispiel: Frau G. offenbarte mir, dass sie auch nach vielen gescheiterten Versuchen nicht bereit war, das Thema Kinderwunsch ad acta zu legen. Weil immer noch ein Fünkchen Hoffnung in ihr glomm. Sie und ihr Mann waren innerlich überzeugt davon, einfach weiterzumachen, komme, was wolle. Frau G. sagte mir, dass sie nichts unversucht lassen wollte. Sie wollte sich nicht eines Tages vorwerfen müssen, nicht wirklich alles versucht zu haben, auch wenn Monate und Jahre dar über vergehen würden. Aufzugeben war undenkbar. Und das war gut so, denn eines Tages, als wirklich viele Jahre ins Land gegangen waren, wurde sie dann doch noch schwanger. Niemand hatte das ahnen können. Niemand hatte je wissen können, dass so eine lange Zeit und so viele gescheiterte Versuche hatten stattfinden müssen, bis sich das Wunschkind einstellte. Aber genau so war es. Meine Aufgabe bestand darin, Frau G. in ihrer Überzeugung zu unterstützen und ihr Mut zu machen, während all der Jahre auf dem Weg zum Wunschkind ihr eigenes Leben nicht aus den Augen zu verlieren.
Immer wieder bedarf es viel Mut und Zielstrebigkeit, den eigenen Lebensweg nicht zu vergessen. Dieser Lebensweg umfasst beruflche Ziele wie auch persönliche Wünsche und Träume. Viele Kinderwunschpaare verharren zunächst regungslos, weil sie es sich nicht erlauben, ihren Lebensweg weiterzugehen, ihr „normales“ Leben weiterzuführen. Sie buchen keine Urlaube mehr und sparen jeden Cent für künstliche Befruchtungen. Sie beginnen keine
neuen Hobbys, starten keine Veränderungen, bleiben auf gewohntem
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